Um Quote zu machen, nehmen die Erfinder von Reality-Shows immer unmenschlichere Methoden in Kauf. Erst kürzlich sollte ein Mädchen im kambodschanischen Fernsehen seine Mutter treffen - nach mehr als sechs Jahren Trennung. Was die Fernsehmacher ihr aber präsentierten, war ein als Frau verkleideter Comedian. Ein Witz zum Muttertag, der nicht zündete.

Der tschechische TV-Sender CT startet nun am 23. Mai ein weiteres bedenkliches Format. Eine siebenköpfige Familie zieht in der Historien-Reality-Show "Urlaub im Protektorat" in das von Nazis besetzte Protektorat Böhmen und Mähren. Insgesamt 400 Familien haben versucht, einen Platz in der Show zu ergattern.

Der Clou: Sie wussten alle nicht, wofür genau sie sich bewerben. Bekannt war lediglich, dass es für sie in die Vergangenheit gehen sollte und das sie ein Preisgeld von rund 35.000 Euro erwarte.

Zeitreise-Shows sind beliebte Reality-Formate, die ARD schickte 2001 eine Familie ins "Schwarzwaldhaus 1902" - ein überraschender Quotenerfolg. In der tschechischen Version ziehen die Bewohner nun in einen idyllisch gelegenen Bauernhof aus den dreißiger Jahren mit Plumpsklo und "Badezimmer" bestehend aus Schüssel und Wasserkrug. Die einzige Verbindung zur Außenwelt: ein Radio. Auf diesem Weg erreicht die Familie auch die Nachricht vom Einmarsch der deutschen Wehrmacht. Erst jetzt wird ihnen bewusst, dass ihr Reality-Abenteuer sie in den März 1939 geführt hat.

Die Macher der Serie sagen, man wolle die Zuschauer nicht nur unterhalten, sondern auch eine Art Geschichtsunterricht geben für all jene, die diese Zeit nicht miterlebt haben. Wie geschmacklos aber muss eine Schauspieler-Gestapo auf eben die Menschen wirken, die diese Zeit noch erlebt haben - und auch auf alle anderen Menschen, die gern weiter denken als bis zum Plumpsklo.