Kuba und die USA:Zwei Ex-Feinde gehen den nächsten Schritt

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Mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen nähern sich Kuba und die USA weiter an. Doch jetzt kommt der schwierige Teil.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

"Das Maß ist voll", ließ Dwight D. Eisenhower wissen. "Kuba ist in Alarmbereitschaft", entgegnete Fidel Castro.

So klangen die Staatschefs der USA und Kubas am 3. Januar 1961, als Washington die diplomatischen Verbindungen zum Inselstaat kappte und die Schließung der US-amerikanischen Botschaft anordnete.

Mehr als 54 Jahre später werden die Staatsspitzen wieder über die Botschaft sprechen, und ein Protagonist heißt immer noch Castro (Fidels Bruder Raúl). Der Ton dürfte, so lässt sich prognostizieren, freundlicher sein.

Die beiden Länder werden am Mittwoch die Wiedereröffnung der jeweiligen Landesvertretung verkünden, wie vorab bekannt wurde. Es ist der nächste einer Reihe von Schritten seit Dezember 2014, als US-Präsident Barack Obama eine grundlegende Neuausrichtung der Beziehungen zum Inselstaat angekündigt hatte.

Historischer Knackpunkt

Seit einigen Monaten können Amerikaner einfacher und ohne Umweg nach Kuba reisen, im kleinen Rahmen pflegen beide Länder wieder wirtschaftliche Beziehungen. Vor wenigen Wochen nahm Washington Kuba von der Liste der Terror-Unterstützer.

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Die Öffnung der Botschaften signalisiert, dass beide Länder die Geschichte hinter sich lassen wollen - symbolisiert wurde dies bereits durch einen Handschlag zwischen Obama und Raúl Castro am Rande des Amerika-Gipfels im April.

Die Schließung der Botschaft galt als historischer Knackpunkt im Verhältnis der beiden Länder. Die USA hatten damals offiziell auf die Forderung nach Reduzierung der Botschaftsmitarbeiter, in der Realität aber auf die Enteignung amerikanischer Unternehmen und Fidel Castros heftigen Flirt mit der Sowjetunion reagiert.

Im Hintergrund hatte die CIA Eisenhower bereits Pläne vorgelegt, mit Hilfe einer Armee von Exil-Kubanern Castro zu stürzen. Die Umsetzung befahl im April 1961 sein Nachfolger John F. Kennedy - es wurde für die USA das Debakel der Schweinebucht.

Kubas neuer Pragmatismus

Der über Jahrzehnte dauernde Konflikt ist inzwischen großteils entideologisiert, selbst die aktuelle Generation kubanischstämmiger Amerikaner begrüßt die Öffnung mehrheitlich, während US-Unternehmen auf gute Geschäfte hoffen und Washington den Einfluss von Russland und China in der Region klein halten möchte. Kuba seinerseits ist nach dem Niedergang Venezuelas, das dem Land in den vergangenen Jahren die wirtschaftliche Rettungsleine gereicht hatte, nah am ökonomischen Kollaps und braucht dringend Devisen.

Die werden nun zunächst einmal amerikanische Touristen bringen, da Obama für ein Ende des Wirtschaftsembargos wahrscheinlich die Zustimmung des US-Kongresses benötigt. Dort haben die Republikaner die Mehrheit, die traditionell skeptisch gegenüber Zugeständnissen an Kuba sind.

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Botschaft am Platz des Anti-Imperialismus

Raúl Castro ist inzwischen 84 Jahre alt und wird wohl 2018 abtreten, um seinem wenig bekannten Stellvertreter Miguel Diaz-Canel das Amt zu überlassen. Der 55-Jährige empfing erst am Wochenende eine Gruppe amerikanischer Abgeordneter, um über die Beziehungen der beiden Länder zu diskutieren.

Kuba-Freunde aus aller Welt buchen unterdessen noch schnell einen Flug, um die Insel in ihrem "alten" Zustand zu erleben, bevor sich mittelfristig jene internationalen Marken dort breitmachen, denen fast nirgendwo mehr zu entkommen ist.

Noch können sie dort die Ungleichzeitigkeit der Weltgeschichte erleben - auch vor dem Gebäude, in dem die USA derzeit ihre Abgesandten und bald wieder ihre Botschaft beherbergen: Ganz im Sinne des symbolischen Klassenkampfes hatte Fidel Castro dort den "Platz des Antiimperialismus" errichten lassen.

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