Serienfinale "Mad Men":Was passiert mit Don Draper?

Serienfinale "Mad Men": Einer geht noch: Für einen Drink mit den lieben Kollegen hatte Don Draper (Jon Hamm, 2. v.l.) immer Zeit.

Einer geht noch: Für einen Drink mit den lieben Kollegen hatte Don Draper (Jon Hamm, 2. v.l.) immer Zeit.

(Foto: AMC/AP)

Eine Ära geht zu Ende: In den USA wurde am Sonntag die letzte Folge der Fernsehserie "Mad Men" ausgestrahlt. Erfinder Matt Weiner gönnt seinen Figuren kein Happy-End.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Achtung, Spoiler: Dieser Text behandelt die letzte Folge der Serie "Mad Men" und verrät deshalb auch dramaturgische Details.

Der Mond. Die Sterne. Liebe. Die besten Dinge im Leben, sie kosten nichts. Wer das einsieht, der verschenkt all sein Vermögen und all seinen materiellen Besitz, er lässt sich so lange fallen, bis er den Tiefpunkt in seinem Leben erreicht - denn nur wer alles verliert, der hat die Freiheit zu tun, was immer er möchte. Der kann auf einer Wiese an der Pazifikküste sitzen, meditieren und zufrieden zu lächeln beginnen. Weil er sich selbst gefunden hat. Weil er endlich weiß, was er anstellen möchte mit diesem Leben: Was er nun tun möchte, ist genau das, was er schon immer getan hat.

So endet "Mad Men", eine der beeindruckendsten Serien der Fernsehgeschichte. Don Draper, dieser faszinierende Antiheld, dieser Lügner und Betrüger, der auf seinem Weg in den Abgrund zahlreiche Menschen mitgerissen hat, er kann nicht mehr davonlaufen. Er muss gestehen, er muss brechen, er muss hart aufschlagen. Er muss ein neuer Mensch werden, was in seinem Fall bedeutet, dass er wieder zu dem wird, der er schon immer war.

Wie schon so oft zuvor in seinem Leben nutzt er eine schreckliche und scheinbar ausweglose Situation als Inspiration für eine geniale Idee. Meditierend zwischen all den Hippies, das suggeriert zumindest die letzte Einstellung, erfindet er ein Stück amerikanischer Kulturgeschichte. Er hat die Idee zu diesem Werbespot, nach der die Menschen nur ein paar Dinge brauchen: Harmonie, Liebe - und eine Flasche Cola. "I'd like to buy the world a coke" heißt der Spot aus dem Jahr 1971.

Es ging immer nur um die eine Frage: Wie werden wir glücklich?

Das Finale von "Mad Men" ist deshalb ein kniffliges, weil es anders als bei anderen Fernsehserien nie darum ging, wie die Hauptfigur denn nun die Mutter der Kinder kennenlernt, wo sich diese verdammte Insel befindet oder ob der Mafiaboss erschossen wird.

Es ging auch nur vordergründig um eine Werbeagentur im New York der 60er Jahre, um Promiskuität, ums Rauchen und ums Saufen. Es ging auch nur peripher um gesellschaftliche Veränderungen, um Sexismus und Rassismus und Homophobie. Die entscheidende Frage war stets: Was wollen die Menschen wirklich haben vom Leben? Wie werden sie glücklich? Und was bedeutet das überhaupt, glücklich sein?

Der originale "Mad Man"

In den USA hat sich die Serie "Mad Men" mit der letzten Folge von den Bildschirmen verabschiedet. Doch das Original macht weiter. Peter Richter hat den Grafikdesigner Ivan Chermayeff getroffen, der mit seinen Designs den Look einer ganzen Ära geprägt hat. Lesen Sie mehr bei SZ-Plus.

Erfinder Matt Weiner hat den Zuschauern 92 Folgen lang gezeigt, dass das Fantastische am Leben ist, dass jeder Mensch damit anstellen darf, was immer er möchte. Dass jeder sein persönliches Glück finden darf, wie immer er das interpretiert.

Genau darum geht es auch in dieser letzten Folge: Roger Sterling findet eine Frau, die ihm ebenbürtig ist. Joan Harris emanzipiert sich von Männern und gründet eine Produktionsfirma. Pete Campbell darf mit seiner Familie in Saus und Braus leben. Peggy Olsen verliebt sich in jemanden, der sie genau so liebt wie sie ihn.

Neuanfang mit unbekannter Fortsetzung

Es ist jedoch kein Happy End, das Weiner seinen Figuren gönnt - es ist jeweils ein Neuanfang mit unbekannter Fortsetzung. Es bleibt der Imagination des Zuschauers überlassen, diesen fiktiven Figuren nun eine glückliche Zukunft zu wünschen, die Hölle auf Erden oder den Tod. Selbst die krebskranke Betty Draper ist in ihrer letzten Szene rauchend am Tisch zu sehen, während sich ihre Tochter um den Haushalt kümmert und damit ihre Rolle zu übernehmen scheint.

Es ist völlig offen, was aus diesem Don Draper wird. Ob er sich die Werbung tatsächlich ausgedacht hat, ob er als glücklicher Mensch nach New York zurückkehrt oder ob damit nur eine neue Runde des Lügens und Betrügens beginnt. Das ist aber auch egal. Vollkommen egal. Weiner ist besessen davon, ein glückliches Leben zu führen. Was das für ihn bedeutet, hat er kürzlich im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung bei einem "Old Fashioned" erklärt: "Es geht überhaupt nicht ums Ziel - ich bin hier, um die Fahrt zu genießen."

Das hat er den Zuschauern mit seiner Serie und diesem formidablen Finale nahegebracht. Und was er ihnen noch mit auf den Weg gibt: Arbeit ist nicht alles im Leben. Jeder Tag bringt neue Hoffnung. Und die besten Dinge im Leben, die kosten nichts.

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