Streit mit Toll Collect:Kein Fortschritt in Sicht

Toll Collect

Der Streit um Toll Collect läuft seit zehn Jahren. Trotzdem wurde der Vertrag mit den Betreibern bis 2018 verlängert.

(Foto: dpa/dpaweb)
  • An diesem Montag treten die Bundesregierung und die Betreiber des LKW-Mautsystems wieder und streiten sich um mehrere Milliarden Euro. Verhandelt wird bereits seit zehn Jahren, eine Einigung ist weiterhin nicht in Sicht.
  • Schiedsgerichte sollen das Verfahren beschleunigen, doch die traten bisher im Schnitt nur alle zwei Jahre zusammen.
  • Bisher kostete der Streit den Bund 144 Millionen Euro.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Ob es die Aussicht auf diesen Montag war, die Alexander Dobrindt zum Grübeln gebracht hat? Die Aussicht auf weitere zähe Verhandlungen mit Unternehmen, die dem Bund einmal ein Mautsystem aufbauen sollten? An diesem Montag treten sie nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wieder zusammen - die Anwälte von Daimler, Telekom und Bundesregierung. Allein der Termin ist ein Staatsgeheimnis. Eines mit Geschichte.

Denn seit mittlerweile zehn Jahren zoffen sich die Bundesregierung und die Betreiber des Lkw-Mautsystems Toll Collect um mehrere Milliarden Euro. Der Bund verlangt fünf Milliarden Euro nebst Zinsen dafür, dass sich die Maut im Jahr 2005 erst mit 16 Monaten Verspätung eintreiben ließ. Anders als verabredet hatten die Betreiber es vorher nicht hingekriegt. Das Konsortium wiederum verlangt rund eine Milliarde Euro vom Bund, die dieser entgegen den Vereinbarungen nicht ausgezahlt habe. Beide Verfahren laufen getrennt - aber ähnlich schleppend.

144 Millionen Euro hat der Bund bisher in sein Recht investiert

Dabei sollen solche Schiedsgerichte, auf die sich die Vertragspartner vorher geeinigt haben, die Dinge eigentlich beschleunigen, jenseits ordentlicher Gerichte. Doch stattdessen trat das Schiedsgericht bisher im Schnitt alle zwei Jahre zusammen. Ein Richter schied zwischendurch aus gesundheitlichen Gründen aus, ein neuer musste erst vom Verwaltungsgericht bestimmt werden, weil sich die Kontrahenten nicht einigen konnten. Und der musste sich dann erst mal einarbeiten. Auch über die Bestellung von Gutachtern wird gestritten - mit dem Ergebnis, dass auch schon einmal drei Gutachter mit dem gleichen Auftrag versehen wurden, weil sich beide Seiten nicht auf einen einigen konnten.

So plätschert das Verfahren dahin, zugunsten allenfalls der Anwälte und Gutachter. Satte 144 Millionen Euro hat der Bund nach SZ-Informationen bisher in sein Recht investiert. Die Regierung, so ließ das Verkehrsministerium kürzlich die Grünen-Abgeordnete Valerie Wilms wissen, sei aber "an einem baldigen Abschluss der Verfahren interessiert". Nur ein Termin für die Beendigung könne "derzeit nicht genannt werden". So wie 2006, 2007, 2008, 2009 und so fort auch nicht. "Es wird Zeit, dass sich beide Seiten vergleichen", sagt Wilms. "Sonst geht das ewig so weiter."

Der Bund ist Aktionär seiner Gegnerin

Wenn das nur so einfach wäre. Den Bund drückt die Bundeshaushaltsordnung: Danach darf er einem Vergleich nur zustimmen, wenn der mehr Vorteile bringt als das Verfahren fortzusetzen. Wer aber soll das wissen? Allenfalls der Richter könnte hier einen Hinweis geben. Damit nicht genug, ist der Bund Aktionär seiner Gegnerin, der Deutschen Telekom. Würde die in einen Vergleich einwilligen, der für den Bund vorteilhaft ist, kommt prompt der Verdacht einer sogenannten Einlagenrückgewähr an den Aktionär auf. Die ist verboten. Das Patt hat System.

Auch das Interesse der Konzerne an einer Einigung dürfte begrenzt sein. Zum einen hielt das Verfahren den Bund nicht davon ab, den Maut-Vertrag bis 2018 zu verlängern. Zum anderen müssen sie, solange der Streit läuft, Rückstellungen wegen drohender Verluste bilden. Und die machen sich gut in der Steuererklärung.

Die Streitparteien selber halten sich bedeckt. "Da ist strikte Vertraulichkeit vereinbart", heißt es bei der Telekom, "daran halten wir uns." Zu laufenden Verfahren, heißt es bei Daimler Financial Services, "sagen wir grundsätzlich nichts". Wortgleich äußert sich das Verkehrsministerium. Weshalb man wohl auch von dieser Verhandlung, die eine Woche lang dauert, nicht viel erfahren wird. Außer, dass es gewiss nicht die letzte ist.

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