Kritik an Gewerbegebiet:Von Meilenstein bis Mogelpackung

Die Meinungen über das geplante Gewerbegebiet in Gauting nahe dem Flughafen Oberpfaffenhofen sind geteilt. Kritik kommt von Grünen und ÖDP wegen des Eingriffs in den Bannwald, die SPD spricht von "Größenwahn"

Von Annette Jäger, Gauting

"Es ist ein Meilenstein, den wir auf den Weg bringen", kommentierte Markus Deschler (FDP) den Plan, ein neues, 75 Hektar großes Gewerbegebiet, angrenzend an den Flughafen Oberpfaffenhofen, auszuweisen. Am Dienstag stimmte die breite Mehrheit des Gautinger Gemeinderats dafür, den Flächennutzungsplan zu ändern, einen Bebauungsplan aufzustellen und so den Weg frei zu machen für einen neuen Gewerbepark. Dem Beschluss ging eine kontroverse Diskussion voraus. Die Fraktion der Grünen monierte die geplante Größe des Gebiets und warf dem Rathaus "Größenwahnsinn" (Jürgen Schade) und "Gigantonomie" (Anne Franke) vor.

Das neue Gewerbegebiet soll eine "fortentwickelte KIM" werden, also eine ähnliche Gestalt wie das Kraillinger Gewerbegebiet erhalten, sagte Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU). Mit im Boot ist bereits die Asto-Unternehmensgruppe in Gilching, die schon den Technologie-Standort beim Flughafen entwickelt. Mit ihr wollen die Gautinger eine Projektgesellschaft gründen, um das Gebiet zu entwickeln. Von den 75 Hektar - "siebenmal so groß wie die KIM", kritisierte Schade - soll ein Drittel bebaut werden, auf dem Rest ist Grünes vorgesehen. Ein hochwertiger Wirtschaftsstandort soll entstehen, der "Ökonomie und Ökologie" verbindet, warb Bernd Schulte-Middelich, Geschäftsführer der Asto-Park Gesellschaft. Der Autoverkehr könnte beschränkt werden, indem Elektroautos- und -fahrräder angeboten würden, auch ein Existenzgründerzentrum mit kleinen vermietbaren Büroeinheiten sei denkbar. Die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sei bis zur Fertigstellung des Gebiets gegeben, versprach Kössinger. Durch ein Vorkaufsrecht will sich die Gemeinde langfristig den Einfluss auf den Charakter des Gebiets sichern und so große Logistikzentren verhindern.

In einem Stufenplan soll das Gebiet erschlossen werden. Einen Großteil der Grundstücke muss man erst noch erwerben. Etwa 4,5 Hektar sind bereits im Eigentum der Gemeinde. Kössinger betonte in der Sitzung, dass es mit Gilchinger Bürgermeister Manfred Walter noch keinerlei Abstimmung gegeben habe. Sie habe ihn lediglich über das Vorhaben informiert. "Ich begrüße, dass Gauting sich mutig auf den Weg macht", sagte Eva-Maria Klinger (CSU). Auch der Zweite Bürgermeister Jürgen Sklarek (SPD) konnte zustimmen: "Es ist vielleicht ein bisschen groß, aber wir sollten nicht abwarten, bis die anderen Gemeinde Gebiete entwickelt haben und wir leer ausgehen."

Die Umweltfraktionen kritisierten vor allem den Eingriff in die Natur: Das Gelände muss aus dem Wasser- und Landschaftsschutzgebiet herausgenommen werden, auch Teile des Bannwalds müssen weichen. Kössinger argumentierte, dass der wassergeschützte Bereich vermutlich ohnehin aus dem Schutzgebiet genommen werde, weil sich hier nur zwei Brunnen befänden, die seit zehn Jahren stillgelegt seien. Der Bannwald werde durch hochwertige Mischwald-Anpflanzungen innerhalb des Gewerbegebiets ersetzt. Die Kritiker sahen in der Ankündigung hingegen eine Mogelpackung. "75 Hektar aus dem Landschaftsschutzgebiet zu nehmen ist ein Riesending", sagte Anne Franke. Dem Gewerbegebiet werde lediglich ein "grünes Mäntelchen" umgehängt. Christiane Lüst (ÖDP) sprach von "Scheinheiligkeit": den Bannwald abholzen und dann von Nachhaltigkeit im Gewerbegebiet zu sprechen, passe nicht zusammen.

Zum Ende der Debatte versuchte es Jens Rindermann (Grüne) mit einem Kompromiss: Er schlug vor, das Gebiet in drei Phasen zu entwickeln und zu verhandeln, dann werde die Idee vom ganzen Gemeinderat getragen. Kössinger lehnte entschieden ab: Jetzt sollten die rechtlichen Voraussetzungen für die Endausbaustufe geschaffen werden, "haben Sie Vertrauen".

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