1860-Stürmer Okotie:Edle Gestalt wird ruppig

29 05 2015 Fussball Saison 2014 2015 Relegation Hinspiel Holstein Kiel TSV 1860 München im Hols

Enttäuscht und sauer: Rubin Okotie bei seiner Auswechslung in Kiel.

(Foto: imago/MIS)

Torjäger Rubin Okotie ist die große Hoffnung des TSV 1860 München in den Relegationsspielen um den Zweitliga-Verbleib. Eigentlich. In Kiel zeigt er, dass ihm die richtige Einstellung zum Beruf fehlt.

Von Thomas Hahn, Kiel

Es ging durchaus eine Gefahr von Rubin Okotie aus, dem Stürmer des TSV 1860 München, beim ersten Relegationsspiel um den letzten freien Platz in der zweiten Bundesliga bei Holstein Kiel. Das hat der Löwen-Trainer Torsten Fröhling auf Nachfrage gerne bestätigt, allerdings ging es dabei nicht um die Gefahr, die sich ein Coach von seinem Angreifer wünscht. Okotie entfachte nämlich keine Torgefahr, sondern ein Risiko für die eigene Mannschaft. "Bei Rubin war nachher gefährlich, dass wir vielleicht mit zehn Mann weiterspielen", sagte Fröhling und erklärte damit, warum er den österreichischen Nationalspieler beim 0:0 in der schleswig-holsteinischen Hauptstadt schon nach 55 Minuten vom Feld geholt hatte.

Rubin Okotie, 27, ist Segen und Fluch zugleich für den TSV 1860. Sein Talent ist unbestritten, er ist Absolvent der Frank-Stronach-Fußballakademie in Österreich, und an guten Tagen kann er Spiele entscheiden. Vor allem in der Hinrunde hat sich Okotie bei den Löwen immer wieder bewährt. Zum Beispiel bei deren Pokalauftritt in Kiel im September, als Okotie Holstein praktisch im Alleingang erlegte. Okotie erzielte damals erst den Ausgleich und verwandelte dann den Elfmeter zum 2:1-Sieg, den er selbst geschunden hatte.

Sogar bei der umkämpften Relegationspartie am Freitagabend schaffte Okotie was. "Er hat immer zwei Leute gebunden, weil die Kieler Respekt vor Rubin hatten", sagte Fröhling. Viel mehr allerdings gelang Okotie nicht, stattdessen unterlief ihm jenes Foul in der 54. Minute, das Fröhling zum Handeln zwang. Mit beiden Beinen voraus rauschte er dem Kieler Kapitän Rafael Kazior in die Seite. Aufregung auf den Rängen, wilde Empörung. Und so entschlossen, wie Schiedsrichter Florian Meyer sich den Münchner zur Seite nahm, musste man schon fast damit rechnen, dass es einen Platzverweis geben würde. Meyer zeigte dann nur die gelbe Karte, aber Fröhling verstand. Okotie war nicht Herr seines Temperaments. Er musste gehen.

Okotie gestikuliert in Richtung des Trainers

Eine Affäre hätte aus der Auswechslung nicht werden müssen, sowas kann ja wirklich mal vorkommen, dass einer im Eifer die falsche Gangart wählt. 1860 leistete sich in Kiel ohnehin zu viele Fouls, Okotie lag also im Trend mit seiner Ruppigkeit. Er hat es dann aber trotzdem geschafft, seinen Austausch gegen den Kollegen Marius Wolf zum Thema des Abends zu machen.

Denn Rubin Okotie konnte nicht verbergen, dass ihm die Auswechslung nicht gefiel. Er gestikulierte in Fröhlings Richtung, und diese Gesten sagten: Wie kann das sein, dass meine edle Gestalt vom Feld gehen muss, der ich doch die weißblau gewordene Torgarantie bin?

Selbstüberschätzung ist ein verbreitetes Phänomen unter Profifußballern, aber in diesem Abstiegsfinale bestätigte sich anschaulich, dass in der aktuellen Löwen-Mannschaft gerade ein paar Einzelunternehmer unterwegs sind, denen das eigene Wohl wichtiger ist als das des Vereins. Dabei wäre Zusammenhalt so wichtig für 1860, jetzt, da dem Klub der Absturz in die Drittklassigkeit droht.

Leicht hat es Okotie im Holsteinstadion nicht gehabt, das konnten ihm seine Kritiker zugestehen. Kiel verteidigte mit Hingabe. Trotzdem war für die Löwen-Gemeinde schwer zu verstehen, warum dieser gar nicht mehr so junge Fußballer offene Zeichen des Zorns setzen musste. Er erklärte das nach dem Spiel auch nicht. Rubin Okotie schwieg, und so behielten seine Betrachter den Eindruck zurück, dass diesem veranlagten Fußballer die richtige Einstellung zu seinem Beruf fehlt.

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