Hannover feiert:Auf einen Kaffee mit Frontzeck

Hannover 96 - SC Freiburg

Klassenerhalt geschafft: Michael Frontzeck.

(Foto: Jochen Lübke/dpa)

96 schafft den Klassenerhalt, und der erst jüngst installierte Trainer hat gute Chancen auf eine Weiterbeschäftigung.

Von Frank Hellmann, Hannover

Wann haben in Hannover Tausende Menschen so mit Verve im Schneewalzer-Takt getanzt? Wann hat ein ganzes Stadion so mit Inbrunst den gerne genommenen Evergreen "Nie mehr zweite Liga" gesungen? "Wahnsinn, was passiert ist!", entfuhr es Nationaltorwart Ron-Robert Zieler, "solch eine Stimmung habe ich hier noch nie erlebt."

Tatsächlich glich die Arena am Maschsee am Samstagnachmittag einem Tollhaus, weil Hannover 96 mit dem 2:1 (1:0) gegen den SC Freiburg im allerletzten Moment den nötigen Befreiungsschlag landete. Die Talfahrt der Rückrunde ist also folgenlos geblieben - die "Roten" sind letztlich mit einem blauen Auge davongekommen. "Wir als Mannschaft haben immer versucht, positiv zu bleiben. Und dann haben wir den ersten Heimsieg des Jahres zum richtigen Zeitpunkt hinbekommen", berichtete Zieler.

Damit war mit nüchternen Worten der dramatische Rettungsakt beschrieben, der nach dem feinen Flugkopfball von Hiroshi Kiyotake (3.) und dem Eigentor von Pavel Krmas (84.) und dem zu späten Gegentreffer von Nils Petersen (90.) unverhoffte Glücksgefühle auslöste. Für Trainer Michael Frontzeck sei "in der ganzen Stadt etwas entstanden - der Klassenerhalt ist ein Stück weit verdient, auch wenn der SC Freiburg das nicht verdient hat."

Erst der aus Mönchengladbach stammende Pragmatiker hat wieder Lust und Leidenschaft wecken und Teamgeist und Zusammenhalt herstellen können - auch die Maßnahmen, die Spieler zweimal hinter Klostermauern in Harsewinkel-Marienfelde zusammenzuziehen, hat sich als richtig erwiesen. "Unser Schlüsselerlebnis war aber das Spiel in Wolfsburg, als wir einen Rückstand aufgeholt haben. Damit haben wir den Turnaround geschafft - damit haben wir uns aus dem Sumpf gezogen", konstatierte Frontzeck und lächelte zufrieden. Wie sehr der 51-Jährige sich freute, war an seinem Sprint abzulesen, den er zunächst in die Kabine hinlegte, um mit seinen Emotionen vor dem folgenden Interview-Marathon allein zu sein.

Ende gut, alles gut: Beinahe eine halbe Stunde lang blieb die 96-Mannschaft später noch auf dem Rasen, um sich von den Fans feiern zu lassen. Von einer "sensationellen Atmosphäre" sprach der nach Mönchengladbach abwandernde Lars Stindl, der wochenlang als Vorbild und Leitfigur vorangegangen war. Doch auch Stindl zeigte in diesem letzten Spiel Nerven und konnte die über weite Phasen zerfahrene Partie nicht wie sonst beeinflussen. "Das hat mit einem normalen Fußballspiel nichts mehr zu tun, weil der Kopf so mitspielt. Es ging hier schließlich um die Existenz des Vereins", berichtete Verteidiger Christian Schulz, der im Zusammenspiel mit seinem brasilianischen Nebenmann Marcelo fast alle Freiburger Angriffsversuche abwehrte.

Das Sonderlob von Präsident Martin Kind heimste hernach aber der erst für die letzten fünf Spieltage installierte Frontzeck ein. "Er hat das toll gemacht. Wir müssen erkennen, dass der Trainer für die Entwicklung einer Mannschaft die wichtigste Figur ist." Der 71 Jahre alte Patron will nun zeitnah die Saisonanalyse angehen, und aus seiner Sicht hat der Fußballlehrer mit der markanten Glatze gute Karten, über die Saison hinaus beschäftigt zu werden. "Er ist unser Ansprechpartner Nummer eins." Natürlich müssten einige Lehren aus dieser Spielzeit gezogen werden, "aber die erste Schraube, die wir festziehen, wird der Trainer sein."

Frontzeck ging das fast zu weit. "Ich möchte mich einfach nur freuen und dieses Erlebnis sacken lassen. Wir können das bei einer Tasse Kaffee aber gerne demnächst besprechen."

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