Bremen:Carsten Sieling soll Bürgermeister werden

Nach der Wahl in Bremen

Bremens Bürgermeister Sieling (SPD) regiert ein Bundesland, das sich angeblich wegen der Flüchtlinge nicht in der Lage sieht, noch mehr zu sparen.

(Foto: Ingo Wagner/dpa)

Die SPD nominiert einen Wirtschaftsexperten: Er soll Böhrnsens Nachfolger werden.

Von Thomas Hahn, Bremen

Dieter Reinken, der Vorsitzende der Bremer SPD, war wild entschlossen, nur einen Namen zu nennen am Montagabend, keinen sonst. Auch Nachfragen nützten nichts, Reinken blieb bei seiner Linie, so gut wie nichts zu sagen über jene Gespräche, die er seit der Bürgerschaftswahl am 10. Mai geführt hatte, um einen Nachfolger für den langjährigen Bürgermeister Jens Böhrnsen zu finden nach dessen Rücktritt infolge markanter Stimmenverluste der SPD (minus 5,8 Prozent). Nur so viel sagte Reinken: "Ich habe mit einer stattlichen Anzahl von Menschen geredet." Er wollte nicht ablenken von jenem schmalen Mann, der neben ihm saß und mit vornehmem Selbstbewusstsein seiner neuen Herausforderung entgegensah: von Carsten Sieling, 56, noch Bundestagsabgeordneter, demnächst Bremens Bürgermeister.

Es sind noch ein paar Schritte zu tun, ehe Carsten Sieling tatsächlich in Amt und Würden ist. Zunächst einmal muss der Landesparteitag am 2. Juni die Personalie bestätigen, dann erst kann Sieling sich überhaupt mit der neuen Regierungsbildung befassen. Aber seine Nominierung durch den Bremer SPD-Landesvorstand ist natürlich eine Vorentscheidung gewesen, und Sieling machte auch gleich deutlich, was von ihm als Bürgermeister zu erwarten ist. Zunächst einmal Sondierungsgespräche mit den Grünen, die bei der Wahl noch schlimmer verloren hatten als die SPD. "Das wird keine Kuschelei, weil wir gewisse Dinge verändern wollen und werden", sagte Sieling. Gespräche mit der leicht erstarkten CDU schloss er nicht aus, "wenn es unerwarteterweise zu großen Differenzen" mit den Grünen käme.

Carsten Sieling ist Wirtschaftsexperte, er gehörte zuletzt dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages an. Bevor er sich ganz der Politik verschrieb, war Sieling als Referent für regionale Wirtschaftspolitik bei der Arbeitnehmerkammer Bremen tätig. Aber Carsten Sieling ist auch ein bodenständiger Mensch mit Gespür für soziale Themen, der starke Bande zur Bremischen Stadtpolitik pflegt. Seit 1993 ist er im Landesvorstand der Bremer SPD, Sieling war in Bremen Bürgerschafts-Abgeordneter, Fraktionsvorsitzender, Landesparteivorsitzender. Und sein Bundestagsmandat verdiente er sich 2009 über den Wahlkreis Bremen I.

Dieter Reinken nannte Sieling einen "überzeugenden Kandidaten", und er verwies darauf, dass Sieling sowohl in Bremen als auch bundesweit gut vernetzt sei. Und das dürfte für die nähere Zukunft in der Tat ein wichtiger Vorteil sein für den neuen Bürgermeister. Die Verhandlungen zur Neuausrichtung des Bundesfinanzausgleichs stehen bevor, da wird das schlecht betuchte Bremen seine Interessen wahren müssen. Carsten Sieling machte am Montagabend allerdings nicht den Eindruck, als wolle er seine Politik in erster Linie auf Hilfen vom Bund ausrichten. "Wir brauchen einen Aufbruch, einen Ruck, bei dem wir Dinge anfassen, die notwendig sind", sagte er und nannte drei Themenfelder, in denen er diesen Ruck zunächst bewerkstelligen will: Dauerarbeitslosigkeit senken, Bildung und Erziehung stärken, Bremen als wachsende Stadt weiterentwickeln. Carsten Sieling hat sich viel vorgenommen für seine neue Aufgabe.

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