Spielergewerkschaft FIFPro:Mehr Rechte für Fußballerinnen

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Die Gewerkschaft öffnet sich für weibliche Fußballprofis. Auslöser dazu war die Kunstrasenentscheidung. Kurz vor WM-Abschluss machen nun prominente Spielerinnen auf die Missstände aufmerksam.

Von Kathrin Steinbichler

Rund um ein Turnierfinale ist die Aufmerksamkeit für einen Sport am größten. Deshalb haben sich die vier Frauen, die an diesem Freitagvormittag in der Innenstadt von Vancouver auf einem Podium sitzen, auch für diesen Termin verabredet. "Wir sind hier, um die Rechte der Spielerinnen zu verteidigen. Wir glauben, dass es Zeit für Veränderung ist. Wir wurden so oft missachtet, und das muss aufhören", sagte Verónica Boquéte, Spaniens Spielführerin. Neben ihr sitzen Karina LeBlanc (Kanada) und Lydia Williams (Australien), allesamt Spielerinnen, die bis vor kurzem bei dieser siebten Frauenfußball-Weltmeisterschaft noch im Wettbewerb standen. Die drei sind der Aufforderung der ehemaligen schwedischen Nationaltorhüterin Caroline Jönsson gefolgt, die Tage vor dem WM-Endspiel für eine Initiative zu nutzen, die dem Fußball-Weltverband Fifa noch einige Kopfschmerzen bereiten dürfte.

Denn 50 Jahre nach ihrer Gründung hat die weltweite Spielergewerkschaft FIFPro jetzt beschlossen, erstmals auch Fußballerinnen gewerkschaftlich zu vertreten. "Es ist an der Zeit, auch den weiblichen Fußballprofis ihre Rechte zu verschaffen und für ordentliche Arbeitsbedingungen zu sorgen", sagt Jönsson, die Leiterin der neuen Frauenfußball-Kommission der FIFPro.

Ausschlaggebend für die Entscheidung, die FIFPro für die Frauen zu öffnen und sich der Ungleichbehandlung ihres Sports anzunehmen, war der Entschluss der Fifa, die Weltmeisterschaft in Kanada auf Kunstrasen austragen zu lassen, woraufhin eine internationale Gruppe von Spielerinnen gegen die Fifa - letztendlich erfolglos - vor Gericht zog: "Das war die Frage, die zu der Entscheidung führte, dass Frauen Unterstützung brauchen. Das war die entscheidende Wende", sagt Jönsson. Schon im Dezember vergangenen Jahres berief die FIFPro daraufhin eine Gruppe von ehemaligen Spielerinnen, sich der Thematik anzunehmen und ein Programm auszuarbeiten. Jönsson, die für Schweden 2001 das EM-Finale und 2003 das WM-Finale jeweils gegen Deutschland bestritten hat, reiste daraufhin um die Welt, um mit Spielerinnen zu sprechen, Anregungen zu sammeln und Problemfelder zu definieren.

"Ich habe selbst viele Erfahrungen gemacht mit ungeklärten Fragen der Versicherung, der vertraglichen Absicherung des Arbeitsverhältnisses oder der Ungleichbehandlung in Verein und Verbänden im Vergleich zum Umgang mit den männlichen Profis", sagt Jönsson. "Das muss sich ändern. Wir Fußballerinnen wollen nicht das Gleiche wie die Männer, aber wir wollen, dass die Standards für alle gleich sind."

Aus dem ersten Impuls im Dezember ist nun eine neue globale Initiative der Spielergewerkschaft entstanden, die an diesem Freitag in Vancouver offiziell gestartet wurde. FIFPro-Generalsekretär Theo van Seggelen aus den Niederlanden sagt: "Fußballerinnen wurden missachtet und nicht respektiert." Als die Debatte um den Kunstrasen aufkam, seien die Spielerinnen an die FIFPro heran getreten, um um Rat zu fragen. "Wir wollten damals einschreiten, aber es war zu spät", sagt van Seggelen, seine Organisation habe wie auch die Spielerinnen erst von der Kunstrasen-Entscheidung erfahren, als nicht mehr dagegen vorzugehen war. Das Problem sei, fügt van Seggelen an, dass die Fifa von Menschen geleitet werde, "die sich nicht für den Fußball interessieren". Das soll sich jetzt ändern.

Die FIFPro will jetzt eine weltweite Erhebung durchführen, um zu wissen, welchem arbeitsrechtlichen Stand Fußballerinnen in den einzelnen Ländern haben. In manchen Nationen wie Italien etwa können Fußballerinnen laut Verbandsstatut gar keinen Profivertrag unterschreiben, der Weg in die steuerliche Illegalität und in arbeitsrechtliche Unsicherheit ist vorgezeichnet. Daneben ist ein Beirat ins Leben gerufen worden, der weitere Maßnahmen ausarbeiten soll und der mit Schwedens Topstürmerin Lotta Schelin sowie Nationalspielerinnen Veronica Boquéte (Spanien/Bayern München), Kristen van de Ven (Niederlande), Lydia Williams (Australien), Rita Chikwelu (Nigeria) und Monica Gonzalez (Mexiko) besetzt ist.

Lydia Williams, die als Nationaltorhüterin mit Australien erst im Viertelfinale an Japan gescheitert war, forderte die Fifa auf, nicht nur über das Thema Kunstrasen neu nachzudenken: "Auf Kunstrasen zu spielen und sich mit gegnerischen Teams ein Hotel teilen zu müssen - das würde bei den Männern nie akzeptiert", sagt die Australierin. "Wir Spielerinnen werden uns nicht länger gefallen lassen, bei wichtigen Entscheidungen nicht gehört zu werden." Die Fifa, teilte van Seggelen mit, habe angefragt, ob FIFPro nicht in einen Platz im Exekutiv-Komitee haben wolle, um ihre Sicht einzubringen. "Wir haben nicht einmal darüber nachgedacht", sagt van Seggelen. "Es ist uns wichtig, eine eigenständige Organisation zu bleiben. Und wir laden hiermit alle Fußballerinnen ein, sich bei uns für ihren Sport und ihre Rechte zu organisieren."

© SZ vom 05.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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