Auftakt der French Open :"Alles getroffen"  — trotz Schmerzmitteln

Philipp Kohlschreiber zieht mit einem souveränen 6:1, 6:0, 6:2 gegen den Japaner Go Sodea in die 2. Runde ein. Für Florian Mayer ist dagegen schon Schluss, kaum dass es begonnen hat.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Der Boulevard d'Auteuil in der durchaus beliebten Touristenstadt namens Paris bot am Sonntagmorgen ein sehr erstaunliches Szenario. Auf der rechten Seite flanierten in sehr überschaubarer Zahl ein paar Einheimische, die ganz offensichtlich aus der Nachbarschaft stammten, erkennbar an den Hunden, die Gassi geführt wurden. Auf der linken Seite wiederum herrschte ein Gedränge wie beim AC/DC-Konzert, das am Abend zuvor die französische Metropole zum Beben gebracht hatte. Meter für Meter standen bereits lange vor dem ersten offiziellen Turnierschlag in der Hauptfeldrunde der French Open die Besucher an, eine ältere Dame versuchte dabei, eine Flasche Roséwein einzuschmuggeln. Sie wurde entdeckt und lachte doch vergnügt. Hier am Bois de Boulogne lassen sich die Tennisfreunde nicht ihre Laune verderben, was natürlich nur bedingt auf die antretenden Profis zutrifft.

Florian Mayer zum Beispiel hätte am Sonntag nicht mal ein Roséwein geholfen, um mehr in Schwung zu gelangen. Aber dafür konnte er bei seiner Erstrundenniederlage herzlich wenig.

Mayer spürt die Krankheit: "Nicht bei hundert Prozent"

3:6, 1:6, 3:6 verlor der Bayreuther, der nach einem Jahr Verletzungspause erst vor drei Monaten auf die Tour zurückgekehrt war, gegen Roberto Bautista Agut. Der Spanier ist die Nummer 20 der Welt, und vielleicht hätte der ins Niemandsland des Rankings abgerutschte Mayer eine größere Chance gehabt - wenn er in der vorherigen Woche nicht krank gewesen wäre. Antibiotikum nahm er ein, lag flach, trainierte nicht und überlegte gar am Donnerstag, den Start zurückzuziehen. "Ich will keine Ausreden suchen, aber ich war sicher nicht bei hundert Prozent", sagte Mayer, dem vor allem "bei langen Rallyes die Luft fehlte". Ging ein Ballwechsel tatsächlich zwischen fünf und acht Mal hin und her, gewann Bautista Agut 22 Mal den Punkt - Mayer nur zwölf Mal. Bautista Agut ist aber auch, das muss man wissen, ein richtig unangenehmer Spieler, Typ Ballmaschine auf Beinen. "Er hat sich sensationell bewegt", erkannte Mayer zurecht an.

2015 French Open - Day One

Souveräner Auftakt: Philipp Kohlschreiber gewinnt sein French-Open-Match gegen den Japaner Go Soeda glatt in drei Sätzen.

(Foto: Julian Finney/Getty Images)

Mayer, den einen langwierige Schambeinentzündung sowie noch ein Leistenbruch geplagt hatte, wähnt sich dennoch "auf einem guten Weg", auch wenn er eine wechselhafte Bilanz seit seiner Rückkehr vorzuweisen hat. In Rom beim ATP-Turnier der Masters-Serie lief es bei ihm allerdings zuletzt "spielerisch schon wie früher", er verlor damals nur knapp gegen den Südafrikaner Kevin Anderson. Inzwischen fühlt er sich, nach einem ersten "komischen Gefühl" bei der Rückkehr auf die Tour, wieder "angekommen". Lust auf seinen Beruf hat der 31-Jährige allemal, in Paris tritt er auch im Doppel noch an, mit Frank Moser, dem um die Welt reisenden Unikat aus Baden-Baden, der Tausende von Geschichten erzählen kann, aber das ist eine andere Geschichte.

"Ich habe alles getroffen"

Ein gänzlich anderes Resümee konnte Philipp Kohlschreiber ziehen, der bei seinem 6:1, 6:0, 6:2-Sieg gegen den Japaner Go Soeda gar "hin und wieder auf die Uhr schaute", denn es hätte ja ein Rekord herausspringen können - für einen der kürzesten Erfolge auf Grand-Slam-Ebene. Am Ende war es mit der Dauer von 1:26 Stunden keine völlig absurde Zeit mehr, was Kohlschreiber nicht störte. "Ich habe heute alles getroffen, er war vielleicht überfordert mit meinem Sandplatztennis", befand der aktuell Weltranglisten-23. zum Weltranglisten-90., der immerhin schon mal in den Top50 (47.) stand, vor drei Jahren. Kohlschreibers Leistung war indes nicht zu verachten, "ich nehme noch Schmerzmittel", gestand der 31-Jährige, gebürtig aus Augsburg und nun in Kitzbühel zu Hause. Seine Verletzung am rechten Schlagarm, die ihn kürzlich schon zur Aufgabe in Rom zwang, machte ihm bis Ende der vergangenen Woche zu schaffen. Er hatte sich einen "kleinen Einriss im Trizepsmuskel" zugezogen, und das klingt wahrlich nicht gut für einen Tennisprofi, der ja gerne noch eine Weile auf der in die Jahre gekommenen Anlage bleiben möchte. Kohlschreiber trifft in der zweiten Runde auf den Spanier Pablo Andujar.

Florian Mayer of Germany plays a shot to Roberto Bautista Agut of Spain during their men's singles match at the French Open tennis tournament at the Roland Garros stadium in Paris

Weniger erfolgreich schlug sich Florian Mayer: Er schied gegen den Spanier Roberto Bautista Agut aus.

(Foto: Gonzalo Fuentes/Reuters)

Letztlich machte Kohlschreiber mit 84 Punkten mehr als doppelt so viele wie Soeda (41), der dafür auf mehr Fans aus der Heimat verweisen konnte. Deutsche aus Kitzbühel waren jetzt nicht so viele anwesend. Vor allem das Winkelspiel, die Stärke des Deutschen, war überzeugend, wenngleich sich Kohlschreiber, ganz der Perfektionist, daran störte, dass die "Inside-Out-Vorhand mir zu zentral war". Er hätte den Ball lieber noch crosser von links nach rechts außen gezirkelt mit seinem typischen Topspin-Schnalzer. Diese Sorgen hätten freilich andere Deutsche gerne. Matthias Bachinger (Dachau) verlor seine Erstrundenpartie gegen den Spanier Marcel Granollers 4:6, 3:6, 6:7 (7) und verpasste damit ein Stadion-Duell mit dem einzigartigen Roger Federer aus der Schweiz.

Tatjana Maria aus Bad Saulgau, die in den USA lebt mit Mann und Kind, verlor zum Auftakt gegen die Italienerin Camila Giorgi 5:7, 3:6. Die deutschen Topspielerinnen Andrea Petkovic und Angelique Kerber erhielten wiederum von der Turnierorganisation noch eine kleine Erholungspause. Die beiden Angeschlagenen, die zuletzt in Nürnberg jeweils wegen Beschwerden zurückziehen mussten, sind aber auf der Weg der Besserung. Petkovic trifft auf die Amerikanerin Shelby Rogers, Kerber auf die Ungarin Timea Babos.

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