Bezahlung:Eine Wahl und ihre Folgen

Viele Erstsemester denken bei ihrem Studienbeginn noch nicht wirklich an Geld. Beim Berufseinstieg staunt so mancher dann nicht schlecht über seine Aussichten - welche Studiengänge welche Gehälter versprechen.

Von Johannes Steger/dpa

Geld ist nicht so wichtig - so denken viele Erstsemester. Beim Berufseinstieg staunt mancher dann nicht schlecht, dass der Schulfreund in seinem Job ein Drittel mehr verdient. Plötzlich ist Geld doch wichtig. Bei der Studienwahl ist für die meisten aber entscheidend, wie groß ihr Interesse am Fach ist, sagt Kolja Briedis. Er ist Mitarbeiter am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) in Hannover.

Doch was wäre, wenn Studenten sich einzig an den Verdienstmöglichkeiten orientieren würden? "Ginge es ausschließlich nach dem Gehalt, sollte man sich für ein Studium der Ingenieurwissenschaften, Medizin oder für Naturwissenschaften entscheiden", sagt Kerstin Koose. Sie ist Beraterin bei der Gehaltsdatenbank Personalmarkt. So kommen Absolventen der Ingenieurwissenschaften im Durchschnitt auf etwa 51 000 Euro brutto pro Jahr, Mediziner auf 50 000 und Naturwissenschaftler auf 49 000 Einstiegsgehalt.

Juristen können ebenfalls mit hohen Einstiegsgehältern rechnen, sofern sie nicht bei einer sehr kleinen Firma oder Kanzlei anfangen. Bei ihnen sei die Note entscheidend, sagt Briedis. "Mit einem Prädikatsexamen kann man in den Staatsdienst oder in die großen Kanzleien mit entsprechenden Karrieremöglichkeiten einsteigen." Wer mit einem durchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Examen abschließt, hat diese Möglichkeit nicht. "Viele entscheiden sich dann für die Selbständigkeit oder den Einstieg ins Unternehmen." Da zähle eher die Funktion als das Studium über das Einstiegsgehalt.

Ein Doktortitel ist nach wie vor lohnenswert

Informatik und Mathematik seien ebenfalls erfolgsversprechende Studiengänge, sagt Kerstin Koose. "Der Bedarf an Informatikern ist sehr hoch, und der Studienabschluss oft weniger ausschlaggebend als spezielle Programmierkenntnisse." Lohnenswert ist nach wie vor außerdem ein Doktortitel: "Promovierte verdienen in fast allen Fächern im Durchschnitt besser", erklärt Briedis.

Geht es nur nach dem Einstiegsgehalt, sind Chemie und Verfahrenstechnik, die Autoindustrie, Banken, Luftfahrt sowie die Pharmaindustrie vorn. Hier liegen die durchschnittlichen Einstiegsgehälter zwischen 50 000 und 54 000 Euro pro Jahr, deutlich höher als in anderen Bereichen. "Ein BWler wird in der Industrie mehr verdienen als beispielsweise in der Touristik- oder Reisebranche", sagt Koose. Dort liegen die durchschnittlichen Einstiegsgehälter bei 32 000 Euro.

Schließlich spielt die Unternehmensgröße bei der Höhe des Einstiegsgehalts eine Rolle, sagt Karrierecoach und Buchautor Martin Wehrle. "Die Gehälter fallen umso höher aus, je größer ein Unternehmen ist." Großkonzerne zahlen etwa 15 Prozent mehr als kleine Firmen. Dies gelte aber nicht für alle Mittelständler, sagt Wehrle: "Einige Hidden Champions, die in dörflichen Regionen sitzen, locken Absolventen mit ähnlichen Gehältern wie Konzerne." Bei den Einstiegsgehältern zählen auch regionale Unterschiede, sagt Koose: "Pauschal kann man von einem Nord-Süd- und einem Ost-West-Gefälle sprechen." Ein Absolvent in München verdient meist mehr als ein Studienkollege in Schwerin. Auslandserfahrungen und Praktika können das Einstiegsgehalt ebenfalls beeinflussen. "Je mehr praktische Erfahrung ich habe, desto besser die Verhandlungsposition", sagt Wehrle. Denn alles was ein Bewerber mitbringt, muss er nicht mehr während der Arbeitszeit lernen: "Das honorieren Firmen."

Geistes- und Gesellschaftswissenschaftler müssen sich auf geringere Gehälter einstellen. Ein Sprach- und Kulturwissenschaftler kommt auf durchschnittlich etwa 33 000 Euro Einstiegsgehalt. Doch auch diese Absolventen können ihre Verhandlungsposition verbessern: "Ein Geisteswissenschaftler sollte sich nicht über sein Studienfach, sondern über seine Kompetenzen verkaufen", rät Wehrle.

Trotzdem gilt: Wer vor der Studienwahl steht, sollte die späteren Gehaltsaussichten nicht in den Mittelpunkt stellen. "Wer nur darauf schaut, was er wo verdienen kann, macht sich möglicherweise schon während des Studiums unglücklich", warnt Briedis. Wer dagegen auf sein Herz hört und mit Leidenschaft arbeitet, wird früher oder später auch finanziell erfolgreich sein.

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