Siemens:Ja aus Brüssel

Die EU-Kommission hat nun zugestimmt: Siemens darf Dresser-Rand übernehmen. Die Zeit drängt allerdings, denn die Münchner müssen für jeden Monat Verzögerung 40 Millionen Dollar mehr zahlen. Das ist vertraglich so vereinbart.

Von christoph GIEsen

Monatelang hat man bei Siemens warten müssen, nun liegt sie vor, die Zustimmung der Europäischen Kommission: Siemens darf die umstrittene Übernahme des amerikanischen Kompressorhersteller Dresser-Rand abschließen. Man sei überzeugt, "dass der Zusammenschluss nicht zulasten der europäischen Verbraucher geht", teilte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Montag mit.

Siemens muss daher keine Auflagen erfüllen. Bereits bis diesen Dienstag will der Konzern das Geschäft abwickeln. Einschließlich ausstehender Verbindlichkeiten von mehr als 1,2 Milliarden Dollar beläuft sich der Kaufpreis auf 7,8 Milliarden Dollar. "Mit Dresser-Rand verfügen wir nun über ein umfassendes Portfolio an Ausrüstung und Fähigkeiten für die Öl- und Gasindustrie und eine deutlich größere installierte Basis", erklärte Lisa Davis, die das Energiegeschäft von Siemens leitet.

Im vergangenen September hatte Siemens-Chef Joe Kaeser die Übernahme ausgehandelt, damit Siemens am Fracking-Boom in den Vereinigten Staaten partizipieren kann. Dresser-Rand ist mit seinen Anlagen einer der wichtigsten Zulieferer der amerikanischen Öl-und Gaswirtschaft. Als Kaeser den Deal verkündete, kostete ein Fass Öl noch mehr als 90 Dollar, dennoch gab es bereits damals Kritik am hohen Kaufpreis von seinerzeit 7,6 Milliarden Dollar. Selbst Kaeser räumte ein, dass Dresser-Rand kein "Schnäppchen" gewesen sei. Kurz darauf brach der Ölpreis ein. Und viele Unternehmen stellten ihre Investitionen zurück. Spätesten seitdem ist die Übernahme umstritten.

Siemens-Managerin Davis verteidigte am Montag das Geschäft dennoch. Angesichts des niedrigen Ölpreises suchten die Kunden verstärkt nach Wegen, ihre Kosten zu senken. "Das eröffnet uns trotz der Herausforderungen des niedrigen Ölpreises auch Chancen, da wir uns auf Angebote zur Kostenreduktion und Effizienzsteigerung verstärkt konzentrieren werden", sagte sie.

Die Münchner müssen für jeden Monat Verzögerung mehr als 40 Millionen Dollar zahlen

Dass Siemens es nun so eilig hat, die Übernahme abzuschließen, ist eine Besonderheit des Deals. Als Siemens im vergangenen Jahr mit 83 Dollar je Aktie den Zuschlag für Dresser-Rand bekam, wurde in den Kaufvertrag geschrieben, dass das Geschäft bis zum 1. März 2015 abgewickelt werden soll. Falls nicht, muss Siemens jeden Monat eine sogenannte "Ticking Fee" von 0,55 Dollar pro Aktie entrichten - das entspricht monatlichen Mehrkosten in Höhe von mehr als 40 Millionen Dollar und erklärt den endgültigen Kaufpreis von 7,8 Milliarden Dollar. Um den Aufschlag für Juli zu sparen, muss Siemens das Geschäft unbedingt noch im Juni abwickeln.

Das Geschäft von Dresser-Rand soll dann mit der Kompressor-Einheit von Siemens und dem zugehörigen Service-Geschäft zusammengelegt werden. Der Name Dresser-Rand bleibt auch nach Übernahme erhalten. Vom Jahr 2019 an erwartet Siemens jährliche Synergieeffekte von etwa 200 Millionen Euro durch die Integration des US-Unternehmens. Der derzeitige Dresser-Rand-Chef Vincent Volpe soll das Geschäft noch bis Ende August führen. Ab 1. September übernimmt dann der Dresser-Rand-Manager Christopher Rossi die Führung. Dass Volpe den Konzern wohl vorzeitig verlassen würde, konnte man bereits im Kaufvertrag nachlesen. Dem Dokument zur Folge hat sich der Amerikaner einen sogenannten "goldenen Fallschirm" ausgehandelt. Verlässt er das Unternehmen binnen zwei Jahren nach der Übernahme, zahlt ihm Siemens knapp 20 Millionen Dollar extra. Das dürfte schon bald der Fall sein.

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