Obama auf Twitter:Wer spricht?

Barack Obama mit Smartphone

Nach drei Tweets schon 1,77 Millionen Follower: Präsident Obama beim Checken seines Smartphones.

(Foto: Pete Souza/dpa)

Der US-Präsident twittert. Es könnte auch Barack Obama sein. Der folgt nur ausgewählten Mitgliedern seines Kabinetts und sorgt damit für Verwirrung.

Von Martin Zips

Sollte man Barack Obama einmal persönlich begegnen, also zum Beispiel am Sonntagnachmittag beim Spaziergang in der Pupplinger Au, so würde man ihn natürlich mit "Herr Präsident" anreden. Denn noch mehr als Obama Obama ist, ist er ja auch noch der 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Der höchste Repräsentant eines der bedeutendsten Länder - und seiner Bewohner. Der Bekleider eines wichtigen, demokratisch legitimierten Amtes.

Wenn Barack Obama ab sofort auf Twitter nicht mehr nur als Barack Obama auftritt, sondern als @POTUS, so ist das in mehrfacher Hinsicht interessant. Erstens, weil es Obama mit seinem neuen Account gelingt, minütlich Tausende neue Follower hinzuzugewinnen. Die Welt scheint also auf @POTUS gewartet zu haben. Da dürfte es echt nur eine Frage der Zeit sein, bis der Präsident die 66 Millionen Follower seiner bisherigen Postwurfsendungen @Barack- Obama und @WhiteHouse, also quasi sich selbst, überholt hat.

Gute Frage, Bill Clinton: Lässt sich der Nutzername @POTUS auch vererben?

Zweitens ist @POTUS die Abkürzung für "President of the United States", steht also für das Amt, welches Obama innehat. In diesem Zusammenhang ist die (natürlich auf Twitter gestellte) Frage von Obamas Vorgänger Bill Clinton gar nicht so doof: Kann @POTUS als Nutzername an die nächste Amtsinhaberin oder den nächsten Amtshinhaber weitervererbt werden?

Hunderttausende haben mittlerweile ihren Senf dazu getwittert. Nach drei Tweets und 24 Stunden hatte @POTUS schon zwei Millionen Follower. Gut, Katy Perry hat 70 Millionen Follower. Justin Bieber 67 Millionen. Und Papst Franziskus immerhin 6,11. Wer prominent ist, hat immer Follower. Hübsche, die wenig zu sagen haben, haben meist besonders viele.

Den Retweet-Verfassern auf @POTUS scheint allerdings noch nicht klar zu sein, ob sie sich hier nun an die Person Barack Obama oder das Präsidentenamt generell wenden dürfen. So bittet ein Schüler: "Schreibst Du mir eine Entschuldigung für meine Hausaufgaben?" Wer? Obama? Bush? Clinton? Andere hingegen schimpfen: "Hoffentlich dankst Du bald mal ab" oder "Hey FBI, bitte kündigt den Account." Und auf Russisch steht irgendetwas mit "Ficken". Ist jetzt das Amt gemeint? Oder Obama?

Der derzeitige Präsident selbst trägt ordentlich zur Verwirrung bei, weil er als @POTUS einer Handvoll, nach sehr persönlichen Kriterien ausgewählten Mitgliedern seines Kabinetts folgt - anderen jedoch nicht. Gleichzeitig müssen die Amerikaner feststellen, dass das höchste Amt im Land zwar Sportklubs wie die Chicago Blackhawks, die White Sox, die Bulls und auch die Bears schätzt, andere Sportgemeinschaften aber nicht. Es bleibt unklar: Gibt @POTUS die Meinung von "Ehemann", "Vater" oder "Präsident" wieder? Diese drei Möglichkeiten werden angeboten. Sauber, das muss man schon feststellen, wird hier jedenfalls nicht zwischen Amt und Person getrennt. Gerade dann nicht, wenn Obama öffentlich mit Michelle über Sinn und Unsinn eines weiteren Accounts namens @FLOTUS ("First Lady of the United States of America") twittert.

Das Problem an Twitter und der menschlichen Kommunikation im Allgemeinen ist ja: Es herrscht kakofonische Sprachverwirrung. Äußert sich nun die Person oder der Funktionär? Der Mensch oder die Maschine? Die Firma oder der Mitarbeiter? Die Autorität oder der Troll? Denken in Hinterposemuckel wirklich alle so, wie der Dings in seinem Tweet? Und ist das dann ein Trend? Gibt es diesen Trend auch in einer Stunde noch, wenn schon wieder das nächste Raketchen in den sozialen Netzwerkhimmel geschossen wird? Und wo, bitte, ist denn nun der heilige Pfingstgeist, der endlich dafür sorgt, dass sich alle wieder gut verstehen?

Es sei ja schön, dass Barack Obama als @POTUS auf Twitter dem "Department of Housing and Urban Development" und allerlei weiteren US-Behörden folgt, seufzte gerade auch die New York Times. "Aber ganz gewöhnlichen Leuten folgt er bisher nicht." Das sei schon sonderbar, zumal sich Barack Obama doch früher als Zirkusbär bezeichnet habe, der so gerne mal ausbrechen würde aus seinem Washingtoner Zirkuszelt. Twittert Obama also eigentlich als Zirkusbär?

Nun, auch dieses Amt ist jederzeit vererbbar.

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