Parlamentswahl in der Türkei:Grünen-Chef Özdemir vergleicht Erdoğan mit Putin

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  • Cem Özdemir, der Vorsitzende der Grünen, kritisiert den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Er beklagt besonders die Einmischung des Präsidenten in den laufenden türkischen Wahlkampf.
  • Die Grünen haben Türken in Deutschland für die Wahl am 7. Juni empfohlen, ihre Stimme der prokurdischen HDP zu geben.

Mit der "Abrissbirne" gegen demokratische Institutionen

Vor der Parlamentswahl in der Türkei hat Grünen-Chef Cem Özdemir den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin verglichen. "Erdoğan verwandelt sich zunehmend zu einem autoritären Herrscher mit putinesken Zügen", sagte Özdemir der Deutschen Presse-Agentur. Gegen demokratische Institutionen gehe Erdoğan mit der "Abrissbirne" vor. Erdoğans Türkei erinnere ihn inzwischen an Putins Russland.

Özdemir kritisierte, dass Erdoğan vor der Wahl am 7. Juni offen die Opposition angreife und damit aktiv Wahlkampf betreibe. "Von richtig fairen Ausgangsbedingungen kann man da nicht wirklich sprechen."

Nach der türkischen Verfassung ist der Präsident zur Neutralität verpflichtet. Erdoğan wirbt aber immer wieder indirekt für die Wahl der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP. An diesem Samstag ist ein gemeinsamer Auftritt Erdoğans mit dem Ministerpräsidenten und AKP-Chef Ahmet Davutoğlu in Istanbul geplant.

Türkischer Staatschef Erdoğan
:Wahlkampf eines Verzweifelten

Was glaubt dieser Mann eigentlich, wer er ist? Staatspräsident zu sein, so wie die Verfassung das Amt definiert, genügt Recep Tayyip Erdoğan jedenfalls nicht. Deshalb keilt er gegen Kritiker und mischt sich in den türkischen Parlamentswahlkampf ein. Ein Trauerspiel.

Kommentar von Mike Szymanski

Die Grünen haben zur Wahl der prokurdischen HDP aufgerufen

Erdoğans Verhalten lasse erahnen, was der Türkei drohe, wenn die AKP ausreichend Sitze für eine Verfassungsänderung erhalte, sagte der Grünen-Vorsitzende Özdemir. Dann will die AKP ein Präsidialsystem mit Erdoğan an der Spitze einführen. "Das, was sich Präsident Erdoğan vorstellt, hätte mit einer präsidialen Demokratie, wie wir sie aus den USA oder Frankreich kennen, nicht mehr viel gemein", sagte Özdemir.

Die Grünen haben Türken in Deutschland zur Wahl der prokurdischen HDP aufgerufen. Sollte die HDP die Zehn-Prozent-Hürde überwinden, dürfte eine verfassungsändernde Mehrheit für die AKP kaum realistisch sein. "Einzug und Nichteinzug der HDP wird über den weiteren Verlauf der Türkei entscheiden. Aber eben auch darüber, welche Stellung Erdoğan und die AKP künftig noch haben", sagte Özdemir.

Das Ergebnis der Wahl sei auch für Deutschland von hoher Bedeutung, sagte der Grünen-Chef. "Eine positive, demokratische Entwicklung der Türkei hat natürlich auch einen Einfluss auf das Zusammenleben hier von Menschen türkischer Herkunft und der Mehrheitsgesellschaft." Noch bis Sonntag können etwa 1,4 Millionen türkische Staatsangehörige in Deutschland ihre Stimme abgeben.

© Süddeutsche.de/dpa/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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