Mad Men:Zum Glück

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Einer geht noch: Für einen Drink mit den lieben Kollegen hatte Don Draper (Jon Hamm, 2. v.l.) immer Zeit. (Foto: AMC/AP)

Fortsetzung folgt - im Kopf: Das Finale der erfolgreichen Serie entlässt die Figuren um Don Draper in eine unbekannte Zukunft. 92 Folgen lang haben sie gezeigt, wie individuell das Glück ist, nach dem alle streben.

Von Jürgen Schmieder

Der Mond. Die Sterne. Liebe. Die besten Dinge im Leben, sie kosten nichts. Wer das einsieht, der verschenkt all sein Vermögen und all seinen materiellen Besitz, er lässt sich so lange fallen, bis er den Tiefpunkt in seinem Leben erreicht - denn nur wer alles verliert, der hat die Freiheit zu tun, was immer er möchte. Der kann auf einer Wiese an der Pazifikküste sitzen, meditieren und zufrieden zu lächeln beginnen. Weil er sich selbst gefunden hat. Weil er endlich weiß, was er anstellen möchte mit diesem Leben. So endet Mad Men, eine der beeindruckendsten Serien der Fernsehgeschichte. Don Draper, dieser faszinierende Antiheld, dieser Lügner und Betrüger, der auf seinem Weg in den Abgrund zahlreiche Menschen mitgerissen hat, er kann nicht mehr davonlaufen. Er muss gestehen, er muss brechen, er muss hart aufschlagen. Er muss ein neuer Mensch werden. Wie schon so oft zuvor in seinem Leben nutzt Don Draper eine schreckliche und scheinbar ausweglose Situation als Inspiration für eine geniale Idee. Meditierend zwischen all den Hippies, das suggeriert zumindest die letzte Einstellung, erfindet er ein Stück amerikanischer Kulturgeschichte.

Das Finale von Mad Men ist deshalb ein kniffliges, weil es anders als bei anderen Fernsehserien nie darum ging, wie die Hauptfigur denn nun die Mutter der Kinder kennenlernt, wo sich diese verdammte Insel befindet oder ob der Mafiaboss erschossen wird. Es ging auch nur vordergründig um eine Werbeagentur im New York der 60er Jahre, um Promiskuität, Rauchen und Saufen, um Sexismus und Homophobie. Die entscheidende Frage war stets: Was wollen die Menschen wirklich haben vom Leben? Wie werden sie glücklich? Und was bedeutet das überhaupt, glücklich sein?

Erfinder Matthew Weiner hat den Zuschauern 92 Folgen lang gezeigt, dass das Fantastische am Leben ist, dass jeder Mensch damit anstellen darf, was immer er möchte. Dass jeder sein persönliches Glück finden darf, wie immer er das interpretiert. Genau darum geht es auch in dieser letzten Folge. Es ist jedoch kein Happy End, das Weiner seinen Figuren gönnt - es ist jeweils ein Neuanfang mit unbekannter Fortsetzung. Es bleibt der Imagination des Zuschauers überlassen, diesen fiktiven Figuren nun eine glückliche Zukunft zu wünschen, die Hölle auf Erden oder den Tod.

Es ist auch völlig offen, was aus diesem Don Draper wird. Ob er meditierend zu dieser einen legendären Idee kam, ob er als glücklicher Mensch nach New York zurückkehrt oder ob damit nur eine neue Runde des Lügens und Betrügens beginnt. Das ist aber auch egal. Vollkommen egal. Weiner ist besessen davon, ein glückliches Leben zu führen. "Es geht überhaupt nicht ums Ziel", sagte er kürzlich im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, einen Old Fashioned in der Hand, "ich bin hier, um die Fahrt zu genießen." Dieses uramerikanische Motto - I am here to enjoy the ride - hat er den Zuschauern weltweit mit seiner Serie und diesem formidablen Finale nahegebracht. Und was er ihnen noch mit auf den Weg gibt: Arbeit ist nicht alles im Leben. Jeder Tag bringt neue Hoffnung. Und die besten Dinge im Leben, die kosten nichts.

© SZ vom 19.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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