Nebenwirkungen der Pille:Thrombose-Risiko durch Pille ist höher als gedacht

Arzneimittelmarktreform

Die Pille gibt es von verschiedensten Herstellern - manche Präparate sind gefährlicher als andere.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Die Antibaby-Pille hat seit 50 Jahren den Sex grundlegend verändert. Doch der Preis, den Millionen Frauen für die Verhütung bezahlen, kann mitunter hoch sein. Eine neue Studie zeigt: Das Thrombose-Risiko durch die Einnahme der Pille ist höher als bisher angenommen.

Von Kathrin Zinkant

Jede zweite Frau, die nicht schwanger werden möchte, nimmt sie. Tag für Tag, meist viele Jahre lang. Die Pille hat den Sex in den vergangenen 50 Jahren komplett verändert. Doch die Frauen zahlen dafür auch einen Preis. Denn die am häufigsten verschriebenen Präparate erhöhen das Risiko, eine sogenannte Thrombose zu erleiden - einen potenziell lebensgefährlichen Verschluss der Blutgefäße durch einen Blutpfropf, der in den Venen entsteht.

Forscher der University Park in Nottingham haben nun mehr als 10 000 Fälle solcher Thrombosen in einer aufwendigen Studie genauer untersucht und gezeigt, dass sämtliche Kombinationspillen das Risiko für eine Venenthrombose erhöhen. Zudem fanden die Wissenschaftler, dass das Risiko bei einigen Zusammensetzungen viel stärker steigt als bislang gedacht - Präparate mit Desogestrel oder Cyproteron führten zu 14 zusätzlichen Thrombosen je 10 000 Frauen (BMJ, 2015, online).

Die neue Studie zeigt daher, dass die Risikoabschätzung für die oralen Kontrazeptiva längst nicht abgeschlossen ist. Die geläufigen Zahlen, die zum Beispiel in den Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) die Risikozunahme beziffern, sind inzwischen völlig überholt.

Einige Pillen sind schädlicher als bislang gedacht

So hatte die Europäische Arzneimittelaufsicht EMEA vor eineinhalb Jahren eine ausführliche Metaanalyse der erhältlichen Kombinationen vorgestellt. Das Gutachten ergab, dass Kombinationspillen mit Desogestrel, Gestoden oder dem sehr modernen und beliebten Drospirenon die Zahl der Thrombosen nicht nur von ein bis zwei Fällen je 10 000 Frauen pro Jahr auf das Drei- bis Vierfache steigern, wie das BzGA sagt. Sondern auf bis zu zwölf Fälle je 10 000 Frauen jährlich.

Die Experten der EMEA kamen dennoch zu dem Schluss, dass die Vorteile einer sicheren Familienplanung das Risiko überwiegen. Die Gefahr einer Thrombose bleibe - absolut betrachtet - immer noch gering.

Doch gerade im Vorfeld der EMEA-Untersuchung hatte sich gezeigt, wie schwer so ein geringes absolutes Risiko wiegen kann, wenn Frauen sterben. Vier solcher Todesfälle hatte es in Frankreich gegeben, alle standen in Zusammenhang mit einer sogenannten antiandrogenen Pille, die vor allem gegen hormonell bedingte Akne wirken soll.

Kein Lifestyle-Medikament fürs Äußere

Die verhütende Wirkung spielt dabei medizinisch betrachtet zwar eher die Rolle der Nebenwirkung, in der Realität der Patientinnen aber war das Kombinationspräparat Diane-35 immer eine Pille, die verhütet und ganz nebenbei noch die Haut schön macht. Entsprechend ließ sich das Präparat auch bewerben - ähnlich, wie der positive Effekt von Drospirenon-haltigen Pillen auf das Körpergewicht hervorgehoben werden konnte.

Die neue Studie macht deshalb auch einmal mehr klar: Die Pille ist kein Lifestyle-Medikament, das allein fürs Äußere eingenommen werden sollte. Das gilt insbesondere für jüngere Frauen, die zugleich oft mit Alkohol und Zigaretten experimentieren und ihr Risiko dadurch noch einmal massiv erhöhen.

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