Rede der Queen:Elisabeth II. kündigt Referendum zu EU-Austritt an

  • Königin Elisabeth II. hat mit "Her Majesty's most gracious speech" das neu gewählte Parlament eröffnet. Die Rede ist die Regierungserklärung der Konservativen.
  • EU-Referendum, weniger Einwanderer, weniger Regulierung, weniger Macht für Gewerkschaften, keine höheren Steuern - es ist ein klassisches konservatives Regierungsprogramm.
  • Großbritannien stehen Jahren voller Debatten und schwieriger Verhandlungen bevor.

Von Björn Finke, London

Das Wichtigste, zumindest aus Sicht ausländischer Regierungen, kommt nach fünf Minuten: Da kündigt Königin Elisabeth II. an, dass die Regierung die Untertanen der Regentin bis Ende 2017 über einen Austritt aus der EU abstimmen lässt.

Die 89-jährige Königin trug am Mittwochmittag eine Rede voller politischer Initiativen vor. Es war "Her Majesty's most gracious speech" - Ihrer Majestät gnädigste Rede -, mit der sie das neu gewählte britische Parlament eröffnete. Auf einem Thron im Oberhaus und mit der wuchtigen Imperial State Crown auf dem Kopf.

Die Rede schreibt der Premierminister, es ist die Regierungserklärung. Und da der konservative Premier David Cameron bei den Wahlen vor drei Wochen überraschend die absolute Mehrheit der Mandate gewann, ist es nun erstmals seit 1996 wieder eine Erklärung, die ganz allein die Handschrift der Konservativen, der Tories, trägt.

In den vergangenen fünf Jahren musste Cameron noch Rücksicht auf den kleinen Koalitionspartner, die Liberaldemokraten, nehmen. Jetzt hingegen ist Tories pur angesagt, und das ist schnell zu merken.

So bezieht sich die erste konkrete Ankündigung auf das Vorhaben der Konservativen, aus deren Sicht überflüssige Regulierungen für Unternehmen abzuschaffen.

Direkt danach kommt das Versprechen, in den kommenden fünf Jahren nicht die Einkommen- und Mehrwertsteuer und die Sozialabgaben zu erhöhen. Kurz darauf geht es um Einwanderer - genauer: darum, dass die Konservativen den Zuzug von Ausländern stärker begrenzen wollen. Als die Queen das vorträgt, sitzt neben ihr interessanterweise ein Immigrant, ihr Gatte Prinz Philip, geboren in Griechenland.

Die nächste Ankündigung wird in Großbritannien noch zu harten Auseinandersetzungen führen: Die Tories wollen "Gewerkschaften reformieren und wichtige öffentliche Dienstleistungen gegen Streiks schützen", erläutert die Königin mit gewohnt ausdrucksloser Stimme. Konkret soll in Betrieben, bei denen Streiks das öffentliche Leben beeinträchtigen würden, eine höhere Zustimmungsschwelle bei Urabstimmungen gelten. Die Gewerkschaften drohen erbitterten Widerstand an.

Weniger Einwanderer, weniger Regulierung, weniger Macht für Gewerkschaften, keine höheren Steuern - ein klassisches konservatives Regierungsprogramm, an dem die Eiserne Lady Margaret Thatcher ihre helle Freude gehabt hätte.

Zwei Ankündigungen, die das Königreich sehr verändern könnten

Nach fünf Minuten kommen dann die zwei Ankündigungen, die das Vereinigte Königreich langfristig am stärksten verändern könnten. Zunächst erklärt die Queen, dass im britischen Parlament bei Gesetzen, die England und Wales betreffen, demnächst eine Mehrheit der Abgeordneten aus England und Wales zustimmen muss. Klingt technisch, bedeutet aber, dass schottische Abgeordnete in solchen Fragen nichts mehr zu sagen hätten - sie wären Parlamentarier zweiter Klasse.

Die Reform ist eine Reaktion darauf, dass das schottische Regionalparlament mehr Kompetenzen erhält. Auf diese Art soll nun auch England mehr Selbstbestimmung bekommen. Doch ist das Vorhaben hoch umstritten; Kritiker befürchten, dass diese Abwertung schottischer Abgeordneter das Land spaltet und der ohnehin mächtigen Unabhängigkeitsbewegung im Norden weiter Auftrieb gibt.

Direkt danach folgt der Plan, ein Referendum über einen Austritt aus der EU abzuhalten und zuvor die Bedingungen der britischen Mitgliedschaft neu zu verhandeln. Premier Cameron will Kompetenzen zurück nach London holen und es für Einwanderer aus EU-Staaten schwerer machen, Sozialleistungen zu beantragen. Viele andere europäische Regierungen halten von diesen Wünschen aber gar nichts.

Die Rede der Königin ist nach zehn Minuten vorbei. Ambitionierte und umstrittene Vorschläge sind eben schnell formuliert und vorgelesen. Die Umsetzung dagegen wird lange dauern: Das Vereinigte Königreich steht nun vor mehreren Jahren voll heftiger Debatten und schwieriger Verhandlungen.

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