Energiepolitik:Kohlekraftwerke sollen abgeschaltet werden

Vor Entscheidung zu Energiepaket

Kühltürme eines Braunkohlekraftwerkes in Brandenburg.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)
  • Die Regierungsparteien einigen sich auf eine gemeinsame Energiepolitik: Braunkohlekraftwerke sollen abgeschaltet werden.
  • Die Strafabgabe für Kohlekraftwerke von Bundeswirtschaftsminister Gabriel ist hingegen vom Tisch.
  • Beim Ausbau der Stromnetzte kommen CDU und SPD CSU-Chef Seehofer entgegen: Bestehende Trassen sollen stärker genutzt werden.

Stilllegung bis 2020

Die umstrittene Strafabgabe für alte Kohlekraftwerke von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist endgültig vom Tisch. Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer legten sich in der Nacht zu Donnerstag stattdessen darauf fest, zur Erreichung ihrer Klimaschutzziele Braunkohlekraftwerke vom Netz zu nehmen und in eine Reserve zu schicken. Dafür erhalten die Stromkonzerne Prämien.

Bis 2020 sollen dann Kraftwerksblöcke mit einer Gesamtleistung von 2,7 Gigawatt endgültig stillgelegt werden. Damit hat sich eine breite Kohlelobby aus Gewerkschaften, Industrie, Braunkohle-Ländern, Union und Teilen der SPD gegen Gabriel durchgesetzt.

Einigung auch bei Stromtrassen

Beim heftig umstrittenen Ausbau der Stromnetze habe es zwischen den drei Parteichefs eine "umfassende Verständigung" gegeben, wie es nach dem mehr als fünfstündigen Spitzentreffen im Kanzleramt aus Regierungskreisen hieß.

Um Seehofer entgegenzukommen, sollen bei den großen neuen Nord-Süd-Stromautobahnen stärker als bisher vorgesehen bestehende Trassen genutzt werden. Auch sollen teure Erdkabel vorrangig verlegt werden, um den Widerstand von Anwohnern zu reduzieren. Konkrete Details dazu wollte Gabriel am Vormittag in Berlin vorstellen. Netzbetreiber fürchten durch mehr Erdkabel erhebliche Verzögerungen und Milliarden-Mehrkosten.

Atomkonzerne sollen haften

Neuigkeiten gibt es auch in Sachen Atom: Bei den langfristigen Kosten des Atomausstiegs will die Bundesregierung die Energiekonzerne in die Pflicht nehmen. Man werde sicherstellen, "dass sich die Energiekonzerne nicht ihrer Verantwortung für den Rückbau von Atomkraftwerken und für die Lagerung des Atommülls entziehen können", heißt es.

Die Atomkonzerne haben dafür rund 36 Milliarden Euro an Rückstellungen in ihren Bilanzen stehen. Allerdings gibt es erhebliche Zweifel, ob die Konzerne, die wegen des Ökostrombooms mit ihren Kraftwerken viel weniger Geld verdienen, dauerhaft für die Atom-Altlasten geradestehen können. Die Regierung betont nun aber, es werde dafür gesorgt werden, dass sich das Haftungsvermögen nicht verkleinere.

Für mehr Energieeffizienz sollen Fördermittel für Verbraucher und Kommunen bis 2020 um bis zu 1,2 Milliarden Euro pro Jahr aufgestockt werden. Damit will die Koalition den Anteil umweltfreundlicher Anlagen, die aus Gas Strom und Wärme erzeugen (Kraft-Wärme-Kopplung, KWK), erhöhen. Auch war geplant, dass Immobilienbesitzer staatliche Anreize zum Austausch alter Heizungspumpen erhalten. Um die Finanzierung zu klären, hatte auch Finanzminister Wolfgang Schäuble an der Spitzenrunde teilgenommen.

Greenpeace kristisiert Verzicht auf Kohle-Abgabe

Mit ihrem Maßnahmenpaket glaubt die Koalition fest daran, ihr Klimaversprechen einzuhalten: "Deutschland wird das Ziel, den CO₂-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Bezugsjahr 1990 zu reduzieren, erreichen", hieß es aus Regierungskreisen. Für Kanzlerin Merkel wäre es eine Blamage gewesen, wenn Deutschland vor dem Weltklimagipfel im Dezember in Paris die eigenen Ziele verfehlt hätte.

Greenpeace kritisierte den Verzicht auf die Kohle-Abgabe scharf. "Angela Merkel hat ihr Klimaversprechen von Elmau gebrochen", sagte Experte Tobias Münchmeyer der Nachrichtenagentur dpa. Statt wie beim G-7-Gipfel angekündigt den Ausstieg aus der Kohle einzuleiten, lasse die Kanzlerin alle Träume der Kraftwerksbetreiber wahr werden: "Sie müssen weniger CO₂ sparen und bekommen dafür auch noch Millionen zugesteckt." So sieht es auch die Energie-Expertin der Linken, Eva Bulling-Schröter: "Gabriel muss sein kluges Konzept des Klimabeitrags zu Grabe tragen. Stattdessen vergoldet die Bundesregierung die Stilllegung einer Handvoll Dreckschleudern von RWE, Vattenfall und Mibra."

SZ Espresso Newsletter

Auch per Mail bestens informiert: Diese und weitere relevante Nachrichten finden Sie - von SZ-Autoren kompakt zusammengefasst - morgens und abends im SZ Espresso-Newsletter. Hier bestellen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: