Immerfort treiben neue Blüten hervor in der reichen Streichquartettgegenwart. Frankreich glänzt besonders, neben die gefeierten Ensembles Ebène, Modigliani und Diotima, tritt seit kurzem das Quatuor Hermès. Mit flirrend hellem Timbre, individueller Brillanz, spür- und sichtbarem Kommunikationswillen nehmen diese jungen Streicher gefangen: Musik als ebenso vitale wie hochnervöse Kunst.
Anfangs gab's im Hubertussaal Irritationen, weil das Quatuor Hermès (Omer Bouchez, Elise Liu, Violinen; Yung-Hsin Chang, Viola; Anthony Kondo, Violoncello) mit Wolfgang Amadeus Mozarts G-Dur Quartett KV 387 begann, und nicht wie ausgedruckt mit Franz Schuberts Quartettsatz c-Moll. Seltsamerweise übertrug sich die leichte Unruhe im Auditorium, das nach jedem Satz wie zur eigenen Ermutigung zaghaft klatschte und im Finale Mozarts Schlusswitz fälschlich für das Satzende hielt, auf die Musiker. Die empfindsam-erregte "Persönlichkeit" der Formation stellte sich erst im Andante cantabile ein. Nun erhob sich die erste Geige zu gelassen ausphrasierter Gesanglichkeit, zeigte sich die virtuose Eleganz der Mittelstimmen und die anrührende Sonorität des Cellos: Inspirierendes Aufeinanderhören und Freude an dynamischen Kontrasten wie eine ungewöhnliche Lust am gemeinsamen Abschattieren und Differenzieren aus dem Moment heraus.
Für Schuberts Quartettsatz beste Voraussetzungen, den die Hermès-Leute zudem mit fliegendem Atem erfüllten. All das steigerten sie und dazu Raphael Merlin, Cellist des fabelhaften Quatuor Ebène, nun in Schuberts C-Dur-Quintett zu symphonischen Ausmaßen in Empfindungstiefe, instrumentaler Verve und einem forschenden Sinn für die riesigen Dimensionen des Wunderwerks. Entdeckende Langsamkeit prägte das Adagio, impulsive Heftigkeit durchfuhr das Scherzo, während das Trio in elegische Melancholie sank. Das Finale entstand unter Aufbietung aller Kräfte, bis zur letzten Sekunde höchst gespannt.