Klassenerhalt für den VfB Stuttgart:"Ja! Ja! Ja!"

SC Paderborn 07 v VfB Stuttgart - Bundesliga

Bleiben tatsächlich in der Bundesliga: Florian Klein, Martin Harnik und Filip Kostic

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der VfB Stuttgart spielt wunderschönen Fußball und schafft mit dem Sieg gegen Paderborn tatsächlich die Rettung. Ob Huub Stevens nun doch weitermacht? Der Trainer will erstmal nach Mallorca - und die Spieler einen draufmachen.

Von Bernd Dörries, Paderborn

In Paderborn ist es durchaus üblich, dass besondere Gäste vom Stadionsprecher persönlich willkommen geheißen werden. Auf Stuttgarter Seite wurden EU-Kommissar Günther Oettinger und Oberbürgermeister Fritz Kuhn begrüßt. Paderborn brachte es nur auf den Ehrenbürgermeister Willi Lüke. Im VfB-Fanblock wurden früh die ersten Bengalo-Feuer gezündet, die Heimmannschaft dagegen hat zwar einen Fanclub, der den Namen Paderfeuer trägt, aber kein Feuer macht.

Wie zuvor im Heimspiel gegen den HSV

Der Stuttgarter Anhang, obwohl deutlich in der Unterzahl, war laut, der Ostwestfale hingegen feuerte eher so nach innen an. Es war also wie immer: Bei denen, die zu Gast in Paderborn waren, war alles etwas größer, lauter und bekannter. Was den VfB Stuttgart aber nicht daran hinderte, in der vierten Spielminute in Rückstand zu geraten. Damit wäre der Verein abgestiegen gewesen, zum ersten Mal seit 1975.

"Wenn man so schnell in Rückstand gerät, kann man denken, puh, jetzt werden wir nervös", sagte Trainer Huub Stevens. Aber es ist die neue, große Qualität seiner Mannschaft, dass sie eines nicht wird: nervös. Selbst unter größtem Druck behält sie ihr wieder entdecktes schönes Spiel bei, schon in der Woche zuvor, im Heimspiel gegen den HSV, hat die Elf einen 0:1-Rückstand in einen 2:1-Sieg verwandelt. Und jetzt also wieder, beim Endspiel in Paderborn. Es war die Rettung. Rechnerisch gelang die Rettung nur haarscharf, zwischendurch war der VfB immer wieder minutenweise abgestiegen, weil nach der Führung des HSV auch ein Unentschieden nicht mehr gereicht hätte. Aber optisch gelang die Rettung komfortabel - zu überlegen spielte der VfB.

Das einzig Erstaunliche war, wie lange die Stuttgarter brauchten, um zwei Tore zu schießen. Es gab viele Momente wie jenen in der 34. Minute, als Martin Harnik am leeren Tor vorbeischoss. Es war so ein Moment, der historisch hätte sein können: Im Fußball kann man Mannschaften zur Meisterschaft schießen, man kann sie aber auch in die zweite Liga versemmeln. Harnik ist es erspart geblieben, Hauptverantwortlicher für so einen Abstieg zu sein. Weil die halbe Mannschaft sich ihm solidarisch anschloss und ebenfalls in besten Situationen das Tor nicht traf. Und weil es den zwei Daniels - Didavi (36.) und Ginczek (72.) - dann eben doch gelang.

Fahndung im Stuttgarter Nachtleben

Der VfB beendete die Saison als Tabellen-Vierzehnter, so gut stand er schon lange nicht mehr da. Man hat sogar vier Punkte mehr als im Vorjahr.

Abstiege, die am letzten Spieltag vermieden werden, setzen ähnlich viele Glückshormone frei wie eine gewonnene Meisterschaft, es war nach dem Schlusspfiff weder zu übersehen noch zu überhören. "Ja!, ja!, ja!", schrie Antonio Rüdiger in jedes Mikrofon, das ihm hin gehalten wurde. Viel mehr gibt es in solchen Situationen auch nicht zu sagen. Außer vielleicht ein kleiner Blick nach vorne: "Ihr müsst mich in Stuttgart suchen", kündigte Rüdiger an. Das Stuttgarter Nachtleben hat sich in den vergangenen Jahren ja erfolgreicher entwickelt als der VfB. Es gibt also genügend Möglichkeiten, den Nichtabstieg zu feiern.

Der Trainer will erst einmal nach Mallorca

Nach der Meisterschaft 2007 sind die beiden Rettungen durch Huub Stevens nun die beiden größten Vereinserfolge. Natürlich wollten die Stuttgarter Reporter von Stevens schon unmittelbar nach Spielschluss eine Einschätzung haben, ob es denn sinnvoll und angemessen sei, ihm in Stuttgart ein Denkmal zu bauen. Stevens sagte, das sei nicht unbedingt notwendig. Er will nun erst einmal auf Mallorca Urlaub machen und dann vielleicht "meine Geschichte erzählen", was wie eine Drohung klang. "Vielleicht muss ich aber auch ganz bald wieder in Stuttgart sein für die Saison-Vorbereitung", sagte er und grinste. Das war aber nur ein Ablenkungsmanöver, am Sonntag erklärte er dann, dass seine Mission beendet sei; dass der VfB sich in der kommenden Saison vom aufstrebenden Schwaben Alexander Zorniger trainieren lässt, gilt als offenes Geheimnis.

"Wir werden jetzt analysieren müssen, wie es so weit kommen konnte", sagte später der Kapitän Christian Gentner, der so erleichtert war, dass er sich kaum freuen konnte. Im Analysieren hat der Verein in den vielen düsteren Jahren mittlerweile eine gewisse Routine entwickelt, aber nun hegen sie beim VfB erstmals seit langem wieder ernsthafte Hoffnungen. Sie hoffen, dass sie im Abstiegskampf die Grundzüge einer Mannschaft entwickeln konnten, die im Herbst ausnahmsweise mal keinen neuen Trainer braucht.

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