Tierische Hilfe:Momente des Glücks

Tierische Hilfe: Ziege Lili frisst Jakob Portenlänger aus der Hand. "Wir hatten früher auch Ziegen", sagt der Heimbewohner und lächelt.

Ziege Lili frisst Jakob Portenlänger aus der Hand. "Wir hatten früher auch Ziegen", sagt der Heimbewohner und lächelt.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Im AWO-Seniorenzentrum Wolfratshausen werden seit 22 Jahren Tiere zur Behandlung der Demenzkranken eingesetzt. Nach Hühnern, Hasen und Enten sollen nun auch Esel kommen

Von Niklas Gramann, Wolfratshausen

Es ist eine Szene, wie man sie nicht in einem Altersheim erwartet: Zwei ältere Leute füttern und streicheln zwei Ziegen. Zwischen ihnen und den Ziegen ist zwar ein Holzzaun, aber das tut der Freude keinen Abbruch. "Wir hatten früher auch Ziegen", sagt Jakob Portenlänger und lächelt. Ziege Lilly reckt ihren Hals und frisst ihm ein Stück Brot aus der Hand. Elfriede Köhler steht daneben, sagt: "Ja, geh her", und streckt der zweiten Ziege die Hand hin. Im Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Wolfratshausen werden Tiere zur Behandlung von demenziell erkrankten Menschen eingesetzt. Die alte Dame wird sich morgen wahrscheinlich nicht mehr an diesen Augenblick erinnern können, aber jetzt gerade ist sie glücklich.

"Seit 22 Jahren haben wir nun schon Tiere zur Behandlung hier", sagt Heimleiter Dieter Käufer. Die Tiere sollen ein bisschen die Heimat der Patienten widerspiegeln. Die meisten seien im ländlichen Raum aufgewachsen und da gehörten Tiere einfach dazu. "Die älteste Ziege, Heidi, ist leider letzte Woche verstorben. Sie war eine der beiden ersten Tiere, die wir hier hatten", sagt Käufer.

Doch nicht nur Ziegen gibt es im Außengehege des Seniorenheims am Paradiesweg. Auf den 400 Quadratmeter finden sich Hühner, ein Hahn, und ein paar Enten die in einem kleinen Teich schwimmen. "Wir unterscheiden hier zwischen zwei Arten von Tieren: Die erste Art ist die, die ins Haus kommt. Das sind Hunde und früher auch Hasen, die reingeholt werden konnten. Die zweite Art sind die Tier, die draußen im Gehege sind", erklärt Käufer.

Es gebe auch einen Hundebesuchsdienst des Münchner Vereins "Streichelbande", der ab und zu vorbeikomme. Dessen Vorsitzende Christiane Vidacovich erklärt, wie so ein Besuch abläuft: "Wir kommen zum Beispiel eben in Seniorenheime und da gibt es dann verschiede Möglichkeiten, was man mit den Hunden macht. Man kann sich in einen Kreis setzen und die Hunde führen dann Kunststücke vor, man kann mit ihnen im Garten spazieren gehen oder sie einfach nur streicheln. Wir haben nur besonders freundliche und zutrauliche Hunde." Auch bettlägerige Menschen können im AWO-Seniorenheim Kontakt mit den Tieren haben: "Die Hunde kommen dann auch ans Bett und die Patienten können sie streicheln, wenn sie wollen. Früher, als wir noch Hasen hatten, haben wir diese auch manchmal in die Betten gelegt, um den oft einsamen Menschen, etwas Warmes und Weiches zu geben", sagt Birgit Lommer die in der Pflegedienstleistung im Heim tätig ist.

Nun steht im AWO-Seniorenzentrum ein neues Projekt an: Es sollen zwei Zwergesel angeschafft werden. "Auf die Idee sind wir gekommen, weil Herr Käufer aus dem Urlaub Bilder von Eseln mitgebracht hat. Da dachten wir uns, dass Esel auch gut zu uns passen würden", sagt Lommer. Käufer sagt, sein haus arbeite bereits mit der Esel-Nothilfe zusammen. "Die waren auch schon bei uns und haben vor Ort Besichtigungstermine gemacht." Im Moment sei das Pflegeheim in Verhandlungen mit der Stadt Wolfratshausen und dem Landratsamt. Denn die Haltung der Tiere in einem Wohngebiet müsse natürlich erst genehmigt werden. Des weiteren sei noch zu klären, ob die Esel eine Lärmbelästigung darstellten, und ein Stall mit speziellem Boden müsse her. Für die Esel würde das Gehege auf 600 Quadratmeter erweitert werden. Als nächstes sei dann ein Kurs geplant, um zu lernen, wie mit den Tieren umzugehen sei. Das Ziel sei es, mit den Eseln spazieren gehen zu können. Lommer setzt zur Behandlung der Patienten besonders auf eine charakteristische Eigenschaft der Tiere: "Ich hoffe, dass die stoische Ruhe der Esel auf die Patienten übergeht", sagt sie. "Die Esel sollen den unruhigen Patienten in Zukunft etwas Ruhe spenden können." Käufer fügt hinzu: "Wir hoffen sehr, dass wir die Esel bis zum Sommer haben."

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