Tödlicher Brand in Schneizlreuth:Mit der Trauer kommen die Fragen

Großbrand in einem Eventhotel

Großbrand in einem Eventhotel: Stundenlang kämpft die Feuerwehr in Schneizlreuth gegen die Flammen.

(Foto: dpa)

Nach dem verheerenden Feuer in Schneizlreuth gedenken die Menschen der sechs Toten. Zugleich beginnt die Suche nach Ursachen: Wie war es um dem Brandschutz in dem 800 Jahre alten Gebäude bestellt?

Von Heiner Effern und Anna Günther, Schneizlreuth

Das Feuer, sagt Pfarrer Jakob Blasi, sei ein ambivalentes Zeichen. An Pfingsten stehe es eigentlich für den Geburtstag der Kirche, doch an diesem Sonntagvormittag verbinden die Menschen in der Kirche von Schneizlreuth damit nur Tod und Vernichtung. Vom Portal aus können sie auf die verkohlten Balken des früheren Bauernhofes blicken, unter dessen Dach am Samstag sechs Menschen ums Leben gekommen sind.

Das Pfingstfest wurde zu einem Gottesdienst der Trauer. "Statt mit frohen Gesichtern aufeinander zuzugehen, sind wir heute tief betroffen und bedrückt", sagt Pfarrer Blasi. Das besondere Gedenken gelte den "verunglückten jungen Menschen, die überrascht wurden von den tödlichen Flammen, und denen, die ihnen nahe stehen".

Die Verstorbenen arbeiteten für die Firma Lindner aus Arnstorf

Ein paar Stunden später beginnt im niederbayerischen Arnstorf das Konzert des Musikschulorchesters. Es sollte ein freudiges Jubiläum werden, seit zehn Jahren musizieren junge Menschen hier zusammen. Es wird aber der erste offizielle Termin nach der schrecklichen Nachricht. Die sechs Verstorbenen in Schneizlreuth gehörten zur Lindner Group, dem wichtigsten Arbeitgeber im Ort. Sie sollten wie 41 Kollegen vergnügliche Tage bei einem Ausflug nach Schneizlreuth verbringen.

Bürgermeister Alfons Sittinger widmet das Konzert zu Beginn den Verstorbenen und ihren Angehörigen. "Die Stimmung war bedrückend", sagt er am Montag. Auf dem Programm stand schon seit Monaten: Mozarts Requiem. "Ein sonderbares Zusammentreffen", sagt der Bürgermeister.

Was sich nach dem Ausbruch des Feuers abspielte

Die sechs Verstorbenen schliefen wahrscheinlich unter dem Dach des Bauernhofes, den eine Eventfirma als Gästehaus nutzt. Dort brach am Samstag gegen drei Uhr morgens im Flur ein Brand aus, der das Gebäude zu einem großen Teil vernichtete. Die 47 Gäste aus Arnstorf wurden wohl im Schlaf überrascht. Da der Weg über den Flur und die Treppen von den Flammen versperrt war, flohen die meisten durch die Fenster und über den Balkon im ersten Stock.

Mitarbeiter der Eventfirma legten nach Auskunft der Feuerwehr Leitern an. Manche sprangen auch hinab. Sieben Verletzte wurden in Krankenhäuser gebracht, von ihnen schwebt laut Polizei niemand in Lebensgefahr. Doch die sechs Männer, alle zwischen 30 und gut 40 Jahre alt, waren unter dem Dach gefangen. Dichter Qualm muss ihnen den Weg auf den Balkon im zweiten Stock versperrt haben. Einer schaffte es noch hinaus, starb aber dort oben.

250 Feuerwehrleute rückten an, sie konnten den Brand wegen der extrem schwierigen Holzkonstruktion des Hauses nicht schnell genug löschen. Im Lauf des Samstags konnten die Opfer nur noch tot geborgen werden. Vermutlich starben sie an einer Rauchvergiftung.

Welche Ermittlungen nun laufen

Großbrand in einem Eventhotel

Nach dem Feuer beginnt die Suche nach den Ursachen der Katastrophe.

(Foto: dpa)

Nicht nur in Arnstorf und in Schneizlreuth ringen die Menschen in den Tagen nach dem Brand um Fassung. Der Passauer Bischof Stefan Oster gedachte der Toten, er wird am 15. Juni eine Messe in Arnstorf halten. "Ein unglaubliches Drama", sagt Staatskanzleichef Marcel Huber, der zum Gottesdienst nach Schneizlreuth gekommen ist. "Die Leute wollten miteinander etwas erleben, die Gemeinschaft sollte im Mittelpunkt stehen, und dann endet das in dieser Katastrophe."

Nach einer Zeit der Trauer beginne aber auch die Suche nach den Gründen. "Es muss natürlich die nächsten Tage die Aufarbeitung des Geschehens folgen. Die Untersuchung, wie zukünftig solche Dinge zu vermeiden sind."

Brandfahnder des LKA aus München und die Kriminalpolizei in Traunstein ermitteln. Alle Hinweise, die ihnen vorlägen, deuteten auf einen Defekt in der Elektrik als Brandursache hin, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd am Montag. Die Beamten hätten Teile der Anlage aus dem ehemaligen Bauernhaus sichergestellt.

Diese Woche würden sie nochmals nach Schneizlreuth fahren und dort prüfen, ob sich ihre Erkenntnisse mit der Elektrik im Gästehaus deckten. Daneben liefen routinemäßig natürlich Untersuchungen zum Brandschutz im etwa 800 Jahre alten Gebäude, sagte der Polizeisprecher.

Doch noch stehen Schock und Trauer im Vordergrund. Die Atmosphäre in der Arnstorfer Kirche sei während des Konzerts noch stiller gewesen als sonst. So ganz könne noch niemand fassen, was in der Nacht zu Samstag in Schneizlreuth geschehen sei, sagt Jürgen Böhm, Rektor der Realschule. In den Gesprächen danach auf dem Kirchhof sei der Brand Tabuthema und doch allgegenwärtig gewesen.

Die Firma Lindner ist groß, fast jeder hat Bekannte oder Verwandte, die dort arbeiten. "Die Betroffenheit ist tief, und viele bangen um Freunde oder Bekannte. Aber noch kennen wir keine Namen."

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