Kaderplanung beim FC Bayern:Lachen statt reden

  • Wie sehr wird sich der Kader des FC Bayern in den kommenden Wochen verändern? Das ist die derzeit spannendste Frage beim Rekordmeister.
  • Von Weiser über Pizarro bis Dante bleibt die Zukunft einiger Spieler ungeklärt.
  • Offiziell verabschiedet wird deshalb vorerst niemand.

Von Benedikt Warmbrunn

Das letzte Wochenende dieser Saison des FC Bayern gehörte dann auch einem Mann, der zuletzt nur noch eine Nebenfigur war. 73 Tage lang hatte er auf einen Auftritt warten müssen, immer wieder zurückgeworfen durch eine mysteriöse Verletzungsgeschichte, es war eine Zeit, die ihn, den Meister alle Streiche, schwer bedrückt hat. Nun aber konnte er noch einmal zwei Tage lang der Filou sein, als den sie ihn in dieser Stadt verehren, er konnte lachen und andere zum Lachen bringen. Das letzte Wochenende dieser stimmungsschwankenden Saison des FC Bayern gehörte auch Franck Ribéry.

Bevor der Franzose bei der Meisterfeier am Sonntag auf dem Marienplatz als einziger ein launiges Sprüchlein sagte, stand er jedoch erst einmal am Samstagabend ganz oben an der Treppe zu den Umkleidekabinen. Ribéry wartete in kompletter Fußballausrüstung, auch wenn er wieder einmal nicht gespielt hatte, die Arme hatte er hinter dem Rücken verschränkt. Ein paar Spieler ließ er an sich vorbeilaufen, dann aber kam Dante, der Innenverteidiger, der beim 2:0 (1:0) gegen den FSV Mainz in seinem 77. Bundesligaspiel für den FC Bayern zum 53. Mal ohne Gegentor geblieben war. Ribéry drückte die Brust nach vorn, schaute streng. Und zog hinter seinem Rücken eine rote Karte hervor. Dann lachte Ribéry. Und Dante lachte mit ihm.

Der FC Bayern hat am Wochenende einen Titel gefeiert, um den es dem Verein seit Monaten nicht mehr geht, zu überlegen war die Mannschaft in dieser Bundesliga-Saison. Es war eine Spielzeit, in der der FC Bayern eine Mischung hatte, in der zu wenig Ribéry steckte und manchmal ein bisschen zu viel Dante, und so verbarg sich zwischen all der Feierroutine am Wochenende die Frage, wie sehr sich dieser Kader in den nächsten Wochen verändern wird.

Es ging also auch um die Frage: Was weiß Franck Ribéry, der Mann mit der roten Karte?

Vor der Partie gegen Mainz verabschiedete der Verein keinen Spieler, nicht einmal Mitchell Weiser und Claudio Pizarro, deren Verträge Ende Juni enden. Weiser konnte zuletzt mit ein paar frechen Auftritten überzeugen, Pizarro zumindest am Sonntag mit ein paar frechen Selfies auf dem Rathausbalkon. Aber auch Dante, dessen Vertrag ja erst in zwei Jahren ausläuft, kennt seine Situation gut genug, um Ribérys Spaß als Anspielung zu verstehen.

Der Brasilianer weiß, dass seine Chancen sinken, sobald die vielen Verletzten zurückkehren, all die Badstubers und Martínez' und Alabas. Am Wochenende hat sich Dante jedoch zu seiner Zukunft ähnlich ausführlich geäußert wie all seine Mitspieler: Er sagte nicht ein Wort. Aber er lachte viel. Allein Ersatztorwart Pepe Reina deutete an, dass er wechseln werde; der SSC Neapel soll an ihm interessiert sein.

Rafinha singt wie Louis Armstrong

Die Spieler des FC Bayern wollten sich die gute Laune nicht wegdiskutieren lassen, auch wenn sie den Anhängern auf dem Marienplatz am Sonntag lediglich die Meisterschale präsentieren durften. "Trotzdem haben wir ausgelassen gefeiert", sagte Jérôme Boateng trotzig. Der Innenverteidiger brachte die Wortkombination "ausgelassen" und "gefeiert" noch in zwei weiteren Sätzen unter, er endete mit dem Hinweis: "Man hat auch an den Gesichtern gesehen, dass wir alle ausgelassen gefeiert haben." Boateng ließ allerdings offen, ob er von den Gesichtern am Samstagabend oder am Sonntag sprach.

Auch die anderen Mitglieder der Feiertruppe, zu der auch die Frauenmannschaft mit ihrer Meisterschüssel gehörte, betonten pflichtschuldig, wie kräftig sie am Samstag gefeiert hätten. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge erzählte, dass er die Feier im Postpalast um 5.15 Uhr verlassen hatte, seiner Erinnerung nach: als Letzter. "Wir hatten einen schönen Meisterabend", sagte er. Rafinha hatte gesungen wie Louis Armstrong, Robert Lewandowski getanzt wie Michael Jackson, und Trainer Pep Guardiola war so lange geblieben, dass er beim Empfang im Rathaus einen kräftigen Gähner unterdrücken musste.

Dennoch bleibt diese 25. Meisterschaft ein Nebenbei-Titel, zu früh war sie abzusehen, zu früh ging es dem Verein vor allem um den DFB-Pokal und die Champions League. "Wir wären gerne noch zweimal nach Berlin gefahren, da müssen wir nicht drum herumreden", sagte Rummenigge. Entsprechend zurückhaltend präsentierten sich die Spieler den 15 000 Fans auf dem Marienplatz, die meisten reckten die Schale nur kurz in die Höhe. Niemand lupfte kühn ein Bein über die Balustrade wie einst Louis van Gaal, der Höhepunkt war die Rede eines Nebendarstellers der vergangenen Monaten. Die Rede von Franck Ribéry. 2010 hatte er noch gesagt: "Isch abe gemacht funf Jahre mehr." Am Sonntag sagte er: "Ich bin noch zehn Jahre in München." Dann aber lachte er. Und hinter ihm lachte Rummenigge.

Schließlich griff sich noch Bastian Schweinsteiger das Mikrofon. Am Samstag hatte er in seinem 500. Pflichtspiel für den Klub das 2:0 gegen Mainz erzielt (zuvor traf Lewandowski vom Elfmeterpunkt) und später Kommentare zu seiner Zukunft abgewehrt; zuletzt gab es Spekulationen über einen Wechsel zu Manchester United. Schweinsteiger also griff zum Mikrofon, schaute auf die Menge vor ihm, die gespannt auf ein Treuebekenntnis wartete. Er ging in die Knie, dann sang er: "Wer nicht hüpft, der ist kein Roter, hey, hey."

Und Schweinsteiger hüpfte, hey, hey.

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