Tui:Investition in Erlebnisse

Tui: Auf Patrouille am Strand von Sousse: Ein tunesischer Polizist zwei Tage nach dem Anschlag auf ein nahe gelegenes Hotel.

Auf Patrouille am Strand von Sousse: Ein tunesischer Polizist zwei Tage nach dem Anschlag auf ein nahe gelegenes Hotel.

(Foto: Kenzo Tribouillard/afp)

Der Reiseveranstalter Tui bleibt auch nach dem Anschlag in Tunesien optimistisch, was die Reiselust der Deutschen angeht. Und in Griechenland häuft die Tui Vorräte an.

Von Michael Kuntz, Chania

Die Feriengäste in Griechenland müssen nicht hungern - und Ausflüge können sie auch noch machen. "Wir haben unsere Vorräte so weit aufgefüllt, dass damit mehrere Wochen überbrückt werden können", sagt Tui-Manager Florian Fleischer am Montag bei einer Pressekonferenz des deutschen Reiseveranstalters auf Kreta. Sowohl die Hotels hätten sich mit den Dingen eingedeckt, die für eine Versorgung ihrer Gäste notwendig sind. Als auch die Betreiber der Reisebusse verfügten über ausreichende Benzinvorräte. Die Transfers von und zu den Flughäfen in Chania und Heraklion seien abgesichert. Und auch die Ausflüge für die Urlauber seien weiterhin möglich, selbst wenn die Versorgung mit Treibstoff in der nächsten Zeit ins Stocken geraten sollte.

Die Tui pflegt zu ihren Geschäftspartnern in Griechenland eine "sehr innige, langfristige Beziehung", betont Deutschland-Geschäftsführer Oliver Dörschuck. Selbst in den Jahren der Finanzkrise des griechischen Staates sei die Zufriedenheit der Gäste kontinuierlich gestiegen. Der Reiseveranstalter ermittelt entsprechende Quoten aufgrund von Fragebögen, die von vielen Urlaubern nach ihrer Rückkehr ausgefüllt werden.

Fast jeder dritte deutsche Pauschaltourist reist mit der Tui nach Griechenland

Seit der Ton zwischen den Mächtigen in Berlin und Athen rauer geworden ist, fragen doch einige Kunden in den Reisebüros nach, ob sie denn in diesem Sommer überhaupt nach Griechenland fahren können. Doch die politisch aufgereizte Stimmung beeinträchtigt die Urlaubslaune derzeit noch nicht. Die Buchungen lägen aktuell nur einen Prozentpunkt unter dem Stand in der entsprechenden Woche des Vorjahres, versichert der Tui-Mann. Das habe durchaus eine gewisse Allgemeingültigkeit, denn fast jeder dritte deutsche Pauschalreisende in Griechenland ist dorthin mit der Tui unterwegs.

Themen wie der Grexit fänden mehr auf der politischen Bühne statt, am Strand dominiere ganz der Urlaub, heißt es in einem Werbefilm, den die Tui 70 Reisejournalisten bei der Vorstellung ihrer Angebote für den kommenden Winter zeigte. Der Film ist freilich noch vor dem verheerenden Anschlag in Tunesien am Freitag gedreht worden, bei der in einem Hotel der zur Tui gehörenden Riu-Kette insgesamt 38 Menschen starben. Für die Opfer von Sousse gab es bei der Presseveranstaltung auf Kreta eine Schweigeminute.

Kritische Fragen von Journalisten, wie der Reiseveranstalter denn künftig seine Gäste vor Anschlägen schützen wolle, beantwortete Tui-Geschäftsführer Ralf Horter mit dem Hinweis auf die enge Zusammenarbeit sämtlicher Reiseveranstalter mit dem Krisenstab des Auswärtigen Amtes. Wenn der eine Reisewarnung veröffentlicht, holen in der Regel alle Unternehmen ihre Gäste aus dem betroffenen Gebiet zurück und bringen keine neuen hin. In Ägypten gab es da allerdings Ausnahmen. Nicht alle Reiseveranstalter hielten sich an die bis dahin gültige Branchenregel. In der krisengeschüttelten Welt mit einem inzwischen weltweiten Reisehinweis des Auswärtigen Amtes auf die Gefahren, die vom sogenannten Islamistischen Staat ausgehen, sei das allgemeine Lebensrisiko gestiegen und dies nicht nur in Ländern, wo Urlaub gemacht wird.

Die Reiseveranstalter täten das Bestmögliche, damit ihre Gäste ihre Ferien in Sicherheit verbringen könnten. Für die Unternehmen gebe es dabei aber auch Grenzen. "Wir als Tourismusindustrie können keinen eigenen Sicherheitsdienst aufbauen, auch keinen Geheimdienst", betont der Tui-Manager angesichts der neuen Qualität von Gewalt, wie sie sich in der vergangenen Woche ereignet hat. "Keiner weiß, wo diese Reise hingeht."

Aus Tunesien hatte die Tui bis Montag 250 Touristen zurückgeholt. Für 120 von ihnen wäre der Urlaub planmäßig am Wochenende zu Ende gewesen. Die Reaktion auf den Anschlag sei sehr unterschiedlich. Einige der 3800 Gäste wollen in Tunesien bleiben, um dem nordafrikanischen Land in den Wirren nach dem arabischen Frühling zu helfen und es nicht weiter zu destabilisieren.

Trotz der aktuellen Geschehnisse wird weiter gereist, wie die Erfahrung der professionellen Urlaubsmacher nach ähnlichen Ereignissen zeigt. Tui-Manager Dörschuck blickt generell optimistisch in die Zukunft. Die makroökonomischen Bedingungen seien derzeit hervorragend. Viele Menschen könnten über ein wachsendes Einkommen verfügen. Die Kauflaune sei aktuell so hoch wie seit dem Oktober 2001 nicht mehr, und die Reisebranche profitiere davon ganz besonders. Der Reisende investiere in Erlebnisse, so drückte es der Tui-Manager aus. So erleben sie die Gegenleistung sofort, und auf diese Art Geld auszugeben, ist offenbar für viele reizvoll.

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