Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich:BMW setzt auf den Elektroantrieb

BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich

Klaus Fröhlich ist seit Dezember 2014 Entwicklungsvorstand der BMW AG.

(Foto: BMW Group)
  • Im SZ-Interview verrät BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich, auf welche Antriebe der Hersteller künftig verstärkt setzen wird.
  • Das 48-Volt-Bordnetz und der elektrische Turbo sind für BMW kein Thema. Stattdessen setzen die Münchner auf Downsizing und eine stärkere Elektrifizierung.

Von Joachim Becker

Wie sieht das Auto von morgen unter seinem Blechkleid aus? Diese Frage beschäftigt den neuen BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich seit vielen Jahren.

SZ: Herr Fröhlich, 1999 stand eine Siebener-Studie mit 42-Volt-Bordnetz auf der IAA. In Serie kommt der Micro-Hybrid auch im neuen Flaggschiff nicht.

Klaus Fröhlich: Der neue BMW Siebener wird auch als Plug-in-Hybrid erhältlich sein und mit 40 Kilometer elektrischer Reichweite wesentlich mehr bieten als ein 42-Volt-Bordnetz. Die Kosten für die zweite Spannungslage sind relativ hoch und allein durch die geringe CO₂-Ersparnis schwer begründbar.

Wie sieht es mit einem elektrischen Turbolader plus 48 Volt aus?

Wenn Sie den Abgasturbolader richtig auslegen, haben sie durch 48 Volt keinen relevanten Vorteil. Die Frage ist immer: Wie beschleunige ich einen Lader in kürzester Zeit von 20 000 auf 150 000 Umdrehungen? Unsere Reihenmotoren haben den Vorteil, dass wir die Lader ohne Umwege in sehr geringem Abstand vom Motor unterbringen können. Durch die Gasdynamik führen wir der Turbine viel mehr Energie zu als mit einer E-Maschine.

Großer Turbo, kleiner Motor - geht das bei künftigen Abgastestverfahren gut?

Sie haben recht, es gibt einen Zielkonflikt zwischen Downsizing, also dem Trend einen Motor immer kleiner sowie sparsamer zu machen, und den Stickoxid-Emissionen. Unsere Dreizylindermotoren mit 500 Kubikzentimeter Hubraum je Zylinder liegen allerdings sehr nah am thermodynamischen Optimum.

Hilft die Wassereinspritzung, um große Autos mit kleinen Motoren zuzulassen ?

Die Wassereinspritzung senkt die Verbrennungstemperaturen ganz erheblich, dies reduziert die Stickoxid-Emissionen. Das probieren wir bei BMW M erst einmal in kleinen Stückzahlen aus: Der Motor erreicht mit höherem Ladedruck eine höhere Leistung, ohne zu klopfen. Für BMW wird es dann auch in Richtung Verbrauchsreduzierung gehen.

Wie teuer ist eine solche Lösung?

Man braucht ein System mit Pumpe, Einspritzventilen und Wasserversorgung per Klimaanlage. Zudem muss die Motorsteuerung angepasst werden. Das sind erhebliche Mehrkosten, die sich aber im Vergleich zum 48-Volt-Bordnetz relativieren.

"Die Kooperation mit Toyota läuft sehr gut"

Trotz der neuen Antriebe fahren wir noch immer mit alten Fahrzeugarchitekturen umher . . .

Mit dem neuen BMW Siebener führen wir unsere neue Cluster-Architektur ein, bei der die Hochvoltbatterie vor der Hinterachse Platz findet. Damit erzielen wir eine bessere Verteilung des Gewichtes und ein größeres Kofferraumvolumen.

Wie geht diese Entwicklung weiter?

Die Batterien verbessern ihre Leistungsdichte alle drei Jahre um mindestens 20 bis 30 Prozent. Wir führen jetzt die dritte Hybrid-Generation ein und planen bereits die fünfte jenseits 2020. Wenn die Anforderungen an die elektrische Reichweite zum Beispiel in chinesischen Städten weiter steigen, dann kommen wir irgendwann an den Punkt, an dem wir den vorhandenen Platz anders nutzen müssen - zum Beispiel mit einem elektrischen Hinterradantrieb und Batterien im Mitteltunnel. Ein solcher Power-E-Drive mit bis zu 200 kW elektrischer Leistung muss aber zur Entwicklung der Batterietechnologie passen.

Mittelfristig wird der Power-Hybrid die aktuellen Plug-in-Hybride ablösen?

Ja, es gibt sicher ein ideales Zeitfenster jenseits von 2020, um die elektrische Leistung höher zu ziehen. Aus unserer Sicht macht es aktuell keinen Sinn, ständig 600 oder 700 kg Batteriezellen zu beschleunigen und zu verzögern. Deshalb erhöhen wir die elektrische Leistung erst zusammen mit dem Zellfortschritt. Wenn ich den Elektromotor, die Leistungselektronik und die Batteriezellen zusätzlich an Bord nehme, dann muss ich an anderer Stelle dafür Gewicht und Kosten sparen. Der Verbrennungsmotor könnte sich dadurch zum Range Extender entwickeln, den ich auch zum Boosten nutzen kann.

Wie läuft es bei der Brennstoffzellen-Kooperation mit Toyota?

Die Kooperation läuft sehr gut. Es gibt allerdings immer noch einige Herausforderungen bei den Kosten und der Funktion. In den vorhandenen Bauraum, wo heute der Verbrennungsmotor sitzt, passt auch ein Brennstoffzellen-Stack rein. Darüber hinaus brauchen wir aber immer noch eine relativ große Puffer-Batterie. Denn die E-Maschine fordert mitunter mehr Leistung, als die Brennstoffzelle liefern kann. Eine Herausforderung ist auch die Unterbringung der Druckgastanks für 700 bar: Diese Zylinder sehen im Moment noch anders aus als unsere Batteriepakete. Mit unserer Karbon-Kompetenz wollen wir die Tanks natürlich aus Kohlefasern machen und wenn möglich in die Struktur integrieren. Das ist aber noch ein Forschungsthema. Wir werden die Zeit bis zur Marktrelevanz dafür intensiv nutzen. Ich denke da eher an 2025 als realistisches Zeitfenster.

Zur Person

"Ich bin ein Produktmensch", sagt der neue BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich. Häufiger als in der Vorstandsetage des BMW- Vierzylinders hält er sich im Münchner Forschungs- und Entwicklungszentrum auf. Seit 1987 ist der heute 55-jährige Maschinenbauer bei BMW. 2007 hat er als Leiter Marken- und Produktstrategie wesentliche Grundlagen für die Submarke BMW i und der neuen BMW Cluster-Architektur gelegt.

Wie sieht es mit Elektrofahrzeugen für Mini aus? Es gab die schönen Studien "Rocket Man" und "Superleggera" . . .

Ja, die Studien waren sehr schön, aber sie müssen auch mit kleinen Autos mittlerweile eine Vielzahl von anspruchsvollen Crash-Szenarien unter anderem in den USA bewältigen. Um die Mini-typischen kurzen Überhänge zu erreichen, verwenden wir mittlerweile aufwendigste Crashstrukturen. Die regulatorischen Vorgaben ermöglichen es nicht mehr, ein Drei-Meter-Auto mit vier Sitzen zu machen. Der Superleggera wurde extern wie intern hervorragend aufgenommen. Aber wie bauen wir ein erschwingliches Kleinserienauto mit Verbrenner und Elektroantrieb? So viel ist klar: "Geht nicht, gibt es nicht!" Wie beim BMW i8 werden wir versuchen und prüfen derzeit, ob wir die Emotionalität der Studie auch in Serie bringen können.

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