Rumsfeld, Bush und die Republikaner:Wer hat den Irak kaputt gemacht?

Rumsfeld weist Rücktrittsforderung zurück

Der ehemalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld (Bild aus dem Jahr 2006).

(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)
  • Ex-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld kritisiert George W. Bush indirekt für die Motive des Irakkriegs.
  • "Die Vorstellung, dass wir eine Demokratie im Irak formen könnten, schien mir unrealistisch."
  • Die Aussagen zeigen ein größeres Problem: Die Republikaner haben die Zeit der Bush-Regierung außenpolitisch nicht aufgearbeitet.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

George W. Bush versucht sich nach seiner aktiven politischen Karriere als Maler, Donald Rumsfeld als Malermeister: Mit breiten Pinselstrichen übertüncht der heute 82-Jährige alles, was seine Amtszeit zwischen 2001 und 2006 als folgenschweres Desaster für Amerika entlarven könnte. Und das ist, wie wir wissen, eine ganze Menge.

In seiner Autobiografie hatte Rumsfeld bereits die Schuld am Zusammenbruch des von den USA besetzten Irak dem damaligen Außenminister Colin Powell und der Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice zugeschustert.

Statt vor dem Kriegsverbrechertribunal Den Haag, wie mancher Kritiker gerne fordert, erzählte er seine Geschichte dann dem Dokumentarfilmers Errol Morris. "The Unknown Known" ist die schmerzhafte Nahaufnahme eines Kriegsbürokraten. Schmerzhaft für den Zuschauer, Rumsfeld selbst geht jede Fähigkeit zur Introspektion oder Selbstkritik ab, wie der Film zeigt. Irak? Nun, hätte auch anders laufen können und könnte schlimmer sein.

"Ich war besorgt"

Nun hat Rumsfeld erneut den Pinsel herausgeholt, um sich sein Wirken so zu malen, wie er es gerne hätte. Man könnte auch sagen, dass er im Interview mit der Londoner Times George W. Bush den Pinsel in den Rachen gewürgt hat.

"Die Vorstellung, dass wir eine Demokratie im Irak formen könnten, schien mir unrealistisch. Ich war besorgt, als ich das erste Mal davon hörte." Und: "Ich bin niemand, der glaubt, dass eine bestimmte Demokratie-Schablone für andere Länder in allen Augenblicken ihrer Geschichte passt."

Überpinselt: Rumsfeld, der Ko-Architekt des Irakkriegs. Nun in schillerndsten Farben leuchtend: Rumsfeld, der Skeptiker. Der Rumsfeld, der ahnte, dass George W. Bush nicht nur seine Soldaten, sondern eine ganze Region ins Chaos schickt.

*Rhetorische Frage*: Warum eigentlich erst jetzt?

Der Guardian hat einige Zitate aus der Zeit des Irakkriegs zusammengetragen. "Wenn der Irak, mit seiner Größe, Fähigkeiten, Ressourcen und Geschichte, den Weg zur repräsentativen Demokratie schafft, egal wie steinig der Weg ist, dann wäre der Einfluss auf die Region dramatisch. Der Irak könnte ein Modell werden, Beweis, dass moderate muslimische Staaten heute im Kampf gegen den Extremismus der muslimischen Welt erfolgreich sein können."

In den vergangenen Jahren färbte Rumsfeld diese Demokratie-Mission langsam um, am Ende blieb nur noch der Regimewechsel als Motivation. Jetzt distanziert er sich vollends von der Idee der Neokonservativen, den Nahen Osten neu zu ordnen, und erstmals auch explizit von George W. Bush, seinem damaligen Chef, der ihn für das Irak-Debakel unauffällig feuerte - und nun selbst als der Naivling dasteht, der er womöglich auch war.

Der US-Journalist Boob Woodward sprach von einem "völligen Widerspruch" zwischen Rumsfelds jetzigen Aussagen und dem, was er ihm einst in Interviews erzählt hatte. Was zu einer Frage führt: Mag der echte Donald Rumsfeld bitte kurz aufstehen?

Oder besser sitzen bleiben. Am Dienstag, als das Interview die US-Schlagzeilen erreichte, bemühte sich Rumsfeld auf CNN um Relativierung. Natürlich sei die Aussage keine Kritik an George W. Bush, das sei "lächerlich".

Die Republikaner ringen mit der Vergangenheit

Ein netter Versuch der Schönmalerei, und Good Ol' Don könnte wieder in den Geschichtsbüchern der Zukunft verschwinden, wäre seine Meinung nicht Teil einer Debatte, der seine Republikanische Partei gerade erfolglos zu entgehen versucht: der Auseinandersetzung mit dem außenpolitischen Erbe der Bush-Regierung.

Schon Bush-Bruder Jeb, aktuell Präsidentschaftskandidat im Wartestand, tat sich schwer mit einer Haltung zum Feldzug von 2003. Erst im dritten Anlauf rang er sich die Aussage ab, dass Amerika bei dieser Invasion besser ausgesetzt hätte. Viele seiner Konkurrenten äußerten sich ähnlich schwammig.

Dabei kritisieren die Konservativen Bushs Nachfolger Barack Obama für den schnellen Irak-Abzug und das Vakuum, in dem nun der "Islamische Staat" wütet. Sie versprechen ein starkes Amerika, das außenpolitisch offensiver agiert.

Doch wie offensiv? Auch wenn Riesendummheiten nach dem Irak-Debakel unwahrscheinlich sind - eine Antwort auf diese Frage wünschen sich nicht nur viele US-Amerikaner. Nicht, dass es am Ende wieder niemand gewesen sein will.

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