Die 25. Meisterschaft:Routinierte Partytiger

Nach dem 2:0 gegen Mainz steigt die Titelsause der Bayern mit viel Folklore - richtig ausgelassen geht es nur bei den Bierduschen zu.

Von Maik Rosner, München

In Lederjacke und mit einem dünnen Schlips hat Thomas Müller später die Arena verlassen. Ähnlich interessant gekleidet schritt Jérôme Boateng von dannen, ausgestattet mit einem imposanten Hut. Der nächste Partytermin stand ja schon auf der Agenda, die interne Klubfeier im Münchner Postpalast. Und Müller trat die zweite Sause des Tages mit dem festen Vorhaben an, ungelenke Tanzeinlagen diesmal auszulassen - oder sich zumindest nicht dabei filmen zu lassen wie im Vorjahr. "Da werde ich mich diesmal hüten", sagte er.

Und tatsächlich: Zumindest bis Sonntag Nachmittag waren keine Tanzvideos von der Feier im Postpaöast aufgetaucht. Dafür sickerte aber durch, dass auch Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt dabei war, der Mannschaftsarzt, der nach dem Porto-Spiel in der Champions League entnervt und im Streit mit Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und Trainer Guardiola das Handtuch geworfen hatte. Aber der Mull bleibt natürlich Teil der Familie.

Dass es durchaus launig zugehen werde bei der Feier, stand für Müller schon vorher fest. "Wenn es in den inoffiziellen Teil geht, wenn es ein bisschen lockerer wird, dann werden wir sicher einige Glanzpunkte setzen", versprach der Angreifer. Wie hatten es Trainer Pep Guardiola und Chef Karl-Heinz Rummenigge ja wortgleich formuliert? "Wir müssen feiern." Und zu dieser Pflicht zum Saisonausklang gehört, dass es dabei lustig zugeht.

Rückblende: Um 17.41 Uhr ist der vermeintliche Höhepunkt des Nachmittags gekommen. Kapitän Philipp Lahm steigt als letzter Spieler des FC Bayern auf das Podium, auf dem sich die Kollegen schon in Position gebracht haben. Und als Lahm dann die Meisterschale in die Höhe reckt und die Münchner ihren 25. deutschen Meistertitel im rot-weißen Konfettiregen bejubeln, entstehen die hübschen Bilder, die man von diesem Saisonausklang erwarten durfte.

Boateng duscht Guardiola - schon wieder

Doch der wahre Höhepunkt des Nachmittags nach diesem 2:0 (1:0) gegen den FSV Mainz 05 durch die Tore von Robert Lewandowski (25.) per Handelfmeter und Bastian Schweinsteiger (48.) sind dann wohl doch die Bierduschen, jedenfalls gilt das für die Spieler. Sie toben über den Platz und vergießen das Bier fassweise immer dort, wo sich ein Kollege in den Weg stellt. Auch Co-Trainer Hermann Gerland, der Partytiger, lässt kindliche Freude erkennen, als er ein Glas genüsslich über Schweinsteiger leert. Und Guardiola, der Trainer? Wird auch nass. Erst versucht er sich im Kabinenschacht zu verstecken, dann aber erwischt ihn Boateng, wie schon im Vorjahr. "Es war nicht so einfach, weil er sich noch besser versteckt hat als letztes Mal", sagte der Verteidiger. "Für mich kein Problem", meinte Guardiola, "es ist eine große Tradition."

Schema & Statistik

Alle Daten und Fakten zum Spiel stehen hier.

Routiniert hat der FC Bayern seinen Jubiläumstitel gefeiert, wohl auch deshalb, weil dieser ja schon seit dem 26. April feststand und an einem Sonntagnachmittag auf dem Sofa amtlich geworden war. Die Frage vor dieser unbedeutenden Partie zum Abschluss war lediglich gewesen, ob sich die Mainzer der Stimmungsverzerrung schuldig machen würden. Eine Wettbewerbsverzerrung war den Münchnern ja von Teilen der Liga vorgeworfen worden, weil sie in dieser zuletzt drei Spiele hintereinander verloren hatten, darunter 1:2 vorige Woche beim SC Freiburg, das den Abstieg dadurch letztlich aber auch nicht verhindern konnte. Doch erkennbar war nun, dass die Bayern-Profis sich die Party nicht verderben lassen wollten. Sie dachten offenbar von Spiel zu Weißbierdusche, für die die 90 Minuten ja nur so etwas waren wie das Vorspiel.

