Reaktionen auf den Beschluss:"Große Verunsicherung"

von rechts Steuermann Martin SAUER Schlagmann Hannes OCIK Richard SCHMIDT Felix DRAHOTTA Anton B

Neue TV-Realität: Team Deutschland-Achter in Dortmund.

(Foto: imago/Sven Simon)

Deutsche Sportverbände fürchten Nachteile, wenn Olympia nicht mehr bei ARD/ZDF läuft. Das Erste kündigt an, sein Angebot in den Kernsportarten zu prüfen. Zu hören ist auch eine erstaunliche Einschätzung.

Von Johannes Aumüller

Die deutschen Ruderer haben die veränderten Fernsehrealitäten gleich erfahren dürfen. 2019 möchten sie in Hamburg die Weltmeisterschaft austragen, gerade bereiten sie die Bewerbung vor. Dazu muss der deutsche Verband bei der internationalen Föderation eine Erklärung mitliefern, dass es eine TV-Übertragung der WM und ein europäisches Signal gibt. Am Montagabend wollte Ruder-Präsident Siegfried Kaidel eine Zusage von der ARD einholen, doch die gab es erst einmal nicht. "Es herrscht jetzt eine große Verunsicherung", sagt er.

Dieses Problem steht stellvertretend für die Sorgen des deutschen Sports, nachdem das Internationale Olympische Komitee (IOC) die TV-Rechte für die Spiele 2018 bis 2024 nicht an ARD und ZDF, sondern an Discovery vergeben hat. Die Fachverbände fragen sich, welche Position der Sport im Fernsehen künftig einnimmt - nicht nur bei Olympia, sondern auch in der Zeit dazwischen, wenn die Terminkalender gefüllt sind mit Weltcups sowie mit Welt-, Europa- und deutschen Meisterschaften. Der Warnschuss ist jedenfalls deutlich. Die Strategie habe bislang darauf basiert, Olympiasender zu sein und den Kernsportarten auch in der Zeit zwischen den Spielen ein attraktives Programmumfeld anzubieten, sagt ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky: "Ob dies auch in Zukunft sinnvoll erscheint, werden wir in den kommenden Monaten prüfen müssen." Insbesondere die Produktionen nationaler Sportevents seien "in Zeiten immer knapper werdender Etats sicherlich zu überdenken".

Wie verunsichert Deutschlands Sport ist, zeigt etwa die zurückhaltende Reaktion des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB, der gemeinhin dem IOC und dessen deutschem Präsidenten Thomas Bach treu verbunden ist. Chancen und Risiken des Deals seien "erst einmal umfangreich und sachgerecht zu prüfen", sagte Alfons Hörmann, Chef des DOSB. Diverse Randsportarten sehen die Entwicklung gleichgültig, weil sie bei ARD und ZDF ohnehin kaum noch zu sehen seien. Eine andere Gruppe um die olympischen Kernsportarten Schwimmen oder Leichtathletik hingegen fürchtet um ihre Präsenz. "Die Berichterstattung im Fernsehen ist elementar. Sportarten und Sportler werden über das Fernsehen populär und erzeugen Nachahmereffekte", sagt Clemens Prokop, Präsident der deutschen Leichtathleten: "Wenn die Entwicklung dazu führt, dass ARD und ZDF ihr Programm reduzieren, wäre das der worst case."

Eine besondere Rolle nehmen die Wintersportler ein, die gewohnt sind, dass Biathlon, Rodeln & Co. in den kalten Monaten von morgens bis abends läuft. Ein Sprecher des Skiverbandes erwartet "keine gravierenden Veränderungen". Die Olympischen Spiele hätten das Angebot bisher schön abgerundet, aber als folgenreicher empfände er es, wenn ARD und ZDF nicht mehr die Weltmeisterschaften übertragen würden. Dass Olympia nicht mehr als entscheidend eingestuft wird, das hatte das IOC bei seiner Entscheidung sicher nicht erwartet.

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