Absagen auf Bewerbungen:Kopf hoch

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Wer auf der suche nach einem neuen Job ist, darf sich absagen nicht allzu sehr zu Herzen nehmen. (Foto: dpa-tmn)
  • Wer sich um einen neuen Job bemüht, muss oft viele Absagen verkraften.
  • Fachleute raten, man solle sich keinesfalls immer persönlich haftbar machen für das Scheitern.
  • Oft liegt eine Absage demnach in den Bewerbungsunterlagen begründet: "Viele Bewerber sind in ihren Anschreiben zu unkonkret, oder die Bewerbungsstrategie stimmt nicht", erklärt eine Beraterin.

Von Anne-Ev Ustorf

Bei Absage Nummer 34 war Schluss. Jana Schrader brauchte eine Pause. Seit zwei Monaten bewarb sich die junge Kommunikationswirtin auf Stellen im Marketing und hatte bislang doch nur Absagen bekommen. Dass es schwer werden würde, hatte sie gewusst, schließlich war der Arbeitsmarkt in ihrer Branche hart umkämpft. Außerdem lag ihr Studienabschluss erst zwei Jahre zurück, den ersten Job hatte sie im Zuge einer Kündigungswelle kurz vor Ende der Probezeit verloren.

Trotzdem hatte Jana Schrader gehofft, dass ihre Referenzen gut genug wären, um das Interesse einiger Personaler zu wecken. Stattdessen erhielt sie 34 Absagen mit Standardformulierungen. "Ich kam nicht klar mit dem Gefühl, dass keiner da draußen mich wollte, und begann, an mir zu zweifeln. Ich habe dann erst mal aufgehört, mich zu bewerben."

Wer viel Zeit und Arbeit in seine Bewerbung steckt, ist enttäuscht, wenn Absagen im Briefkasten landen - das ist ganz normal. Doch während das eine oder andere Ablehnungsschreiben noch gut zu verkraften ist, steigt der Frust parallel mit dem Stapel der zurückgesandten Mappen. Die mangelnde Anerkennung schlägt auf Motivation und Stimmung, nicht zuletzt, weil viele Bewerber die Ablehnung ihrer fachlichen Kompetenzen unbewusst mit der ihrer menschlichen Qualitäten gleichsetzen.

Von vornherein keine Chance

Dieser Schritt liege heute nahe, sagt der Berliner Psychoanalytiker Hans-Werner Rückert, denn schließlich gelte in unserer Gesellschaft jeder als seines eigenen Glückes Schmied. "Der Tenor ist, wenn's nicht klappt, hast du dich nicht genug angestrengt", sagt Rückert. "In manchen Branchen ist es wirklich schwer, gegen diesen neoliberalen Zeitgeist anzukämpfen."

Oft genug haben die Bewerber aber schon von vornherein keine Chance. Vielleicht, weil das Unternehmen bereits einen Wunschkandidaten im Kopf hat und die Stelle lediglich pro forma ausschreibt. Oder weil sich ein weibliches Team endlich einen männlichen Kollegen wünscht und alle Bewerberinnen automatisch aussortiert. Geschlecht, Alter und zu geringe oder zu umfassende Berufserfahrung sind nämlich häufig Ausschlusskriterien, die aus Gleichstellungsgründen in den Stellenausschreibungen erst gar nicht auftauchen. Und gelegentlich sind Bewerber einfach zu gut für die zu besetzenden Jobs.

"Gerade bei wissenschaftlichen Karrieren ist der Konkurrenzkampf unglaublich hart", sagt Hans-Werner Rückert, der auch die Zentraleinrichtung Studienberatung und Psychologische Beratung an der Freien Universität Berlin leitet. "Oft kommen gerade nicht die Besten durch, weil die den vorhandenen Wissenschaftlern viel zu viel Angst machen. Man holt sich ja nicht die Konkurrenz ins Haus. Stattdessen schaffen es die mit den besten Seilschaften." Man sollte sich also keinesfalls immer persönlich haftbar machen für das Scheitern, meint er: "Oft stecken Strukturen dahinter, die man gar nicht beeinflussen kann."

Doch wie viele Absagen sind überhaupt normal? Und wann sollten sich Bewerber Gedanken über die Qualität ihrer Unterlagen machen? "Umso spezialisierter ein Bewerber ist, umso schwieriger sind die Erfolgsaussichten, weil es einfach nicht so viele Stellen gibt", erklärt Maja Skubella von der Hamburger Beratung Karriere & Entwicklung. Die Kommunikationswirtin hat in den letzten Jahren mehr als tausend Bewerbungsunterlagen geprüft und folgende Faustregel aufgestellt: Ein Experte (etwa ein hoch qualifizierter Manager) sollte bei jeder zehnten Bewerbung eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhalten, ein Generalist (Buchhalter, Office-Assistent, Vertriebler) bei mindestens jeder zweiten. Vorausgesetzt natürlich, die Bewerbungsunterlagen stimmen. Oft liege da nämlich ein Grund für wiederholte Absagen: "Viele Bewerber sind in ihren Anschreiben zu unkonkret, oder die Bewerbungsstrategie stimmt nicht", sagt sie.

Skurrile Fragen im Vorstellungsgespräch
:"Wenn Sie eine Küchenmaschine wären, welche wären Sie?"

Hauptsache, die Frage bringt den Bewerber ins Schwitzen - das ist im Vorstellungsgespräch mitunter das Credo. Was SZ-Leser beim Job-Interview erlebt haben.

Skubella plädiert für erfolgsorientierte Bewerbungsunterlagen, mit konkreten Zahlen und vor allem einer guten Story. Denn: "Heute zählt die emotionale Botschaft. Der Bewerber muss mit seiner Geschichte gleich beim Entscheider hängen bleiben. Da helfen auch kleine Tricks wie ein Kurzprofil vor dem Lebenslauf oder eine Sichtbarwerdung in Social Media Profilen." Schwieriger werde es, wenn Bewerber nichts Markantes im Lebenslauf hätten. "Klassisches BWL ohne irgendwelche Spezialisierungen zum Beispiel ist längst kein Selbstläufer mehr. Berufe an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft hingegen sind sehr gefragt."

Bei häufigen Absagen hilft also ein Besuch beim Bewerbungsberater, um Unterlagen und Strategie durchleuchten zu lassen. Gelegentlich reicht aber schon ein wenig moralische Unterstützung, um den Kopf über Wasser zu halten. "Wenn man dazu neigt, sich die Dinge selber vorzuwerfen, sollte man unbedingt mit Kollegen aus der Branche sprechen", sagt Hans-Werner Rückert. "Die können helfen, den eigenen Tunnelblick zu relativieren. Vielleicht, indem sie einen daran erinnern, dass man sich in einer umkämpften Branche bewirbt und daher einen längeren Atem braucht."

Der Psychoanalytiker plädiert außerdem für mehr Eigeninitiative bei Bewerbungen, etwa indem Jobsuchende sich direkt bei Personalabteilungen über Stellen informieren und der Bewerbung dann ein Kurzexposé mit Ideen beilegen. "Ich wäre gern bereit, mit jemandem eine Viertelstunde zu telefonieren, um ein oder zwei Dinge zum Job zu erklären", sagt Rückert. "Das konnotiert die Bewerber positiv."

So ähnlich gelang schließlich auch Jana Schrader der Wiedereinstieg. Die Kommunikationswirtin rief nach ihrer selbstverordneten Bewerbungspause spontan bei einer kleinen Marketingfirma an und bekam tatsächlich die Geschäftsführerin ans Telefon. Es ergab sich ein nettes Gespräch, und Schrader schickte ihre Bewerbungsmappe los. Sechs Wochen lang hörte sie nichts, dann kam eine Einladung zum Vorstellungsgespräch - gerade hatte eine Mitarbeiterin in der Firma gekündigt. Zwei Wochen später hatte Schrader den Job.

© SZ vom 23.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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