Bad Tölz-Wolfratshausen:Womöglich kontraproduktiv

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Polizei und ADFC im Landkreis halten wenig von dem Vorschlag, die Promille-Grenze für Radler abzusenken

Von Erik Häußler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Deutsche Verkehrswacht (DVW) hat sich Ende Mai dafür ausgesprochen, die Promillegrenze für Fahrradfahrer von derzeit 1,6 Promille auf 1,1 Promille abzusenken und somit schon früher als bisher von einer Ordnungswidrigkeit auszugehen. Hintergrund ist, dass bundesweit die Zahl von Verkehrsunfällen mit Personenschäden durch alkoholisierte Fahrradfahrer gestiegen ist - zwischen 2010 und 2012 um fast sieben Prozent auf 3726 Fälle.

Im Einzugsgebiet des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd kam es im vergangenen Jahr zu 72 Verkehrsunfällen mit alkoholisierten Radfahrern, dabei wurden 69 Menschen verletzt, 18 davon schwer. Im Vergleich zu den Vorjahren sind diese Zahlen, im Gegensatz zu denen aus dem Bundesgebiet, aber rückläufig. Bei den Schwerverletzten ging die Zahl von 34 im Jahr 2010 auf 18 im vergangenen Jahr zurück. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen ist die Zahl der Verkehrsunfälle mit betrunkenen Radfahrern von 15 im Jahr 2010 auf nur noch drei im vorigen Jahr gesunken, schwer verletzt oder gar getötet wurde dabei zum Glück niemand.

Die DVW beruft sich bei ihrer Forderung auf Studien der Universitäten Mainz und Düsseldorf. Diese hätten merkliche Leistungsausfälle schon bei 1,1 Promille gezeigt. Aufgrund dieser Erkenntnisse erscheint es der DVW sinnvoll, bereits bei dieser Grenze die Fahrradfahrer mit einer Ordnungswidrigkeit zu belangen.

Eine Forderung, die bei den Polizeidienststellen in der Region unterschiedlich aufgefasst wird. "Natürlich macht es Sinn, über die Herabsetzung der Promillegrenze nachzudenken. Es wäre den Aufwand sicherlich wert, um die Zahl der Unfälle mit betrunkenen Fahrradfahrern zu reduzieren", sagt ein Sprecher des Polizeipräsidiums München.

Für Michael Bayerlein von der Polizei in Penzberg steht der Schutz der Radfahrer im Vordergrund: "Gerade bei Fahrradfahrern ist die Verletzungsgefahr aufgrund des gestörten Gleichgewichtssinns durch Alkohol hoch." Er erhofft sich einen positiven Effekt: "Eine Änderung des Gesetzes könnte dazu beitragen, die Bevölkerung überhaupt mal aufmerksam zu machen, dass es eine solche Promillegrenze auch fürs Fahrrad gibt." Häufig erklärten ihm betrunkene Radfahrer bei Kontrollen, sie hätten gerade wegen des Alkoholkonsums das Auto stehen gelassen und stattdessen das Rad genommen.

Gerade deshalb sieht Christian Langenmair, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, die Angleichung der Strafen für Fahren unter Alkoholeinfluss bei Fahrrad- und Autofahrern kritisch. Dies könnte dazu führen, dass Betrunkene wieder vermehrt Auto fahren würden, sagt er. Der Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs in Wolfratshausen, Nikolaus Wiedemann pflichtet dem bei: "Das wäre nicht im Sinne des Erfinders." Wiedemann sieht aber wegen der geringen Fallzahlen von alkoholisierten Radfahrern in der Region gar nicht wirklich ein Problem mit der gegenwärtig gültigen Regelung, und im Übrigen schade sich der Radfahrer selbst am meisten. Bernhard Gigl, Leiter der Tölzer Polizeidienststelle, sagt: "Meiner Meinung nach handelt es sich hier eher um einen Nebenkriegsschauplatz. Ich glaube auch nicht, dass sich jemand davon abschrecken lassen würde." Die Entscheidung über Gesetze sei aber ohnehin eine politische, sagt Tony Lechner von der Wolfratshauser Polizei: "Wir setzen die Gesetze ja nur um."

© SZ vom 09.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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