Deutsche Bank:Der wahre Chef der Doppelspitze

Fitschen, co-CEO of Deutsche Bank, removes his badge next to Jain before the bank's annual general meeting in Frankfurt

Die beiden Co-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Anshu Jain (links) und Jürgen Fitschen, während der Hauptversammlung der Deutschen Bank in Frankfurt am Main.

(Foto: REUTERS)

Formal hat die Deutsche Bank noch eine Doppelspitze, doch faktisch ist Anshu Jain jetzt die Nummer eins. Spätestens in zwei Jahren wird er wohl alleine führen. Ob das gut für die Bank ist?

Ein Kommentar von Ulrich Schäfer

Formal hat die Deutsche Bank noch immer eine Doppelspitze, aber faktisch sind die Rollen im größten Geldhaus der Republik nun klar verteilt: Ober und Unter, Zukunft und Vergangenheit. Anshu Jain, dies macht die jüngste Rochade im Vorstand deutlich, ist nun die Nummer eins, ausgestattet jetzt auch mit jenem Vorstandsressort, dessen Erfolg oder Misserfolg über die Zukunft der Bank entscheidet: Strategie. Jürgen Fitschen dagegen, der zweite Co-Vorstandsvorsitzende, der derzeit wegen versuchten Prozessbetrugs im Fall Kirch vor Gericht steht, gibt Aufgaben an Finanzvorstand Stefan Krause ab. Er wird nicht gestärkt, sondern geschwächt.

Dies ist eine bemerkenswerte Machtverschiebung. Sie passt zum neuen Kurs, den die Deutsche Bank eingeschlagen hat, einem Kurs, der stark von Jain geprägt wird, dem gelernten Investmentbanker. Er hat nach allem, was man weiß, intensiv darauf gedrungen, die Postbank zu verkaufen, das kleinteilige und irgendwie lästige Geschäft mit 14 Millionen Privatkunden; er hat damit eine Entscheidung seines Vorgängers Josef Ackermann revidiert; eine Entscheidung, die in gewisser Hinsicht auch ein Bekenntnis zu Deutschland war. Nun konzentriert sich die Deutsche Bank stärker auf die Firmenkunden, auf das Investmentbanking und - ja, auch das - auf die eher vermögenden Privatkunden. Die Deutsche Bank bleibt damit eine Universalbank, wie es in der Sprache der Finanzwelt heißt; sie spaltet sich also nicht auf in eine reine Investmentbank à la Goldman Sachs - und eine Geschäftsbank für den Rest. Auch das hätte man Jain zugetraut.

Die Rollen im größten Geldhaus der Republik sind nun klar verteilt

Aber klar ist auch: Wenn ein Vorstand und ein Aufsichtsrat über ein Dreivierteljahr hinweg ständig über eine neue, bessere Strategie für die nächsten fünf bis zehn Jahre reden; und wenn dann am Ende nicht nur diese Strategie beschlossen wird, sondern auch einem der beiden Vorstandsvorsitzenden formal die Zuständigkeit für das Thema "Strategie" auferlegt wird - dann ist dies eine sehr klare Ansage. Man muss sie so verstehen: Jain soll die Bank spätestens in zwei Jahren, wenn der Vertrag von Fitschen ausläuft, alleine führen.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob Jain wirklich der Richtige dafür ist. Die Aktionäre haben diese Frage am Donnerstag sehr laut, sehr deutlich gestellt. Mächtige Fondsgesellschaften und Aktionärsgruppen griffen nicht nur Fitschen, sondern Jain heftig an; sie entzogen ihnen das Vertrauen. Die Attacken gingen deutlich über das hinaus, was sonst üblich ist auf Hauptversammlungen.

Jain ist ein hochintelligenter Manager, aber er ist kein politischer Kopf, keiner, dem man abnimmt, dass er nicht bloß die Interessen der Aktionäre, sondern auch jene des Landes im Blick hat. Jain ist nicht angekommen, anders als Pep Guardiola beim FC Bayern München, noch so einer nationalen Institution. Das zeigt sich auch an Kleinigkeiten: Guardiola spricht ständig Deutsch und lernt es weiter; Jain ließ sich dagegen synchron übersetzen, als er auf Englisch zu seinen Aktionären sprach.

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