Hamburger 1:1 gegen Karlsruhe:Nur Ivo Ilicevic hält den Dino am Leben

Hamburger SV's Ivo Ilicevic celebrates after scoring against Karlsruhe SC during their German Bundesliga first leg relegation playoff soccer match in Hamburg

Schafft den glücklichen Ausgleich gegen Karlsruhe: HSV-Profi Ivo Ilicevic

(Foto: REUTERS)
  • Rouwen Hennings bringt den Karlsruher SC in Führung. Der Zweitligist ist die bessere Mannschaft und trifft anschließend noch zweimal die Latte.
  • Ivo Ilicevic trifft für den HSV aus dem Nichts - und lässt den HSV weiter auf den Klassenverbleib hoffen.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Im weiten Stadionrund sangen die Männer einen Choral, der nach trotzigem Überleben klang, und unten auf dem Rasen versuchten die Spieler des HSV, diesen störrischen Fußball noch mal in ihrem Sinne zu bewegen. Sie schafften es nicht mehr, und doch hatten sie am Ende dieses ersten Relegationsspiels um den letzten freien Platz in der Bundesliga gegen den Karlsruher SC so etwas wie einen moralischen Sieg errungen.

Das 1:1 (0:1) im eigenen Stadion ist bestimmt kein Wunschergebnis gewesen für die Hamburger, phasenweise wirkten sie so hilflos, als gäbe es keine Rettung mehr für sie gegen die kompakten Gäste. Aber dann hatten die Hamburger das Glück der Unabsteigbaren, und wenn ihnen das im Rückspiel am Montag, 19 Uhr, treu bleibt, wir der alte HSV auch in der nächsten Saison wieder ein Mitglied der höchsten deutschen Spielklasse sein. Sicher sein kann sich der HSV dessen allerdings nicht, denn auch wenn er sich am Schluss kämpferisch zeigte und sich das Unentschieden verdiente - eine souveräne Leistung ist das nicht gewesen vom Bundesliga-Gründungsmitglied, im Gegenteil.

Die meiste Zeit bekamen die Zuschauer in Hamburg vom HSV eine Mannschaftsleistung geboten, die sich aus Orientierungs- losigkeit und tausend Fehlern zusammensetzte, und man durfte sich fragen: Wäre es nicht langsam an der Zeit, dass dieser Tradtionsverein mal die Quittung für seine seltsame Fußballerei bekommt?

Witz oder Esprit verlangt vom HSV schon lange keiner mehr. Nach der zweiten Saison im Tief haben sich die Anhänger abgewöhnt, Zaubereien von ihrer Mannschaft zu verlangen. Die Ahnung einer Spielidee könnte ihnen schon gefallen, eine Ordnung im Aufbau, im Stellungsspiel, bei den Laufwegen. Aber das funktioniert nicht richtig. Auch Trainer Bruno Labbadia hat diese Mannschaft in den wenigen Wochen seines Wirkens nicht in eine kompakte Einheit verwandeln können, und so hatte sie Probleme gegen einen KSC, der nach einer erfolgreichen Zweitliga-Runde voller Selbstbewusstsein nach Hamburg gekommen war und genau das hatte, was dem HSV fehlte: Orientierung, Ordnung.

An der medizinischen Abteilung immerhin hat es nicht gelegen. Die zeigte eine gewisse Bundesliga-Reife, weil sie sämtliche Patienten aus dem ersten HSV-Sturm so behandelte, dass sie in der Startelf stehen konnten. Pierre-Michel Lasogga war rechtzeitig von seinen Schulterbeschwerden befreit, Ivica Olic konnte spielen, obwohl in den Vorberichten zum Spiel immer wieder von seinen Rückenschmerzen zu hören gewesen war. Und der alte, schmerzgeplagte Olic hätte es seinen Heilern sogar fast gedankt, als er nach drei Minuten einen Kopfstoß Richtung Tor lenkte. Der Ball strich nur knapp über die Latte.

Vom HSV kam nach dem Rückstand nicht viel

Doch dann war die gute Anfangsstimmung plötzlich dahin, die unermüdliche HSV-Fans mit Fahnen und Gebrüll angefacht hatten. Rouwen Hennings, ein früherer Jugendspieler des HSV, vor dem Spiel ebenfalls angeschlagen und als Wackelkandidat geführt, durfte unbehelligt einen Pass aufnehmen und von der linken Strafraumecke aus abziehen. Da beulte sich das Netz. Die HSV-Kurve verstummte, und auf der anderen Seite jubelten die Badener. 0:1. Konnte das wahr sein?

"Der Schock saß tief", sagte Labbadia, "und wir sind nicht der FC Bayern, der gegen eine so engmaschige Mannschaft offen spielen kann."

Eine schnelle Reaktion hätte dem HSV geholfen. Aber es kam keine schnelle Reaktion. Im Gegenteil, eine allgemeine Verwirrung schien um sich zu greifen im HSV-Team. Es war, als schwebe ein riesengroßes Fragezeichen über den Köpfen der Hamburger. Was tun? Wie umgehen mit diesem ungnädigen Spielgerät, das sich einfach nicht in die richtige Richtung zwingen lässt? Kein Sturm brach los. Keine Welle der Entschlossenheit gegen die robusten Karlsruher. Olic setzte einen Flachpass ins Seitenaus. Ratlos schaute er dem Ball nach. Später gab Lasogga einen gefährlichen Distanzschuss ab.

Torres und Nazarov scheitern an der Latte

Ein Lebenszeichen? Eine Einzelleistung, mehr nicht. Vielleicht nach der Pause? Weil es ja vorkommen kann, dass eine Mannschaft wie verwandelt aus der Kabine kommt? Aber zunächst stimmte nicht einmal das Klischee. Stattdessen setzten die Karlsruher Manuel Torres und Dimitrij Nazarov in der 53. Minute zwei Lattentreffer nacheinander. Erst jetzt inszenierten die Hamburger ein Aufbäumen. Verzweifelt feierten die Fans jede Aktion, die Torgefahr verhieß. Die Angriffe verpufften - bis der eingewechselte Dennis Diekmeier plötzlich Ivo Ilicevic freispielte und der die Chance nutzte. Ausgleich. Jubel. Hoffnung.

Karlsruhes Trainer Markus Kauczinski trug den Gegentreffer mit Fassung. "Wir haben eine gute Leistung abgeliefert", lobte er, "wir können vor allem mit dem Auswärtstor klasse leben." Und Bruno Labbadia sagte aus seiner Erleichterung heraus: "Wir liegen immer am Boden, stehen immer auf, deshalb sollte man uns nicht abschreiben." Dabei wirkte dieses späte Tor eher wie ein Zeichen dafür, dass irgendein Fußballgott nicht will, dass der Hamburger SV in die zweite Liga muss.

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