Pfingstmeeting im Dantestadion:Elitäre Mittelschicht

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Starke Gastgeber, dazu eine WM-Norm von Speerwerfer Lars Hamann - beim Ludwig-Jall-Sportfest des PSV München tasten sich die meisten auswärtigen Leichtathleten und die Starter der LG Stadtwerke erfolgreich in die neue Saison hinein

Von Johannes Knuth, München

Lars Hamann war dann mal weg. Der Speerwerfer in Diensten des Dresdner SC verschwand, nachdem er beim Ludwig-Jall-Sportfest aufgetreten war, zunächst für ein Stündchen in der Kabine. Hamann war zur Dopingprobe gebeten worden, er musste zudem einen Termin beim Physiotherapeuten wahrnehmen. Während seines dritten Versuchs hatte er sich verletzt. "Irgendwas an den Rippen", lautete die Erstdiagnose, "und danach hab ich noch zwee Würfe draufgehaun'". Irgendeiner Rippe in Hamanns Körper dürfte das bedingt entgegengekommen sein. Andererseits war der fünfte Versuch irgendwie auch ganz gut gewesen. Hamanns Speer landete bei 82,89 Metern, Meetingrekord, gleichbedeutend mit Platz eins, noch wichtiger: der Zulassung für die Weltmeisterschaften im August in Peking.

Der ganz große Wurf ist in München Lars Hamann gelungen. (Foto: Claus Schunk)

Der PSV München hat am vergangenen Sonntag zum 30. Mal sein Pfingstmeeting veranstaltet. Seit einigen Jahren leisten sie sich ein sogenanntes Elitefeld, diesmal war Hamann die große Nummer. 2013 hatte er beim Pfingstmeeting hospitiert, 2014 pausierte er, der Fuß war gebrochen, diesmal schaute er erneut vorbei. Obwohl er drei Tage zuvor bei einem Meeting in Peking im Einsatz war. "Schöne Atmosphäre, schöne Anlage, macht Spaß", begründete der 26-Jährige seine Startmotivation.

Christina Hering holte ebenfalls einen Sieg in ihrer Disziplin. (Foto: Claus Schunk)

Hamann stand damit stellvertretend für die kleine Gruppe an prominenten Athleten, die sich das Dantestadion am Samstag ausgesucht hatten, um sich für die aktuelle Saison einzustimmen. Nicht alle Leichtathleten präferieren dafür ja die größeren Meetings, bei denen man leicht in der Anonymität verloren geht. In München haben die Sportler die kleinere Bühne für sich, in ausgewählten, qualitativ gut besetzten Startfeldern. Wobei sie bei den Organisatoren nichts dagegen einwenden würden, die Besetzung irgendwann einmal aufzustocken. Vorbild ist das prominent besetzte Meeting in Regensburg. "Irgendwann wollen wir da auch hin", sagt Olaf Gollnow, der beim Pfingstmeeting das Elitefeld zusammenbastelt. Die Ansätze waren in diesem Jahr schon mal gut. Auch wenn zwei Werbegesichter, die Gollnow verpflichtet hatte, etwas hinter den Erwartungen blieben. Felix Franz (LG Neckar-Enz), EM-Fünfter, hatte zuletzt intensiv trainiert, er geriet über die 400 Meter Hürden früh aus dem Rhythmus, beendete den stark bestückten Lauf in 52,83 Sekunden als Letzter; der Brite Jack Green gewann (50,02). Auch Juan Mendez, Speerwerfer aus Mexiko, überzeugte nur bedingt. Wobei das seiner Reiseplanung geschuldet war. Christian Gadenne, Geschäftsführer der LG Stadtwerke München, wollte Mendez Freitag am Flughafen in Empfang nehmen. Mendez kam nicht. Stunden später teilte sein Manager (der gerade in Dakar weilt) mit, man habe Mendez nach Bukarest umgeleitet, zu einem anderen Meeting. Ein Qualitätsverlust, den Hamann kompensierte.

Die Münchner 4×400-Meter-Staffel mit David Gollnow, Benedikt Wiesend, Kamghe Gaba und Johannes Trefz (v. li.) hat Grund zur Freude. (Foto: Claus Schunk)

Hamann vertrat in München gewissermaßen die Mittelschicht deutscher Leichtathletik, mit all ihren Stärken und Sorgen. Der 26-Jährige war 2013 Dritter der deutschen Meisterschaften, wirkte bei der WM in Moskau mit. Zuletzt, im Winter, nutzte er die für Speerwerfer mäßig prickelnde Hallensaison, um sich fortzubilden: Er startete für seinen Klub im Gewichtheben, in der Sachsenliga. Trotz aller Fortschritte tut er sich bis heute schwer, Sponsoren zu finden. Bis vor kurzem musste er in Dresden mit rostigen Speeren üben. Die neuen Arbeitsgeräte, tausend Euro pro Stück, bezahlte er selbst. Er hat einen Platz in der Sportfördergruppe der Polizei ergattert, das reicht zum Leben, aber der Sport, findet Hamann, "sollte sich irgendwie selbst tragen können". Dafür, dass die Öffentlichkeit von ihm Normen und Titel erwartet.

Wie sehr die lokalen Vertreter von den besten Athleten profitierten, zeigte der Auftritt von Jonas Bonewit (LG Stadtwerke). Kurz nach Hamanns WM-Wurf steigerte der 19-Jährige seine Bestleistung auf 76,54 Meter, er erfüllte damit die Norm für die U23-EM in Tallinn. Vereinskollegin Christina Hering verbesserte sich über die 400 Meter auf 53,58 Sekunden, in der kommenden Woche will sie ebenfalls die U23-Norm abhaken. Und auch Kamghe Gaba (LG Stadtwerke) war dankbar für die Gelegenheit, sich beim Pfingstmeeting in die Saison hineinzutasten. Gaba hatte sich im Winter an der Achillessehne verletzt, die inoffizielle Staffel-WM Anfang Mai verlief entsprechend schlecht. Am Samstag in München bot er trotz Wind und müder Beine starke 21,15 Sekunden über die 200 Meter an, kurz darauf ebenso starke 3:09,52 Sekunden mit der 4×400-Meter-Staffel. Gaba hatte sich nach den 200 Metern kurz hingelegt, "ich hätte die Staffel beinahe verpennt", gab er zu. In zwei Wochen wird er in Regensburg die Geschäfte über die 400 Meter aufnehmen. Dann voraussichtlich vollständig ausgeschlafen.

© SZ vom 26.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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