Erzieherin Sedlmair:"Das geht gar nicht"

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Martina Sedlmair, 30, ist Erzieherin in einer Kindertagesstätte in Dachau. Die Einrichtung wurde im Mai bestreikt. (Foto: Lukas Barth)

Warum eine Erzieherin für weitere Streiks wirbt, auch wenn die auf dem Rücken von Eltern und Kindern ausgetragen werden.

Interview von Ulrike Heidenreich

Sie kommt nur mit einem Nebenjob über die Runden: Martina Sedlmair, 30, arbeitet als Erzieherin in einer Kindertagesstätte in Dachau. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, geht sie regelmäßig in der Gastronomie jobben. Sie ist Mitglied bei Verdi und hat sich im Mai den Streikaufrufen angeschlossen. Leicht fiel ihr das nicht - in einem gemeinsamen SZ-Gespräch mit einem streikenden Lokführer und Paketzusteller hatte sie damals die Hoffnung, wenigstens in ihrer Kita werde bald wieder alles normal laufen. Nun aber steht fest, dass es frühestens in sieben Wochen eine Einigung im Tarifkonflikt geben kann.

Sind Sie genervt, dass immer noch keine Klarheit besteht?

Martina Sedlmair: Genervt nicht. Aber es ist anstrengend, dass die Arbeitgeber nach vier Wochen Streik immer noch nicht erkannt haben, wie ernst es uns ist. Dass ein gutes Ergebnis wichtig für uns wäre. Warum trägt man den Konflikt weiter auf dem Rücken der Eltern und Kinder aus?

Wenigstens sind ja erst mal keine neuen Streiks geplant . . .

Man muss jetzt die Abstimmung der Verdi-Mitglieder abwarten. Jetzt einzuknicken, wäre ein zweischneidiges Schwert. Die Arbeitgeber hätten das erreicht, was sie wollten: dass wir uns mit einem Minimum zufriedengeben, uns abspeisen lassen, weil wir Angst vor der Gesellschaft und deren Reaktion haben.

Wie werden Sie sich bei der Abstimmung entscheiden?

Das behalte ich mir anonym vor.

Gut, dann anders gefragt: Was halten Sie von dem Schlichterspruch?

Ein Witz. Der kann nicht ernst gemeint sein. Das Angebot, gerade auch für Sozialpädagogen mit 1,4 Prozent Steigerung, zeigt, dass nicht angekommen ist, um was es uns geht. Leider. Uns ist bewusst, dass die Staatskassen nicht überquellen. Aber zu sagen, ein bisschen was geben wir denen, die sind dann zufrieden, weil ja alle soziale Menschen sind - das geht gar nicht.

Haben Sie schon ausgerechnet, was für Sie persönlich dabei herausspringt?

Bei 2800 Euro brutto wäre das ein knapper Hunderter. Nur für Kolleginnen, die länger dabei sind, gibt es mehr. Aber für Erzieherinnen wie mich, die zwischen zwei und zehn Jahre dabei sind, ist es wenig.

Sie müssten weiter nebenbei jobben?

Ja, leider. Es ist ja keine Erzieherin geworden, weil sie damit das große Geld verdient. Wir machen das alle gerne. Wir wollen nur die Anerkennung, die uns gebührt, weil wir den Kindern den Grundstock der Bildung legen - und sie nicht nur von 7 bis 17 Uhr betreuen.

Und wenn der Konflikt weitergeht? Werden Sie dann wieder streiken?

Ich bin dafür weiterzustreiken. Dass muss dann die Gewerkschaft klären.

© SZ vom 26.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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