Kommentar:Eine Chance geht verloren

Wenn die Klinikpartnerschaft mit Rechovot scheitert, ist die Aussicht auf eine Städtepartnerschaft mit einer israelischen Kommune in Gefahr

Von Helmut Zeller

Ausgerechnet im 50. Jahr der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland blamiert sich Dachau mit seinem Versöhnungsprojekt. Das ist kein gutes Signal aus einer Stadt, deren Name noch heute weltweit für die Gräuel des Naziregimes steht. Es ist auch nicht gut für die Stadt selbst, die sich inzwischen etwas hochtrabend als Lern- und Erinnerungsort bezeichnet. Schließlich würde ein endgültiges Scheitern der Klinikkooperation das Herzstück der offiziellen Erinnerungspolitik treffen: eine Städtepartnerschaft mit einer israelischen Kommune, die nach Peter Bürgel auch der neue Oberbürgermeister Florian Hartmann verfolgt, würde in noch weitere Ferne rücken. Die Stadt trägt an dieser Entwicklung jedoch keine Schuld. Der Oberbürgermeister gehört nicht einmal dem Förderverein an. Das ist mehr als erstaunlich und wirft die Frage auf, ob das vielleicht daran liegen kann, dass Hartmann der SPD angehört und deshalb nicht eingebunden wird?

Aber auch die Stadt sollte sich in dieser Sache mehr engagieren, nicht am Rande stehen bleiben: Nicht nur hat Hartmanns Vorgänger ganz wesentlich zum Start der Kooperation beigetragen. Es geht doch vor allem um Dachau - der Stadt galt die Versöhnungsgeste der Israelis. Dabei darf man nicht vergessen: Die beiden Initiatoren und auch die Klinikleitung haben einiges riskiert. Sie mussten durchaus viel Überzeugungsarbeit in Rechovot leisten, denn der Name Dachau erweckt nun einmal - verständlicherweise - Skepsis und Abwehr.

Der Förderkreis wird durch das Finanzamt tatsächlich blockiert. Vielleicht hilft es, wenn jetzt der Vereinszweck etwas weniger blauäugig formuliert wird. Dennoch fragt man sich, wie profilierte Politiker, zwei sind immerhin und in nicht unwichtigen Positionen noch aktiv, die Angelegenheit zwei Jahre derart schleifen lassen konnten. Sicherlich fiel der Beginn der Kooperation bald schon in eine Zeit des Umbruchs, in der andere Fragen vordringlicher zu klären waren. Inzwischen sollte sich der Klinikkonzern Helios jedoch schon mal äußern - oder hat ihm niemand erklärt, dass er mit dem Krankenhaus auch eine politische Verantwortung übernommen hat. In Rechovot fürchtet man, dass man es in Dachau vielleicht doch nicht so ernst gemeint hat. Die Dachauer Seite ist drauf und dran, eine einmalige Chance zu verspielen, die Chance, Geschichte zu schreiben, wie das Abba Naor genannt hat.

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