Alles ein wenig überdimensioniert

Bevor es soweit war, erlebten die 75.000 Zuschauer in der Arena einen mäßig unterhaltsamen Kick. Und einen, in dem Lewandowski kurz hoffen durfte, auch die Torjägerkanone zu gewinnen. Durch sein 17. Saisontor per Elfmeter nach Niko Bungerts Handspiel gingen die Münchner in Führung. Doch danach traf nur noch Schweinsteiger in seinem 500. Pflichtspiel für die Bayern. Die Torjägerkanone ging nach Frankfurt. Alexander Meier nahm sie dort gerührt entgegen.

Die klarsten Meisterschafts-Entscheidungen

2012/13 1. Bayern München 91 + 25 Pkt., 2. Borussia Dortmund 66

1972/73: 1. Bayern München 54:14 + 20 Pkt., 2. 1. FC Köln 43:25

2013/14 1. Bayern München 90 + 19 Pkt., 2. Borussia Dortmund 71

2002/03: 1. Bayern München 75 + 16 Pkt., 2. VfB Stuttgart 59

1998/99: 1. Bayern München 78 + 15 Pkt., 2. Bayer Leverkusen 63

2004/05: 1. Bayern München 77 + 14 Pkt., 2. FC Schalke 04 63

2007/08: 1. Bayern München 76 + 10 Pkt., 2. Werder Bremen 66

2014/15: 1. Bayern München 79 + 10 Pkt., 2. VfL Wolfsburg 69

1968/69: 1. Bayern München 46:22 + 10 Pkt., 2. Alemannia Aachen 38:30

1963/64: 1. 1. FC Köln 45:15 + 10 Pkt., 2. Meidericher SV 39:21

Bundesliga bis 1994/95 mit 2-Punkte-Wertung für einen Sieg, seit 1995/96 mit 3-Punkte-Wertung

Begonnen hatten die Feierlichkeiten wie sie endeten. Folklore stand natürlich auch vor dem Anpfiff auf dem Programm, und eröffnet wurden diese Einlagen traditionsbewusst durch den Einzug dreier Blaskapellen. Die Meisterschale glänzte da schon frisch poliert und hübsch inszeniert auf einem Sockel vor dem Spielertunnel. Eine überdimensionale Meisterschale mit einer roten 25 wurde zudem in Form einer Plane im Mittelkreis ausgebreitet. Es folgte der Einzug von 24 Helfern mit überdimensionierten roten und weißen Luftballons, wovon sich einer allerdings selbstständig machte und aus der Arena schwebte. Und weil alles ohnehin ein bisschen überdimensioniert geriet in diesem Vorlauf, liefen unter Böllerschüssen von Trachtlern auch noch 24 Spieler der früheren Münchner Meistermannschaften ein. Daniel Van Buyten war dabei, Owen Hargreaves ebenso, und auch Roland Wohlfarth, der ehemalige Stürmer aus dem Münsterland, der sich als einziger in Tracht präsentierte und dem Paulo Sergio umgehend den Hut stibitzte.

Im Postpalast dann erhob Rummenigge zwischen mehrgängigem Menü und Gesangseinlagen das Wiort. "Diese Mannschaft hat einen tollen Charakter. Ich verneige mich vor Euch", sagte er in seiner kurzen Rede, und lobte dann vor allem auch den Trainer. "Normalerweise bist du nach einer Weltmeisterschaft ein Jahr tot. Ich glaube ganz einfach, was unser Trainer mit seinem Team dieses Jahr geleistet hat, ist großartig. Vielen Dank dafür, lieber Pep", sagte er. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer lobte: "Der FCB ist nicht nur eine Weltmarke. Er ist eine Familie. Und die hält zusammen."

Schon im Stadion hatte Guardiola angekündigt: "Nächste Saison werden wir stärker zurückkommen."

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