G-7-Demonstration in München: "Ihr baut Druck auf die in Elmau auf"

'Gemeinsam gegen Armut' anlässlich des G7-Gipfels

"Gemeinsam gegen Armut": US-Sänger Usher (l.) und die Moderatoren Michael Mittermeier und Shary Reeves (r.) bei der Veranstaltung auf dem Münchner Königsplatz.

(Foto: dpa)

Musikstars, Politiker und eine Friedensnobelpreisträgerin: Auf dem Münchner Königsplatz demonstrieren Tausende für ein größeres Engagement gegen Armut. Ein lautstarker Appell an die Mächtigen beim G-7-Gipfel.

Von Thomas Anlauf

An zwei Mülleimern lehnt ein Transparent an Besen: "Wie fühlt sich das an, über Leichen zu gehen, Demokraten der Welt?" Eine junge Frau mit schwarzem Shirt, auf dem schlicht "One" steht, fotografiert die kleine Szene. Sie kommt aus Kanada und ist eine von 250 Jugendbotschaftern der Hilfsorganisation, die anlässlich des G-7-Gipfels nach München gekommen sind. "Die Welt muss sich endlich ändern, wir müssen doch den Armen helfen", sagt sie.

An diesem Samstagnachmittag sind die jungen Leute mit ihren schwarzen T-Shirts zunächst in der Mehrheit am Königsplatz. Es ist brütend heiß, viele Münchner sind offenbar lieber im Biergarten oder in Schwimmbädern als dafür zu demonstrieren, dass die weltweite Armut effizienter bekämpft wird.

Dabei hat sich hier am Königsplatz eine ungewöhnliche Allianz gebildet: Sieben große Nicht-Regierungsorganisationen, darunter die Welthungerhilfe, World Vision, Global Citizen und Plan Deutschland, haben sich für die Veranstaltung "United against Poverty - Zusammen gegen Armut" zusammengeschlossen. Und es kommen viele Prominente oder schicken Grußbotschaften. "Ihr macht etwas wirklich Wichtiges", sagt der Sänger Bono, "Ihr baut Druck auf die in Elmau auf." Und ergänzt dann auf Deutsch: "Zusammen gegen Armut. Wir können es schaffen." Bono hat seine Videobotschaft an die Münchner Demonstranten aus Denver geschickt, doch die applaudieren, als stünde der Star auf der Bühne.

Eher Happening als wütender Protest

Die Veranstaltung am Königsplatz wirkt auch eher wie ein großes Happening als eine wütende Protestaktion. Von 13 Uhr an füllt sich der Platz langsam, die meisten fliehen gleich vom Eingang in die spärlichen Schattenplätze. Es sind am späten Nachmittag mehrere Tausend, die sich versammelt haben. Vor allem auf den Stufen zur Antikensammlung sitzen Hunderte, die zunächst von einer Mitarbeiterin des Museums verscheucht werden. Doch offenbar haben die am Platz einzeln in Grüppchen stehenden Polizisten mehr Einsehen mit den schwitzenden Menschen: Sie geben die Treppe frei für etwa 300 Leute, die das Programm von dort aus beobachten können.

Da ist zunächst die ehemalige Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die ebenso wie später Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth, nur ungern die Bühne wieder verlässt. "Bei G-7-Gipfeln, das ist meine Erfahrung, bewegt sich nur etwas, wenn die Menschen auch fordern", sagt die SPD-Politikerin Wieczorek-Zeul. Und die Grüne Roth ruft der Menge zu: "Ich freue mich, dass Ihr hier seid, weil Ihr es nicht aushalten wollt, dass über eine Milliarde Menschen in Armut und Hunger leben."

Das Ziel: Eine Welt ohne Hunger

Der amtierende Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ist zunächst nicht auf der Bühne vor den Propyläen, der CSU-Politiker schlendert, umringt von Sicherheitsleuten, an den zahlreichen Infoständen entlang. Ein Demonstrant, der neben der Menschentraube um Müller steht, zuckt mit den Achseln und sagt: "Was wäre eigentlich, wenn hier wirklich ein Prominenter kommen würde?" Der kommt später tatsächlich: Erst rockt Schauspieler Jan Josef Liefers mit seiner Band Radio Doria auf der Bühne und gibt sich politisch: "Deutschland ist, was Waffenexporte angeht, auf der Absahnerliste auf Platz drei." Und der Tatort-Kommissar, der an diesem Samstag mit einem Shirt von "Global Citizen" auftritt, kritisiert die enormen Kosten für den G-7-Gipfel in Elmau. Die mittlerweile eingestellte Seenotrettung für Flüchtlinge im Mittelmeer "kostet in einem Jahr weniger als der G-7-Gipfel." Der musikalische Star auf der Prominenten-Gala hat aber erst deutlich später seinen kleinen Auftritt: US-Rapper Usher. Der Sänger engagiert sich wie auch die anderen Musiker und Schauspieler für soziale Zwecke.

Die Präsidentin von Liberia, Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson Sirleaf, richtet schließlich einen flammenden Appell an die Staats- und Regierungschefs. "Ich glaube daran, dass die Welt die extreme Armut überwinden kann." Dafür müssten sich die G 7 und alle staatlichen Führer einsetzen. Denn mehr als drei Milliarden Menschen lebten von zweieinhalb Dollar pro Kopf und Tag. Ihr antwortet Entwicklungsminister Müller direkt im Anschluss auf der Bühne: "Wir haben alle ein gemeinsames Ziel: eine Welt ohne Hunger. Unser Planet kann alle ernähren, und es ist zynisch, es nicht zu tun. Die G7 muss sich diesem Ziel verpflichten: eine Welt ohne Hunger."

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