Ebersberg:Pflege auf dem Prüfstand

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Beim Sommergespräch der CSU mit dem Patientenbeauftragten Hermann Imhof in Ebersberg fehlen konkrete Ansätze

Von Jessica morof, Ebersberg

Hermann Imhof (CSU) fordert radikale Veränderungen. Unter dem Titel "Die Zukunft der Pflege" hatte der Patienten- und Pflegebeauftragte der Bayerischen Staatsregierung Bürger zu einer Gesprächsrunde in die Kreisstadt eingeladen. Ziel war es, dass diese sich mit Imhof, dem Landtagsabgeordneten Thomas Huber sowie dem Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz (beide CSU) über das Thema Pflege unterhalten konnten. Vor allem sollten die Gäste Gelegenheit bekommen, Probleme und Wünsche anzusprechen. Konkrete Ansätze für das weitere politische Vorgehen brachte die Gesprächsrunde allerdings erst einmal nicht hervor.

Etwa 40 Gäste waren der Einladung in den Gasthof Huber in Oberndorf gefolgt. Darunter viele aktuelle und ehemalige Pflegekräfte und andere Vertreter der Gesundheitsbranche. "Ich bin froh, dass so viele Praktiker anwesend sind", sagte Imhof bei der Begrüßung. Er selbst sei auch eng mit der Branche verknüpft: 20 Jahre lang war er beim Caritasverband Nürnberg tätig - unter anderem als Direktor - und danach stellvertretender Geschäftsführer der katholischen Stadtkirche Nürnberg.

Etwa eine Stunde sprach der Pflegebeauftragte über sich und seine Sicht auf die aktuelle Situation. Die Zeit dränge, denn es sei nicht mehr fünf vor zwölf - "es ist schon zwölf", betonte er mehrmals. Die Arbeit der Pflegekräfte sei zu schlecht bezahlt, erhalte zu wenig Anerkennung aus der Gesellschaft und bringe die Menschen an ihre Belastungsgrenze. "Zur körperlichen Erschöpfung kommt die seelische hinzu." Denn eine menschenwürdige Pflege sei unter dem Zeitdruck, dem das Personal ausgesetzt sei, kaum möglich. Für diese Worte erhielt er von den Anwesenden Lob und Zustimmung.

Den Grund dafür, "dass es so zugeht", sieht Imhof im Personalschlüssel, in den knappen Finanzen der Pflegeeinrichtungen, in fehlenden Richtlinien und im Fachkräftemangel. Der wiederum sei durch das schlechte Image begründet, das abschreckend auf junge Menschen wirke. Deshalb gilt für ihn: "Es muss um radikale Veränderungen gehen." Wie diese konkret eingeleitet werden können, verriet er allerdings nicht. Er lobte alle Pflegenden als "Elite dieses Landes" und versprach immer wieder, dass er sich - als "unabhängiger Kopf" von Ministerpräsident Horst Seehofer ausgewählt - für den Wandel einsetzen werde. Lob sprach er auch für die Große Koalition, Gesundheitsminister Hermann Gröhe und das Pflegestärkungsgesetz aus.

In der anschließenden Diskussion mit den Bürgern kristallisierten sich zusätzliche Themen heraus. Renate Schaumberg vom Senioren-Union Kreisverband Ebersberg zum Beispiel bemängelte, dass Anträge an den Land- und Bundestag "in einem schwarzen Loch verschwinden". Sie forderte insbesondere eine neutrale Auskunftsstelle für Pflegebedürftige und deren Angehörige, in denen keine Lobbyarbeit betrieben werde. Ein weiterer Vorschlag war, das Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegekräfte, das bisher in Bayern etwa ein Jahr dauere, zu verkürzen. "In Hessen braucht man drei Wochen, in Österreich eine Stunde", betonte eine Altenpflegerin entrüstet.

Ebenfalls unzufrieden zeigte sich Alexander Frey. "Wesentliche Punkte haben Sie umschifft", rügte der Rechtsanwalt aus München Imhof. Die Benotungsmöglichkeiten der Einrichtungen seien nicht zufriedenstellend, eine Kostentransparenz fehle und man müsse über die Pflegekammer sprechen. In diesem Punkt waren sich die Anwesenden einig. Die Branche brauche ein Interessenvertretung - und zwar mit Pflichtmitgliedschaft. Auch Imhof sprach sich dafür aus. Bei einer Umfrage hätten sich allerdings 50 Prozent der Befragten dagegen entschieden. Dieser Aussage widersprach Peter Huber, Pflegedirektor der Kreisklinik: Die Befragten seien nicht dagegen gewesen, sie hätten nicht gewusst, was die Pflegekammer ist. "Ich bewundere Ihren Idealismus", sagte er, "aber ich glaube, die Realität sieht einfach anders aus."

Am Ende der Diskussion standen viele Punkte, die es zu verbessern gilt. "Ich bin nicht zufrieden", lautete zum Beispiel Wolfgang Zettels Fazit. Aus Sicht des Altenpflegeschülers waren die Ziele zu allgemein formuliert. "Wir haben nur festgestellt, wo die Probleme liegen. Aber mir fehlen die Maßnahmen."

© SZ vom 30.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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