Bad Tölz-Wolfratshausen:Tödliche Gefahr am Wegesrand

Lesezeit: 2 min

Das Jakobsgreiskraut (Senecio jacobeae) ist giftig. Vor allem für Rinder und Pferde kann es tödlich sein. (Foto: dpa)

Kreisbäuerin Ursula Fiechtner warnt vor dem Jakobsgreiskraut und fordert Gemeinden auf, die Giftpflanze zu entfernen

Von Erik Häußler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Es blüht gelb, ein Stängel kann dutzende Blüten tragen. Das Jakobsgreiskraut oder Jakobskreuzkraut kann nun wieder an Straßenrändern und auf Wiesen in der Region gefunden werden, die Blüte ähnelt der des Wiesenpippaus oder des Johanniskrautes. Der Verzehr birgt eine tödliche Gefahr für Tiere. Denn die Pflanze ist giftig, die enthaltenen Alkaloide werden im Körper zu Schadstoffen verstoffwechselt und verursachen schwere Leberschäden.

Schafe, Ziegen, Rinder und vor allem Pferde sind davon betroffen. Mehrere Jungtiere eines Betriebs in Höhenrain seien in den vergangenen Wochen durch eine Überdosis verendet, berichtet Kreisbäuerin Ursula Fiechtner, die auf das giftige Kraut aufmerksam machen will. Dass es immer häufiger am Rand der Straße und von Wiesen zu finden ist, liege auch an dem reduzierten Umgang mit Düngemitteln, sagt Fiechtner. Dünge man ausreichend, ziehe sich das Kraut von selbst zurück, erklärt sie. Vor allem Rosswiesen, also Pferdeweiden, sind belastet, weil diese nicht gedüngt werden können.

Das Tückische: Im getrockneten Zustand, beispielsweise in Heu, fällt der sonst bittere Geschmack der Pflanze den Tieren fast nicht auf. Zwar ist der einmalige Verzehr meist nicht lebensgefährlich, das ändert sich aber mit der Zeit, weiß der Veterinärmediziner des Landratsamtes Bad Tölz, Georg Unterholzner: "Weil das Gift der Pflanze nicht ausgeschieden werden kann, reichert es sich im Körper der Tiere an. Das kann über Wochen und Monate gehen. Wenn sich eine große Menge des Stoffes in der Leber gesammelt hat, kommt es zu erheblichen Schäden, bis zu einer tödlichen Dosis." Ab wann Tiere akute oder chronische Leberschäden zu befürchten haben, sei vom Tier abhängig. Aufgrund der Unterschiede in der Anatomie reagierten verschiedene Tierarten unterschiedlich empfindlich. Schafe und Ziegen vertragen das Kraut am besten, Pferde am wenigsten. "Bei einem Schaf liegt die schädliche Menge fast 25-mal höher als bei einem Pferd", erklärt Unterholzner. Auch Rinder sind gefährdet.

Ob die Schadstoffe in Nutztieren auch Schäden beim Menschen verursachen, sei nicht geklärt, sagt die Kreisbäuerin. Giftig ist die Pflanze beim Verzehr für Menschen allemal. Die Verbreitung müsse vorbeugend eingedämmt werden. Deshalb appelliert Fiechtner an Gemeinden, ihre Mitarbeiter zu schulen, damit diese die Pflanzen am Straßenrand erkennen und sorgfältig entfernen können. Aber auch Landwirte und Grundstücksbesitzer seien in der Pflicht, aufmerksam zu sein. "Wir müssen alle zusammenhalten", sagt Fiechtner.

Hat ein Tier zu viel des Krautes aufgenommen, ist es schwer, es wieder gesund zu bekommen. Veterinärmediziner Unterholzner erinnert sich selbst an einen Fall mit einem vergifteten Pferd aus seiner Zeit als praktizierendem Tierarzt: "Als ich dort angekommen bin, befand es sich in einem üblen Zustand und konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten." Die Schleimhäute seien stark gelb gefärbt gewesen. Ein Zeichen für eine Lebererkrankung. Es wurden Infusionen gelegt und das Tier in die Klinik gebracht. "Dort erholte es sich glücklicherweise. Darauf hätte ich aber nicht gewettet", sagt Unterholzner. Denn Medikamente gibt es keine. Man könne nur hoffen, dass sich die Leber des Tieres von selbst frei arbeite, erklärt der Tierarzt. Eine größere Gefahr geht vom ähnlichen aussehenden, aber niedrigeren Wassergreiskraut aus, das auch in diesen Tagen zu blühen beginnt. Es ist widerstandsfähiger als das Jakobsgreiskraut. Ein wichtiger Schritt bei der Bekämpfung der Giftkräuter sei deshalb, dass mehr Menschen wissen, welche Gefahr von ihnen ausgehe, sagt Fiechtner.

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: