Ex-Manager:Insolvenzverwalter fordert Millionen von Middelhoff

Thomas Middelhoff

Baute sich ein kaum durchschaubares Geflecht aus Transaktionen und Firmen zusammen: Thomas Middelhoff.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)
  • Der Jurist Thorsten Fuest muss sich als vorläufiger Insolvenzverwalter einen Überblick über die Vermögensverhältnisse des früheren Top-Managers Thomas Middelhoff verschaffen.
  • Fuest habe Zahlungen identifiziert, die er zurückfordern werde. Es gehe um eine siebenstellige Summe. Dabei allein wird es womöglich aber nicht bleiben.

Von Uwe Ritzer und Georg Wellmann

Im Moment hat Thorsten Fuest vor allem eines: Leere Kassen. Seit fast zwei Monaten arbeitet sich der Jurist als vorläufiger Insolvenzverwalter durch die verworrenen Vermögensverhältnisse des früheren Topmanagers Thomas Middelhoff. Es ist wie Angeln in einem trockengelegten Teich. "Ich habe nichts", sagt Fuest. Keinen Cent habe er gefunden, den er an Gläubiger Middelhoffs weitergeben könnte.

Doch dann ist da ja noch der "Zeitraum X", wie Fuest sagt. Den müsse man noch "näher einkreisen". Jenen Zeitraum nämlich, ab dem Thomas Middelhoff klar war, dass ihm die Zahlungsunfähigkeit droht. Und ab dem auch andere das wussten. Jene nämlich, denen Middelhoff wohl den größten Teil seines Vermögens übertrug. Bekanntlich steht der ehemalige Star-Manager im Verdacht, vor seinem Insolvenzantrag Vermögen systematisch beiseite geschafft zu haben, um es vor seinen zahlreichen Gläubigern in Sicherheit zu bringen.

Ein Verdacht, der sich nun zu erhärten scheint. "Ich habe Zahlungen identifiziert, die ich zurückfordern werde", sagt Fuest. Es gehe um eine "Summe im siebenstelligen Bereich", von der er überzeugt sei, dass Middelhoff sie nicht mehr hätte transferieren und die Empfänger sie nicht hätten annehmen dürfen, so Fuest am Donnerstag der Süddeutschen Zeitung und dem WDR. Das Geld stünde den Gläubigern zu. Womöglich wird es dabei nicht bleiben. Recherchen von SZ und WDR deuten darauf hin, dass Middelhoff und seine Frau Cornelie Vermögenswerte im Gesamtvolumen von rund 90 Millionen Euro an Firmen abgetreten haben, die inzwischen mehrheitlich ihrem Berliner Anwalt Hartmut Fromm gehören.

Das könnte eine Rolle spielen, wenn Fuest in einem Monat dem Bielefelder Insolvenzgericht Auskunft darüber erstatten wird, wie es um die Vermögensverhältnisse des Thomas Middelhoff tatsächlich steht. Und welche Ansprüche seiner Gläubiger gegen ihn gerechtfertigt sind. Dann wird das Gericht über die Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens entscheiden. Das wiederum dürfte sich über Jahre hinziehen.

Derzeit pflügt sich Fuest durch ein Gewirr aus Firmen und Transaktionen, in denen Middelhoff jahrelang sein Vermögen in ein undurchsichtiges Geflecht an Gesellschaften verlagerte. In diesen hatten nicht selten einige seiner Anwälte das Sagen. Per se ist das nicht illegal - es sei denn, die Transaktionen erfolgten bereits angesichts der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Dann kann sie der Insolvenzverwalter rückabwickeln und das Geld an die 50 Gläubiger Middelhoffs verteilen, die mehr als 100 Millionen Euro von ihm verlangen.

Das setzt voraus, dass Middelhoff und den Empfängern seines Vermögens nachgewiesen werden kann, dass bereits zum Zeitpunkt der Übertragungen dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von Bertelsmann und Arcandor die Pleite drohte. Das Gros der Transaktionen erfolgte in den Jahren seit 2011. Hinweise darauf, dass Middelhoff finanziell klamm ist und von immer mehr Gläubigern umstellt wird, gab es auch schon einige Jahre. Auch wenn der inzwischen 62-Jährige Berichte über eine drohende Insolvenz bis vor wenigen Monaten kategorisch zurückwies.

Die Schnur um seinen Hals zog sich dabei nicht abrupt zu, sondern langsam, wie Dokumente beweisen, die SZ und WDR vorliegen. Sie legen den Verdacht nahe, dass zumindest einige der Beteiligten bereits 2009 und 2010 die Finanzlage von Middelhoff und seiner Familie als schlichtweg desolat einstuften. So monierten Wirtschaftsprüfer der Firma Deloitte allzu großzügige Kredite des Bankhauses Sal. Oppenheim, denen die Middelhoffs kaum Sicherheiten entgegengesetzt hatten.

Die Deloitte-Experten arbeiteten sich im Auftrag der staatlichen Finanzaufsicht Bafin durch die Sal.Oppenheim-Bücher. Mit mehr als 100 Millionen Euro standen die Middelhoffs dort im Juni 2009 samt der ihnen zuzurechnenden Firma Centurion in der Kreide. 53 Millionen davon waren ungedeckt. "Das Engagement wird auf Grund der unzureichenden wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmer auf die Sicherheiten abgestellt", notierten die Deloitte-Prüfer und warnten: "Im Falle einer eventuell notwendigen Zwangsverwertung der Sicherheiten sind höhere Ausfälle nicht auszuschließen."

Auch in der Folgezeit gab es immer wieder Hinweise, dass es um die Finanzkraft der Middelhoffs nicht mehr weit her sein könnte, aufwendiger Lebensstil hin oder her. Allein die Klage des Arcandor-Insolvenzverwalters von 2010, der 175 Millionen Euro von Middelhoff verlangte, musste dem letzten klarmachen, dass dessen Vermögen akut bedroht ist. Vor diesem Hintergrund werfen die ein Jahr später einsetzenden Vermögensverlagerungen neue, unangenehme Fragen an Middelhoff auf.

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