Fürstenfeldbruck:Die rote Truppe wird abgewickelt

Ende Dezember und damit 78 Jahre nach ihrer Gründung soll die Feuerwehr des Fliegerhorsts dichtgemacht werden. Hauptbrandmeister Thomas Warneke, Chef von 28 Einsatzkräften, hält eine Übergangsphase aber noch für denkbar

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Läuft alles nach dem Plan der Bundeswehr, dann könnte das zu Lasten der Sicherheit gehen. Ende des Jahres soll die Fliegerhorst-Feuerwehr abgezogen und Kommandant Thomas Warneke und seine 28 Kollegen an andere Standorte versetzt werden. Mancher im Fliegerhorst hofft, dass da noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Und auch der 54-Jährige will nicht ausschließen, dass nicht ganz so schnell dicht gemacht wird. Aber bei den umliegenden Feuerwehren haben die Pläne schon mal für Verunsicherung gesorgt. Denn künftig sind sie nicht mehr nur als Unterstützung gefragt, falls es auf dem riesigen Areal, auf dem 280 Fußballfelder Platz hätten, brennen würde. Von Ende des Jahres an wären sie allein zuständig. Und deswegen gibt es in Fürstenfeldbruck schon Überlegungen, ob das Feuerwehrhaus von der Landsberger Straße nicht näher an den Fliegerhorst verlegt werden oder zumindest eine Art Dependance angelegt werden müsste.

Fürstenfeldbruck: Die Gerätehalle der Fliegerhorst- Feuerwehr ist schon ziemlich leer.

Die Gerätehalle der Fliegerhorst- Feuerwehr ist schon ziemlich leer.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Hauptbrandmeister Thomas Warneke bleibt zumindest äußerlich sehr gelassen. Er sitzt in dem kleinen Konferenzraum des Feuerwehrgebäudes. Die Halle nebenan ist schon ziemlich leergeräumt. Da steht zwar ein hochmodernes Löschgruppenfahrzeug des Typs TGM 18280 mit 3000 Litern Wasser an Bord, ansonsten aber nur noch ein ziemlich betagter Geländewagen mit der Aufschrift "Luftwaffen-Feuerwehr Fürsty", alle anderen Fahrzeuge wurden längst an andere Standorte verlegt. Neben Warneke sitzt Julia Corterier, die das Presse- und Informationszentrum der Bundeswehr eigens für dieses Gespräch aus Bonn hergeschickt hat. Weil es vor allem um die wenig sicherheitsrelevante Vergangenheit der Fliegerhorst-Feuerwehr geht, kann Thomas Warneke aber ganz frei erzählen.

Fürstenfeldbruck: Ein modernes Löschfahrzeug und ein alter Geländewagen gehören zur Ausrüstung, über die Hauptbrandmeister Thomas Warneke und 28 Männer wachen.

Ein modernes Löschfahrzeug und ein alter Geländewagen gehören zur Ausrüstung, über die Hauptbrandmeister Thomas Warneke und 28 Männer wachen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Vor 78 Jahren wurde diese Truppe zusammengestellt. Ein historisches Foto zeigt 14 Männer in dunklen Uniformen vor ihren beiden Lastwagen. Damals war der Fliegerhorst noch die "Luftkriegsschule 4" im Dritten Reich. Die Amerikaner machten daraus nach Kriegsende ein "Fire Department", in dem US-Soldaten mit deutschen Zivilbediensteten zusammenarbeiteten. Als 1956 die Grundlagen für die Übernahme des Standorts durch die neu gebildete deutsche Luftwaffe geschaffen wurden, übernahmen die Zivilbediensteten die alleinige Verantwortung und es wurden in Fürstenfeldbruck Feuerwehrgrundlehrgänge angeboten, die später aber an die technische Schule der Luftwaffe nach Faßberg verlegt wurden. Abgesehen von Flugunfällen wie jenen in den Jahren 1956 und 1963 beschränkte sich auch damals die Hauptaufgabe darauf, gerüstet und immer in Bereitschaft zu sein für den Ernstfall. In der Nacht auf den 6. September 1972 konnte die Fliegerhorst-Feuerwehr aber keine Leben mehr retten: Nach dem Olympia-Attentat blieb ihr nur noch, die im Zuge einer wilden Schießerei in Brand gesetzten Hubschrauber zu löschen und die vorwiegend israelischen Opfer zu bergen. Damals war die Feuerwehr noch im Tower-Gebäude untergebracht.

Fürstenfeldbruck: Das erste offizielle Foto aus dem Gründungsjahr 1937.

Das erste offizielle Foto aus dem Gründungsjahr 1937.

(Foto: Bundeswehr)

Sehr ruhig wurde es für die Rettungskräfte dann vor allem von April 1994 an. Das Jagdbombergeschwader 49 wurde außer Dienst gestellt. Ende 2005 landeten mit einem Tornado und einer F-4F-Phantom die letzten beiden Kampfflugzeuge, die dort als Ausstellungsstücke verblieben. Von einst 37 Stellen blieben noch 29 Feuerwehrmänner, vier davon sind Angestellte, der Rest Beamte. Jeweils sieben von ihnen haben zwölf Stunden lang gemeinsam eine Wachschicht. Ihr Augenmerk gilt nun vor allem dem Gebäudebrandschutz und der Technischen Hilfeleistung. Vor zwei Jahren wurde die Einheit als eine von bundesweit 72 Bundeswehr-Feuerwachen dem neu aufgestellten Zentrum Brandschutz der Bundeswehr in Sonthofen unterstellt.

Wird sie zum Januar abgezogen, dann geht damit die am längsten am Standort Fürstenfeldbruck verbliebene Teileinheit. Ist das Grund zum Wehmut? Thomas Warneke denkt kurz nach. Ja, wohl schon. Auch für ihn geht eine Ära zu Ende. Die acht Jahre bis zum Ruhestand wird er also an einem anderen bayerischen Standort verbringen. Dann wird wieder alles neu, nachdem er sich "an dem sehr schönen Standort Fürstenfeldbruck" gut eingewöhnt hatte. Ein Wandel freilich ist nicht ungewöhnlich für den nahe Augsburg wohnenden Pendler. Vom Zugführer einer Panzerkompanie sattelte er in den Neunzigerjahren um auf Feuerwehrmann, wechselte nach Freising und 2003 nach Bruck. Im August zeigte sich, dass die Zusammenarbeit mit den umliegenden Feuerwehren recht gut klappt. Offenbar bei Dacharbeiten waren Dehnungsfugen am Gebäude der Offizierschule in Brand geraten. Um den Schwelbrand in den Griff zu bekommen, mussten Wandteile aufgebrochen werden. Um die eigene Einsatzbereitschaft sicherzustellen, gibt es theoretische und praktische Fortbildungen. Erst Anfang Mai wurde der Ernstfall wieder drei Tage lang in einem der Brandübungscontainer durchgespielt, zudem nutzen die Feuerwehrmänner der Bundeswehr regelmäßig die Atemschutz-Kriechstrecke im Brucker Feuerwehrhaus an der Landsberger Straße.

Für Hauptbrandmeister Thomas Warneke ist der Abzug der Fliegerhorstfeuerwehr mit Blick auf die Einstellung des Flugbetriebs und den nahenden Abzug der Bundeswehr durchaus eine logische Folge. Die Brucker Feuerwehr habe bereits vollen Zugang zum Gelände. Vorstellen könnte er sich dennoch, dass es über den 31. Dezember hinaus eine Übergangsphase unter Beteiligung der Bundeswehrfeuerwehr gibt. Das freilich wird in Sonthofen und Berlin entschieden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: