Wohnen:Eine Kostenfrage

Einer Studie zufolge macht die Mehrheit der Bevölkerung die Vermieter für die hohen Preise verantwortlich. Der Immobilienverband sieht das anders. Dieser gibt den Schwarzen Peter an den Staat weiter.

Von Andreas Remien

Wohnen ist in vielen Städten Deutschlands sehr teuer geworden. Die Ursache dafür ist aus Sicht der Bevölkerung vor allem das "Gewinnstreben der Vermieter" - dies gaben zumindest 71 Prozent der Befragten in einer aktuellen Forsa-Umfrage an, die der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) in dieser Woche zum "Tag der Immobilienwirtschaft" in Berlin vorgestellt hat. Der Branchenverband hält diese Meinung für ein - unzutreffendes - Vorurteil. Er gibt den Schwarzen Peter größtenteils an den Staat weiter. Kostentreiber seien vor allem Bund, Länder und Kommunen.

Die Wahrnehmung in der Bevölkerung sei "nur bedingt faktenbasiert", sagt Thomas Zinnöcker, Vizepräsident des ZIA und Vorstand des Wohnungsunternehmens Deutsche Annington. Viele Vermieter erzielten nur vergleichsweise niedrige Renditen. Außerdem seien in den vergangenen Jahren vor allem die Nebenkosten gestiegen. Zumindest diese Einschätzung teilen laut der Umfrage auch die meisten Mieter und Eigentümer: 62 Prozent der Befragten gaben an, dass die Mietnebenkosten stärker gestiegen sind als die Netto-Kaltmieten.

"Das marktwirtschaftliche Prinzip lässt sich nicht einfach aushebeln."

Dass auch der Markt für die zum Teil extremen Preissteigerungen in den Städten verantwortlich ist, bestreitet auch der ZIA nicht. "In den begehrten Lagen steigen die Mieten wegen der Wohnungsknappheit", sagt Zinnöcker, "dieses marktwirtschaftliche Prinzip lässt sich nicht einfach aushebeln." Es müsse daher dringend mehr gebaut werden, fordert ZIA-Vizepräsidentin Bärbel Schomberg. "Anders als in anderen Branchen passt sich das Angebot der gestiegenen Nachfrage aber kaum an", sagt Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte im IW Köln. Es werde zu wenig und auch zu teuer gebaut. Ein vom ZIA in Auftrag gegebenes Positionspapier des IW Köln kommt zu dem Ergebnis, dass energetische Anforderungen, Steuererhöhungen, kommunale Auflagen und technische Normen die Kosten im Wohnungsbau treiben.

Im Neubau wirken sich insbesondere auch die zum Teil extrem gestiegenen Grundstückspreise aus: Laut Statistischem Bundesamt sind etwa die Preise für baureifes Land in Berlin um 111 Prozent auf 421 Euro, in München um 57 Prozent auf 1469 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Laut IW-Papier sollte der Bund die steuerlichen Abschreibungen verbessern und die energetischen Anforderungen nicht weiter in die Höhe schrauben. In den Ländern müsse es wieder niedrigere Grunderwerbsteuern geben, und die Städte sollten weniger Auflagen machen und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Konkrete Vorschläge erarbeitet auch die "Baukostensenkungskommission" im Bundesbauministerium. Sie kommt aber eher schleppend voran.

Schon in Kraft getreten ist die Mietpreisbremse, die in angespannten Märkten die maximale Miete deckeln soll. ZIA und IW halten sie nicht für ein probates Mittel, um die Märkte in den Metropolen zu entspannen. "Dadurch wird keine einzige Wohnung neu gebaut", sagt Zinnöcker. Dies ist laut Bundesregierung aber auch gar nicht ihr Zweck, sondern das Verhindern von Auswüchsen auf den Wohnungsmärkten. Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer glaubt, dass dies gelingen wird.

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