Festival:Nur der Regen war Zeuge

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Afrika-Tage leiden unter schlechtem Wetter

Von Jürgen Moises, München

Manchmal muss man erst um die ganze Welt oder bis auf den Mond reisen, um zu erkennen, dass das Glück, nach dem man jahrelang gesucht hat, in dem Dorf liegt, wo man losgezogen ist. Bei Stone Karim Mohamad, der diese Weisheit in einem Liedtext besingt, liegt dieses Dorf in Kamerun. Und auch in München. Denn dass die ganze Welt ein kleines Dorf ist: Das bekommt man bei Mohamads Auftritt mit seiner Formation Stone & the Banaba Guionia bei den Münchner Afrika-Tagen ebenfalls erzählt.

"Is the village ok?" Ist im Dorf alles okay? Mit dieser sympathischen Wendung fragt er denn auch immer nach, ob im Publikum alles in Ordnung. An dem Tag ist es das auch, zumindest wenn man die Frage auf die Wetterverhältnisse bezieht. Es ist an diesem Sonntagabend zwar bedeckt und für einen Mai-Abend recht kühl. Aber es ist trocken. Am Abend davor hatte es die entsprechend schlecht besuchten Open-Air-Auftritte von More Colours und Jahcoustix auf der Theresienwiese nämlich regelrecht zerregnet.

Auch bei Stone & the Banaba Guionia und dem nachfolgenden Konzert der Dissidenten hätte man sich ein paar Zuschauer mehr gewünscht. Im ersten Fall weil Stone Karim Mohamads poetische Afropopsongs, die er teilweise in englischer, französischer und afrikanischer Sprache vorträgt, durchaus eine Entdeckung sind. Im Grunde sind es vertonte Kurzgeschichten, sehr bildhaft in der Sprache. Woran man vielleicht merkt, dass Stone Karim Mohamad auch Dichter, Schriftsteller und Fotograf ist.

Weit gereist und überall zu Hause: das gilt natürlich auch für die Dissidenten. Vor 35 Jahren aus der Münchner Krautrockband Embryo hervorgegangen, gelten sie schon längst als Koryphäen deutscher Weltmusik. Nicht zuletzt deswegen, weil das bei ihnen nicht bedeutet, sich epigonal an fremde Musik anzulehnen. Sondern bei den Dissidenten entsteht der Weltklang aus Austausch und Kooperation.

Live stellen sich Roman Bunka, Uve Müllrich und Marlon Klein auch nicht ins Rampenlicht, sondern lassen stattdessen zunächst den marokkanischen Oud-Spieler Noujoum Ouazza und eine arabische Sängerin ans Mikrofon und spielen gemeinsam ein paar ihrer mitreißenden Wüstenrock-Hits wie "Song 4 A Rainbow" und "Fata Morgana". Danach betritt ein weiterer Gastsänger die Bühne: Mohamed Mounier, in Ägypten ein Popstar, Politaktivist und bekannter Filmschauspieler, in Deutschland kennt man ihn etwa durch seine Zusammenarbeit mit Adel Tawil. In seinen eindringlich im Arabesk-Gesang vorgetragenen Liedern verbindet er moderne Popmusik mit nubischer Tradition.

Die Dissidenten begleiten ihn solide, nehmen sich als Musiker, hat man das Gefühl, fast ein bisschen zu sehr zurück. Aber an diesem Abend ist eben Mohamed Mounier der Star, der von seinen Fans auch gebührend gefeiert wird.

© SZ vom 26.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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