Mobile Geräte:Ausgeblendet

Lesezeit: 1 min

Tablets und Handys aus dem Hause Apple können bald, was größere Computer schon lange können: Werbung auf Wunsch des Nutzers ausblenden. Für die Kreativbranche könnte das zu einem großen Problem werden: Ohne Werbung kein Umsatz.

Von Johannes Boie

Menschen, die auf Handys starren sind die Hoffnung ganzer Berufsgruppen: Werber, Marketingmenschen, Journalisten, allesamt wollen ihre Arbeit auf die kleinen Geräte beamen und von dort in die Köpfe der Menschen. Dabei geht es oft um Werbung, die wiederum andere Inhalte, etwa journalistische, finanziert. Die Zahlen sehen bislang gut aus, zumindest wachsen sie, anders als das schrumpfende Geschäft in Print. Werbung auf Tablets und Handys ist zudem lukrativ, weil sie oft Daten über den Nutzer sammelt und daher genauer seinem Geschmack entsprechen kann. Man spricht in diesem Fall von targeted ads, also von "gezielter" Werbung.

Gut möglich, dass der Traum von zielgenauer Werbung auf den Handys bald ausgeträumt ist. In Apples neuem Betriebssystem für Mobiltelefone und Tablets, iOS 9, wird eine Funktion eingebaut sein, mit der Nutzer Werbung ausblenden können. Für die Strategen bei Apple ein konsequenter Schritt, schließlich erfreut sich solche Ad-Block-Software anderer Hersteller großer Beliebtheit - allerdings bislang vor allem auf größeren Computern, auf denen sich installierte Software beliebig erweitern lässt. Warum sollte Apple diese Technik also nicht einfach auch auf den kleineren Geräten akzeptieren? Die Nutzer mögen das als angenehm empfinden, doch für Werber und Journalisten verdüstert sich die Zukunft. Denn jetzt ist das Unterdrücken von Werbung auf Handys und Tablets nicht länger nur ein Hobby der Nerds, sondern ein folgenreicher Standard für alle Nutzer: Ohne Werbung kein Umsatz, ohne Umsatz keine Finanzierung etwa journalistischer Inhalte. So einfach ist das.

Apples drastische Maßnahme zeigt, wie schlecht es um den digitalen Werbemarkt tatsächlich steht. Werbung im Netz ist für die Nutzer offenbar so unattraktiv, dass sie von vielen insgesamt ausgeblendet wird. Das Produkt der Kreativagenturen wird nicht nur ignoriert, sondern abgelehnt. Damit steht die Werbebranche wie viele andere Industrien am Anfang eines großen Umbruchs, den die Digitalisierung mit sich bringt. Wie sie ihn meistert, ist bislang offen.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: