Kinderporno-Affäre:Neue Widersprüche im Edathy-Ausschuss

Öffentliche Sitzung Edathy-Untersuchungsausschuss des Bundestags

Der SPD-Parteivorsitzende und Wirtschaftsminister, Sigmar Gabriel, im Edathy-Untersuchungsausschuss des Bundestags.

(Foto: dpa)
  • SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wehrt sich gegen Vermutungen, er habe Edathy vor laufenden Ermittlungen gewarnt.
  • Eine Zeugenaussage von Parteichef Sigmar Gabriel lässt die Vermutung zu, dass Oppermann doch bereits schon früher aus einer anderen Quelle von den Ermittlungen wusste.
  • Neben Gabriel und Oppermann wurden im Edathy-Untersuchungsausschuss noch der damalige Innenminister Friedrich und der amtierende Außenminister Steinmeier vernommen.
  • Friedrich belastet im Ausschuss seinen ehemaligen Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche. Dieser habe ihm dazu geraten, Gabriel über die Ermittlungen zu informieren.

SPD-Fraktionschef Oppermann unter Druck

Eine Zeugenaussage seines Parteichefs Sigmar Gabriel zur Edathy-Affäre hat den SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann in Bedrängnis gebracht. Oppermann verlas am Donnerstagabend im Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Kinderporno-Affäre um den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy eine mehrseitige Erklärung. Damit wollte er versuchen, alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu entkräften. Doch nicht nur bei Grünen und Linken, auch bei der Union blieben Zweifel: "Die Befragung von Bundesminister Gabriel wirft nicht nur ein schlechtes Licht auf Oppermann, sondern steht im Widerspruch zu dessen Äußerungen", sagte der CSU-Abgeordnete Michael Frieser.

Vizekanzler Gabriel hatte im Ausschuss wenige Stunden vor Oppermanns Auftritt erklärt, er habe diesen am 17. Oktober 2013 erst nach Ende der Sondierungsgespräche mit der Union vom Verdacht der Polizei gegen Sebastian Edathy berichtet. "Das kann eigentlich nur im Auto auf dem Weg nach Hause gewesen sein", sagte Gabriel.

Das warf die Frage auf: Wusste Oppermann womöglich schon vor Gabriels Anruf aus einer anderen Quelle, dass Edathy im Ausland bedenkliche Nacktbilder von Jungen bestellt hatte? Denn Oppermann rief an diesem Tag nach Angaben aus dem Bundeskriminalamt (BKA) schon um 15:29 Uhr bei BKA-Präsident Jörg Ziercke an. Der SPD-Politiker wollte sich von Ziercke bestätigen zu lassen, dass gegen Edathy Ermittlungen liefen.

Später wollte Gabriel auf Rückfrage von SPD-Abgeordneten dann aber doch nicht ausschließen, dass er Oppermann möglicherweise schon früher angerufen habe. Aus der Union hieß es daraufhin: "Was sollen wir denn jetzt glauben?" Oppermann sagte dazu, er habe Ziercke sofort nach seinem Gespräch mit Gabriel kontaktiert. Ganz exakt war seine Erinnerung hier aber nicht: "Ich hatte keine Stoppuhr neben mir liegen." Widersprüche im Zeitablauf könne er jedoch nicht erkennen. Die Befragung Oppermanns soll am 1. Juli fortgesetzt werden.

Wer hat wann mit wem gesprochen?

Edathy hatte im Februar 2014 sein Bundestagsmandat niedergelegt, kurz bevor die Kinderporno-Vorwürfe bekannt wurden. Das Strafverfahren gegen ihn wurde später gegen Zahlung von 5000 Euro eingestellt. Die Frage, ob ihn vielleicht ein Parteikollege vor den Ermittlungen gewarnt hat, ist auch deshalb relevant, weil er dadurch die Gelegenheit erhalten hätte, Beweismittel zu vernichten - was die Ermittler vermuteten.

Mit Spannung waren im Edathy-Untersuchungsausschuss des Bundestags daher die Aussagen von vier besonders wichtigen Zeugen erwartet worden: Neben Gabriel und Oppermann wurden auch Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) befragt.

Es geht vor allem darum, mit wem diese vier Politiker vor dem 10. Februar 2014 über die Ermittlungen gegen Edathy gesprochen haben. Die Information soll von Friedrich zu Gabriel und von diesem weiter zu Oppermann und Steinmeier gelangt sein. Doch an dieser Darstellung gibt es Zweifel. Je nachdem, wer damals wem was gesagt hat, könnte es sich um Geheimnisverrat und Strafvereitelung gehandelt haben.

Friedrich belastet seinen ehemaligen Staatssekretär

Gabriel selbst hatte am Rande der Gespräche am 17. Oktober von dem damaligen CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich von dem Verdacht gegen Edathy erfahren. Friedrich, der am Donnerstag vor Gabriel aussagte, belastete seinerseits seinen früheren Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche. Fritsche habe ihm im Oktober 2013 nicht nur vom Verdacht der Polizei gegen den SPD-Abgeordneten Edathy berichtet. Der Staatssekretär habe ihm damals auch geraten, Gabriel sofort darüber zu informieren, sagte Friedrich im Bundestagsausschuss. Fritsche habe gesagt: "Du musst es dem Gabriel sagen." Fritsche ist heute Staatssekretär im Bundeskanzleramt.

Dass Friedrich unerlaubt ein Dienstgeheimnis weitergegeben hatte, wurde später durch eine Presseerklärung Oppermanns bekannt. Friedrich legte daraufhin sein Amt als Bundesagrarminister nieder. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte ein Verfahren wegen Geheimnisverrats gegen ihn später wegen geringer Schuld ein.

Nach Gabriel und vor Oppermann nahm Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf dem Zeugenstuhl Platz. Seine Beteiligung an dem Edathy-Drama war allerdings nach bisherigen Kenntnissen eher marginal. Auf Darstellungen von SPD-Parteikollegen, die Oppermann für entlastet hielten, reagierte Steinmeier leicht gereizt. Er sagt: "Ich bitte, mich nicht zu Spekulationen zu veranlassen."

Weitere offene Fragen

Sollte Oppermann tatsächlich bereits vor dem Gespräch mit Gabriel beim BKA angerufen haben, woher wusste er von der Sache? Und wie verlief das Gespräch mit Ziercke? Hatte der tatsächlich bestätigt, dass Ermittlungen gegen Edathy liefen - was er nicht gedurft hätte? Indem er auf bestätigende Weise geschwiegen hat, wie Oppermann es darstellte? Das ist bis heute nicht vollständig geklärt.

Und woher wusste Edathy bereits im November 2013 von möglichen Ermittlungen gegen ihn? Es gibt etliche Fragen, die noch offen sind.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: