Anlage:Der Preis des Vertrauens

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Anleger stecken überraschend viel Geld in offene Immobilienfonds. Das schafft auch Probleme: Die Fonds tun sich schwer damit, neue Objekte zu finden. Sie kaufen daher mehr in B-Standorten und tilgen Kredite.

Von Simone Gröneweg

Die offenen Immobilienfonds erleben gerade einen wahren Geldsegen. Mehr als 1,7 Milliarden Euro haben Anleger im ersten Quartal in die - für Privatinvestoren zugänglichen - Produkte investiert, wie eine Analyse der Agentur Scope Ratings ergab. Das ist fast eine Milliarde mehr als im Vorjahresquartal. Scope untersuchte 16 offene Immobilienfonds - darunter drei Spezialfonds und 13 Publikumsfonds, die für Privatanleger zugänglich sind.

Die Anleger haben offenbar wieder Vertrauen in diese Anlageform gefasst. In der Finanzkrise hatten einige Fonds wegen Liquiditätsproblemen schließen müssen, und noch immer befinden sich etliche in der Abwicklung, mehr als 13,5 Milliarden Euro stecken fest. Vor zwei Jahren wurden für diese Produkte strengere Auflagen gemacht, um die Investoren zu schützen.

Die funktionierenden Fonds berichten über hohe Mittelzuflüsse, was einerseits natürlich gut ist, den Managern aber auch Kopfzerbrechen bereitet - schließlich müssen sie das Geld wieder investieren. Die Immobilienpreise sind sehr hoch, was die Mietrenditen schmälert. Was also tun? "Einige Fonds nutzen die hohe Liquidität, um Kredite zurückzuführen", erklärt Scope-Analystin Sonja Knorr. So sei die durchschnittliche Kreditquote im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozentpunkte gesunken und betrage aktuell 17,3 Prozent.

Was tun mit den Millionen? Fonds zahlen Kredite zurück, kaufen an B-Standorten

Die Gesellschaften Union Investment und Deka Investments sammelten besonders viel Geld von den Anlegern ein, was sicher auch daran liegt, dass sie beim Vertrieb ihrer Fonds die Genossenschaftsbanken und Sparkassen nutzen können. Der Deka-Immobilien Europa ist mit einem Volumen von fast 13 Milliarden Euro das Schwergewicht in der Branche. Scope bewertet dieses Immobilienportfolio im Branchenvergleich leicht unterdurchschnittlich und verweist auf eine gesunkene Vermietungsquote und einen höheren Anteil kurzfristig auslaufender Mietverträge.

Der Uni Immo Deutschland kommt auf ein Volumen von knapp zehn Milliarden Euro. Er wurde von Scope leicht hochgestuft. Nach Angaben der Ratingagentur drosseln Fondsmanager der Union Investment oder Wertgrund aktiv ihre Zuflüsse, wenn die Liquiditätsquote zu stark anschwillt, also wenn viel Geld in der Kasse ist. Auch die Deka lege eine strategische Zielgröße pro Jahr und Fonds fest, heißt es.

Die Geldschwemme stellt eine Herausforderung dar, zumal manche Fonds die hohen Preise am Markt für Verkäufe nutzen, um das Portfolio zu optimieren. Das wirkt sich positiv auf die Rendite aus, spült aber noch mehr Geld herein. Wer dagegen kaufen will, weicht wegen der hohen Preise zunehmend auf sogenannte B-Standorte aus. Dort können die Fondsmanager Objekte günstiger erwerben, gehen aber auch ein höheres Risiko ein. Die Verantwortlichen investieren zudem Kapital in den eigenen Bestand oder greifen gezielt zu Objekten, die sich noch im Bau befinden. So entfiel laut Scope im Jahr 2014 fast ein Drittel des Ankaufsvolumens auf Projektentwicklungen. Darüber hinaus gehörten Einzelhandelsimmobilien - vor allem Shopping Center - zu den begehrten Objekten.

Insgesamt äußerte sich Scope-Analystin Knorr zufrieden über die Fonds. Im Vergleich zum Vorjahr verbesserten drei ihre Ratings, zwei wurden abgestuft. "Die Herabstufungen resultieren wesentlich aus gesunkenen Vermietungsquoten und unterdurchschnittlicher Performance", sagt Knorr.

© SZ vom 19.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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