Umweltmonitoring per Satellit:Das Leuchten des Waldes

Satellite Photo Of Dolomite Mountain Range

Leuchtet da was? Satellitenaufnahme der Dolomiten.

(Foto: Getty Images)

Pflanzen geben eine schwache Fluoreszenz ab, die Satelliten erfassen. Auf dem Umweg über das All erhoffen sich Forscher so bessere Daten über Fotosynthese und CO2-Verbrauch.

Von Andrea Hoferichter

Wenn Pflanzen Fotosynthese betreiben, schlucken sie nicht nur Sonnenlicht, sondern schicken auch ein schwaches Leuchten zurück ins All. "Mit bloßem Auge ist das Leuchten nicht zu sehen", sagt Xi Yang von der Brown University in Rhode Island, USA. Der Wissenschaftler konnte aber zeigen, dass es sich mit Spektrometern einfangen lässt, die auf Satelliten die Erde umkreisen (Geophysical Research Letters). "Wir bekommen dadurch Informationen über die Fotosynthese-Aktivitäten aller Laubwälder weltweit", sagt Yang. Und weil bei der Reaktion Kohlendioxid in Biomasse umgesetzt wird, liefert der Blick aus dem All auch wertvolle Daten für globale Kohlenstoffbilanzen.

Für ihre Untersuchungen haben die Forscher in einem Waldgebiet im US-Bundesstaat Massachusetts baumhohe Messtürme mit Fluoreszenzspektrometern und Kohlendioxidsensoren bestückt und einen Sommer lang Daten gesammelt. Die gemessenen Fluoreszenzwerte stimmten mit jenen aus dem Orbit sehr gut überein, und die Kohlendioxidaufnahme der Bäume passte zu den aus dem Leuchten errechneten Fotosynthese-Aktivitäten.

Seit rund zehn Jahren versuchen Forscher weltweit Alternativen zu den traditionellen Verfahren zu finden. Turmmessungen etwa erfassen in der Regel maximal einen Quadratkilometer Wald und geben kein globales Bild.

Präzise Daten könnten aus dem All kommen

Satellitengestützte Verfahren wiederum liefern zwar weltweite Daten, sind aber nur bedingt aussagekräftig. Sie fußen auf sogenannten Vegetationsindizes und zeigen die Erde in verschiedenen Grünschattierungen. Weil der Blattfarbstoff Chlorophyll manche Wellenlängen des sichtbaren Lichts und nahen Infrarotbereichs schluckt und andere wegspiegelt, lassen die Messungen Rückschlüsse auf die Dichte grüner und damit mutmaßlich fotosynthetisch aktiver Pflanzen zu.

"Diese alte Methode hat gleich mehrere Schwachpunkte", sagt Luis Guanter vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam. So können Schnee und Schatten die Ergebnisse verfälschen. Auch für Nadelwälder sei die Aussagekraft begrenzt. Obwohl das Grün hier selbst in der kalten Zeit kaum verblasst, sinkt die Fotosynthese-Aktivität mitunter deutlich. "Fluoreszenzmessungen zu nutzen, ist deshalb ein Riesenfortschritt", betont der Forscher. Dass sie selbst für den Härtefall der immergrünen und oft schneebedeckten Wälder in nördlichen Gefilden gute Ergebnisse liefern, zeigen Untersuchungen von Guanters Doktorandin Sophia Walther.

Auch Fluoreszenzmessungen haben Schwächen

Geht es um landwirtschaftlich genutzte Flächen, hat das neue Verfahren ebenfalls die Nase vorn. Vegetationsindizes unterschätzen den Kohlendioxidumsatz zum Teil drastisch, wenn große, gut gedüngte Äcker vor sattem Grün nur so strotzen. Das macht sich besonders auf großen Monokulturen wie im Maisgürtel Amerikas bemerkbar. Die Konzentration des Blattfarbstoffs in den gepäppelten Kulturpflanzen sei extrem, erklärt Guanter. "Wir glauben, dass die Indizes zwischen sehr grün und sehr, sehr grün nicht unterscheiden können."

Doch auch Fluoreszenzmessungen haben Schwächen. Sie liefern nur eine Zahl für Flächen von 40 mal 80 Kilometern, nicht für 250 mal 250 Meter wie die Vegetationsindizes. "Spektrometer waren ja ursprünglich gar nicht für solche Zwecke gedacht", erklärt Guanter. Es sei vielmehr ein Zufall gewesen, dass Weltraumforscher vor ein paar Jahren auf die Möglichkeit gestoßen sind, das Pflanzenleuchten zu erfassen. Besserung ist aber in Sicht. Mit Daten der aktuellen NASA-Satellitenmission OCO-2 und ab 2016 auch vom europäische Satelliten Sentinel-5-Precursor könnte die Auflösung um das Hundertfache steigen.

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