Zeitumstellung:Was fange ich mit der Schaltsekunde an?

Lesezeit: 2 min

Börsen und Fluggesellschaften fürchten sie: In der Nacht zum Mittwoch werden die Uhren um eine Schaltsekunde zurückgestellt. Was kann dabei schiefgehen? Und lohnt sich der Aufwand überhaupt?

Von Robert Gast und Matthias Huber

Was ist eine Schaltsekunde?

Am frühen Mittwochmorgen wird die Uhr um eine Sekunde zurückgestellt. Um 01.59 Uhr und 59 Sekunden springt der Zeiger erst zwei Sekunden später auf 2.00 Uhr. Diese Schaltsekunde ist alle paar Jahre fällig, Funkuhren berücksichtigen sie automatisch. In Deutschland wird die Schaltsekunde von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zum Signal der Zeitdienste hinzugefügt. In diesem Jahr wird die Welt-Uhr bereits zum 26. Mal für eine Sekunde angehalten, ihr Debüt gab die Schaltsekunde im Jahr 1972.

Warum wird die Zeit überhaupt umgestellt?

Ein Tag - also eine Erdumdrehung um die eigene Achse - dauert derzeit 86 400 Atomsekunden. So ganz stimmt das aber nicht. Die Erde braucht ein ganz klein bisschen länger. Die Atomsekunde beruht auf der Drehgeschwindigkeit der Erde des Jahres 1820. Inzwischen hat die Erde an Schwung verloren, deshalb ist die winzige Zeitanpassung nötig. Unter anderem Gezeitenkräfte, Erdbeben und schmelzende Gletscher verlangsamen die Erddrehung Tag für Tag um einige Zehntausendstelsekunden. Nach einigen Jahren kommt so eine Sekunde zusammen, die ausgeglichen werden muss, wenn ein Tag weiterhin genau 24 Stunden lang sein soll.

Eine Sekunde alle paar Jahre, lohnt sich der Aufwand?

Darüber streiten sich die Experten. Manche fordern die Abschaffung der Schaltsekunde, weil sie gerade bei sehr exakten Computersystemen für Probleme sorgen kann. Nach Ansicht der Experten sollte man diese Sekunden lieber sammeln und ungefähr im Jahr 2600 eine Schaltstunde einführen. Bereits 2012, wenige Monate vor der letzten Schaltsekunde, sollte die Internationale Fernmeldeunion in Genf darüber entscheiden. Die Abstimmung wurde aber auf November 2015 vertagt.

Was kann schiefgehen?

Besitzer von Funkuhren oder Smartphones brauchen sich keine Sorgen zu machen. Ihre Geräte holen sich regelmäßig alle paar Stunden die Systemzeit aus dem Netz. Sie aktualisieren sich also von selbst, irgendwann kurz nach der Mini-Zeitumstellung. Telekommunikationsunternehmen, die ihre Angebote sekundengenau abrechnen müssen, könnten dagegen Probleme bekommen. Oder Betreiber von Hochspannungsnetzen, die im Mikrosekundenbereich arbeiten. Sie übernehmen die Schaltsekunde in Echtzeit. Einige Systeme kann das überfordern: 2012 fielen einige Internetserver aufgrund der Schaltsekunde aus. Google hat eine Lösung für das Problem gefunden: Anstatt die Server einmalig für eine Sekunde anzuhalten, hat eine Software die Schaltsekunde auf die vorangegangenen 20 Stunden "verschmiert".

Von welchen Internetangeboten sollte ich mich fernhalten?

Viele Betreiber betroffener Angebote haben von der letzten Schaltsekunde gelernt und eine Lösung gefunden. Amazon hat bereits angekündigt, ähnlich wie Google die Sekunde auf die vorherigen Stunden zu verteilen. Zur Sicherheit ist es aber ratsam, besonders zeitkritische Internet-Transaktionen nicht gerade in dieser Zeit abzuwickeln. 2012 war beispielsweise das Buchungssystem einer Fluglinie nach der Zeitumstellung einige Zeit nicht erreichbar. Auch Ebay-Auktionen, die genau um diese Zeit enden, könnten für Verwirrung bei Last-Second-Bietern sorgen. Die Wertpapier-Börsen sind offenbar vorbereitet: In New York ist die Schaltsekunde um 19:59 Uhr, deshalb schließt die Wall Street bereits fünf Minuten früher als üblich. Andere Börsen weltweit wollen die Schaltsekunde auf die Stunden und Tage danach verteilen.

Was fange ich mit der geschenkten Sekunde an?

Sich vor eine Funkuhr zu setzen, um das Ereignis live zu erleben, lohnt sich nicht - zumal dort höchstwahrscheinlich gar nichts zu sehen sein wird. Falls Sie um 1:59 Uhr nicht gerade schlafen wollen, hat US-Satiriker John Oliver ein paar Vorschläge:

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(mit Material von dpa)

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