Fußball-WM der Frauen:Trostspiel für die Gebeutelten

Josanne Potter tröstet Laura Bassett bei der Fußball-WM der Frauen

Englands Josanne Potter (r.) steht ihrer Teamkollegin Laura Bassett nach deren Fauxpas bei

(Foto: Jason Franson/AP)
  • Die Engländerinnen verpassen das WM-Finale der Frauen durch ein tragisches Eigentor in der Nachspielzeit.
  • In der Partie um Platz drei geht es nun gegen Deutschland - auch das Team von Silvia Neid hatte ein bitteres Halbfinale erlebt.
  • Den Spielplan zur WM finden Sie hier.

Von Kathrin Steinbichler, Vancouver

Am Vortag dachten die Fußballfans in Kanada noch, sie hätten mit dem verschossenen Elfmeter von Célia Sasic den wohl tragischsten Moment dieser Frauen-Weltmeisterschaft erlebt. Fast stündlich war der Fehlschuss der Deutschen und das folgende Entsetzen in den Fernsehnachrichten zu sehen. Bis in Edmonton das zweite Halbfinale zwischen Titelverteidiger Japan und England begann - und das dramatische Element dieser WM ein Steigerung erfuhr: Am Ende war es ein Eigentor in der Nachspielzeit, das Japan ins Endspiel gegen die USA hievte und England jäh aus seinen Träumen riss.

Selbstbewusst und zielgerichtet waren die Fußballerinnen von der Insel in das erste Halbfinale ihrer Geschichte gestartet. Mit schnellem Direktspiel und aufmerksamem Pressing hielten die Lionesses die Partie gegen Japan lange offen und hatten sogar die besseren Chancen. Doch wie schon im Duell zwischen Deutschland und den USA bemühte die Schiedsrichterin auch diesmal wieder jeweils einen Elfmeter auf jeder Seite, auch diesmal war wieder eine Fehlentscheidung dabei.

Japans verletzte Stürmerin Kozue Ando, die sich zum WM-Auftakt gegen die Schweiz bei einem Zweikampf einen Bruch des Sprunggelenks zugezogen hatte und zurück nach Japan gereist war, hatte sich vor dem Anpfiff per Mobiltelefon in die Kabine übertragen lassen. Seit Andos Ausfall hatte Japans Elf stets einen kleinen weißen Stoffbären mit Andos Trikot auf die Ersatzbank gesetzt. Nun kündigte die 32-Jährige vom 1. FFC Frankfurt ihren Mitspielerinnen an, dass sie im Fall des Finaleinzugs nach Vancouver fliegen und die Mannschaft am Ort unterstützen würde. "Ich denke, dass hat für etwas Extra-Motivation gesorgt", sagte Japans Trainer Norio Sasaki. Der Wille, das Spiel wie gewohnt mit viel Ballbesitz zu dominieren, passte aber nicht recht zum Spielverlauf.

Zunächst foulte Claire Rafferty Japans Saori Ariyoshi, allerdings wurde der Zweikampf - ähnlich wie der von Annike Krahn gegen US-Stürmerin Alex Morgan am Vorabend - vor der Strafraumgrenze geführt. Japans Spielführerin Aya Miyama nutzte die Elfmeter-Chance und brachte ihre Mannschaft vor 31 467 Zuschauern im Commonwealth Stadion von Edmonton in Führung (33.). Nicht allzu lange darauf konnte England ausgleichen: Mittelfeldspielerin Fara Williams traf ebenfalls per Strafstoß zum 1:1 (40.), nachdem Wolfsburgs Yuki Ogimi Englands Kapitänin Stephanie Houghton zu Fall gebracht hatte.

Auch Prinz William kann nicht helfen

In der zweiten Halbzeit sah es dann lange Zeit eher nach einem weiteren Tor für die Engländerinnen aus als nach einem Treffer der erstaunlich ineffektiven Japanerinnen. "Wir haben nicht so gut gespielt, wie ich es erhofft habe", kritisierte Trainer Sasaki. Als alle sich dann schon auf eine Verlängerung eingestellt hatten, kam es in der Nachspielzeit zu dem verhängnisvollen Zweikampf zwischen Japans Stürmerin Ogimi und Englands Verteidigerin Laura Basset.

Die 31-Jährige vom Erstligisten Notts County wollte eine Flanke auf Ogimi noch verhindern, setzte den Ball dabei aber an die Unterkante der Latte, von wo aus er ins Tor flog (90. + 2). "Genießt das Spiel", hatte Prinz William in einer vorab verschickten Grußbotschaft empfohlen, doch nach dem Missgeschick hatte keine der Engländerinnen mehr einen Blick für die starke Leistung der Lionesses.

"Das ist hart zu nehmen, ich kann gerade nicht wirklich über das Spiel reden", sagte Englands Trainer Mark Sampson nach dem Abpfiff. Kapitänin Stephanie Houghton fügte an: "Fußball kann so grausam sein. Aber wir müssen uns jetzt für das Spiel gegen Deutschland zusammenraufen." Während Titelverteidiger Japan jetzt am Sonntag (1 Uhr MESZ/ZDF und Eurosport) in einer Neuauflage des WM-Endspiels von 2011 in Vancouver auf die USA trifft, läuft England am Samstag (22 Uhr MESZ/ARD und Eurosport) im Spiel um Platz drei gegen Deutschland auf.

"Die letzten vier Jahre haben wir gedacht: Wir müssen wieder ins Finale kommen und dann gewinnen", sagte US-Verteidigerin Ali Krieger, "ich freue mich jetzt, dass es gegen Japan geht, wir haben so endlich unser Re-Match." Englands Fußballerinnen werden etwas brauchen, um ihr tragisches Aus zu verarbeiten. Am Samstag könnten sie sich dazu mit den Deutschen austauschen.

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