FC Augsburg:Rasenheizung zur Belohnung

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"Wir bleiben der FC Augsburg": Der Überraschungs-Fünfte der Fußball-Bundesliga will seine Europa-League-Millionen bedächtig ausgeben.

Von Sebastian Fischer, Augsburg/Mönchengladbach

Als die Zeit für große Worte gekommen war, nahm sich Klaus Hofmann das Mikrofon. Der Präsident des FC Augsburg steht bei Heimspielen gerne zwischen den Fans, jetzt stand er über ihnen, auf dem Augsburger Rathausbalkon. Er rief: "Das ist die beste Mannschaft, die wir je hatten!" Und die rund 4000 Menschen, die am Sonntagmorgen auf den Rathausplatz gekommen waren, der fußballhistorischen Bedeutung des Wochenende wegen - sie jubelten.

Der Weg des FC Augsburg auf Platz fünf, die beste Platzierung in 108 Jahren Vereinsgeschichte, und in den Europapokal, ist eine besondere Geschichte. Sie zeigt, was möglich ist, wenn die sportliche Führung einen klugen Plan verfolgt und einer über Jahre gewachsenen Mannschaft vertraut, diesen umzusetzen. Augsburg, das ist gerade Ausweis dafür, dass nicht immer das Geld gewinnt: Der FCA hat den zweitkleinsten Etat der Liga. "Hinter uns ist Schalke, hinter uns ist Dortmund", sagte Trainer Markus Weinzierl kopfschüttelnd am Samstag, nach dem 3:1 gegen Mönchengladbach, das den FCA noch am FC Schalke vorbei auf Platz fünf hievte. Am Sonntag berichtete der Trainer, er habe schon geträumt: "Von Liverpool, von Valencia und von Rom", möglichen Gegnern in der nächsten Saison.

Es ist ein Traum wahr geworden, den sie sich lange sträubten, zu formulieren. Und als Stefan Reuter im Frühjahr erstmals vorsichtig erklärte, gerne im Europapokal spielen zu wollen, schien das zunächst nach hinten los zu gehen: Von den neun folgenden Spielen gewannen die Augsburger nur eines. Mindestens Sechster waren sie seit dem zwölften Spieltag trotzdem immer. "Nicht auszudenken, wenn Augsburg auch noch eine starke Rückrunde gespielt hätte!", rief am Samstag in Mönchengladbach ein Außenstehender, der Gladbacher Stadionsprecher. Beim FCA denken sie trotz allem Stolz weiter in kleinen Dimensionen. "Die Europa League ist nicht die Champions League. Wir machen jetzt keine verrückten Sachen", sagt Manager Stefan Reuter: "Wir bleiben der FC Augsburg." Denn sie wissen, wo sie herkommen.

Tobias Werner hat davon noch mal berichtet, er kann das als dienstältestes Mitglied des Kaders sehr gut. Als er 2008 nach Augsburg wechselte, kam er mit der Aussicht auf baldigen Erstligafußball: "Ich hätte gelacht, wenn damals jemand von Europa gesprochen hätte." Werner hat sich vom guten Zweitligakicker zu einem starken, bisweilen herausragenden Bundesligaspieler entwickelt. Am Sonntag auf dem Rathausbalkon war er der erste, der zum Mikrofon griff und mit heiserer Stimme Lieder von Europa sang. Werner ist Führungskraft und Symbol des Augsburger Fußball-Märchens, aber kein Einzelfall. Auch Kapitän Paul Verhaegh, Taktgeber Daniel Baier oder Verteidiger Jan-Ingwer Callsen-Bracker haben schon in der zweiten Liga in Augsburg gespielt.

Weinzierl kam im Sommer 2012, Reuter ein paar Monate später, gemeinsam haben sie um das Gerüst der Aufstiegsmannschaft von 2011 das Team in jedem Jahr ein bisschen besser gemacht. Sie weckten damit Begehrlichkeiten: Weinzierl, 40, gilt als einer der talentiertesten Trainer in Deutschland. Bevor er seinen Vertrag im April bis 2019 verlängerte, hatte er Anfragen aus Leverkusen und Bremen. Doch seine Idee vom kontrollierten Offensivfußball will er weiter in Augsburg verwirklichen. Reuter, 48, verlängerte bis 2020.

Für den Manager bedeutet der Einzug in die Gruppenphase der Europa League ohne den Umweg der Qualifikation mindestens 2,4 Millionen Euro Einnahmen. Die Belastung wird natürlich höher in der kommenden Saison, doch Reuter sieht dem gelassen entgegen. Den Kader verbreitern? "Das haben wir längst gemacht", sagt er. In Gladbach fehlten Verhaegh und Torjäger Raúl Bobadilla, und wie zum Beweis entschieden drei Einwechselspieler die Begegnung: Shawn Parker flankte, Tim Matavz erzielte per Kopf das 2:1, Sascha Mölders das 3:1. Das 1:1 sah schon nach Europapokal aus, ein Kunstschuss von Pierre-Emil Hojbjerg aus über 20 Metern in den Winkel. Ob Hojbjerg bleiben wird, ein weiteres Jahr als Leihgabe des FC Bayern, ist genauso fraglich wie die Zukunft des europaweit begehrten Linksverteidigers Abdul Rahman Baba, für den Ghanaer bekäme der FCA immerhin eine hohe Ablöse.

Manager Stefan Reuter will den Kader nur punktuell verstärken

Am liebsten würden Reuter und Weinzierl die Mannschaft wohl gar nicht verändern. Doch das Team ist eines der ältesten der Liga, viele Spieler - Werner, 29, Baier, 31, Verhaeg, 31, - sind auf dem Zenit ihres Schaffens. Auch das ist eine Erklärung für den Erfolg, garantiert ihn aber nicht in der Zukunft.

Punktuell werde er den Kader verstärken, erklärt Reuter, der Etat wird leicht steigen. Doch lieber spielen sie in Augsburg im nächsten Jahr wieder im Tabellenmittelfeld, als Risiken einzugehen. Anders als bei anderen Klubs gab es zuletzt rund um den FCA auch kaum Transfergerüchte, nur mal ein halbes Gerüchtchen um den Außenverteidiger Mitchell Weiser vom FC Bayern. Trainer Markus Weinzierl hat sich ohnehin keinen neuen Spieler gewünscht, sondern einen Platz mit Rasenheizung. Der Platz, verriet Reuter am Samstag, wird im Sommer gebaut.

© SZ vom 26.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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