Ebersberg:Bittere Pillen

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Ärzte, Pfleger, Physiotherapeuten, Funktionäre: 150 Teilnehmer kamen zur ersten Ebersberger Gesundheitskonferenz. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bei der ersten Gesundheitskonferenz im Landkreis beklagen die Teilnehmer personelle und strukturelle Engpässe

Von Jessica Morof, Ebersberg

Bewegung ist gesund. Das hat sich wohl Moderator Ludwig Karg bei der Regionalen Gesundheitskonferenz am Dienstagabend gedacht. Passend zum Thema ist er im Saal der Ebersberger Kreissparkasse zwischen Bühne und Publikum herumgehüpft, um Fragen der Gäste entgegenzunehmen. Deshalb sei man schließlich zusammengekommen, sagte Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Wegen des Vernetzungsgedankens.

Zur "Regionalen Gesundheitskonferenz im Landkreis Ebersberg" hatte das Landratsamt mehr als 1000 Ärzte, Pflegekräfte, Vertreter aus dem Gesundheitsamt sowie Gesundheitsbeauftragte eingeladen. Etwa 150 Gäste waren erschienen. Das Ziel der Veranstaltung war, über die Teilnahme des Landkreises am Konzept "Gesundheitsregion plus" aufzuklären. Diese Förderinitiative, die bei der Umsetzung neuer Projekte unterstützen soll, hat das Gesundheitsministerium Bayern Anfang 2015 ins Leben gerufen. Das Landratsamt Ebersberg möchte die Förderung jetzt in Anspruch nehmen. "Die Idee einer Gesundheitskonferenz hatten wir schon im Herbst 2014", erläutert Stefanie Geisler, Leiterin der Fachstelle Soziales und Bildung. Der Ansatz soll nun einfach erweitert werden.

Das Konzept der "Gesundheitsregion plus" beinhaltet ein erstes Treffen, um Vertretern der Gesundheitsberufe einen Überblick zu geben und auf aktuelle Probleme hinzuweisen. Diese Themen werden dann am 15. Juli bei der Gründungsveranstaltung nach Prioritäten unterteilt. Anschließend möchte das Landratamt gemeinsam mit einem Gremium aus Ehrenamtlichen Handlungsfelder benennen und an Lösungsmöglichkeiten arbeiten.

"Ein Netzwerk kann sich besser an höhere Stellen wenden, als ein Einzelner", betonte Niedergesäß in seiner Begrüßungsrede, die allein schon ein Viertel der zwei angesetzten Stunden in Anspruch nahm. Seine Ansicht teilten alle Anwesenden. Das zeigte auch die Podiumsdiskussion mit Niedergesäß, Hermann Büchner, Leiter des Gesundheitsamtes, Werner Klein, Vorsitzender des ärztlichen Kreisverbands, Bernhard Frey, Leiter der AOK-Geschäftsstelle, Andreas Bohnert, Kreisgeschäftsführer des Caritas Zentrums und Thomas Bernatik, stellvertretender ärztlicher Geschäftsführer der Kreisklinik. Aufgegriffen wurden Ärztenachwuchssorgen, fehlendes Pflegepersonal, der Konkurrenzkampf mit München und der Wunsch nach mehr Vorsorgeangeboten. Das Publikum bemängelte die fehlende Kindernotaufnahme, unterbesetzte Krankenpflegestationen, knappe Zeitbemessungen im ambulanten Pflegedienst und vor allem fehlende Präventionsmaßnahmen. "Bisher haben wir ja nur von Krankheitsversorgung gesprochen", warf ein Gast dem Podium vor und erntete tosenden Applaus. Auch die fehlende Zusammenarbeit über Berufsgruppen hinweg war ein großes Thema.

"Die Veranstaltung hat auf jeden Fall gezeigt, dass Handlungsbedarf besteht", fasste Elisabeth Schmidt, Krankenschwester und Angestellte im ambulanten Pflegedienst, die Konferenz zusammen. Die "Gesundheitsregion plus" sei eine Möglichkeit, sich gemeinsam Verhör zu verschaffen. Ähnlich schätzt es auch Physiotherapeut Mikko Bischoff aus Zorneding ein. "Sogar wir Physiotherapeuten untereinander sind schlecht vernetzt. Ich sehe die Initiative deshalb als große Chance." Beide können sich vorstellen, sich am 15. Juli und danach im Gremium zu engagieren.

Weniger überzeugt von der Gesundheitskonferenz zeigte sich Ute Matthies, niedergelassene Ärztin in Ebersberg: "Das ging völlig am Thema vorbei." Selbstverständlichkeiten seien breit getreten worden und es habe zu viel Gerede gegeben. "Kontakt untereinander herzustellen ist natürlich immer positiv", sagte die Ärztin. "Aber es müsste professioneller gelenkt werden."

© SZ vom 18.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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